Der Zauber, der uns innewohnt

Dieses Dorf beweist, dass unterschiedliche Rassen auch friedlich miteinander leben und auskommen können. Menschen und Elfen haben sich zusammengetan und dieses Dorf geschaffen. Im Einklang und friedlicher Harmonie hilft man sich gegenseitig.
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Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Freitag 2. September 2022, 21:41

Rhuna kommt von Unter den Blättern des Neldoreth


Im Wald Sarius angekommen, änderte sich schlagartig die Pflanzenwelt erneut. Als hätte jemand eine natürliche Grenze aufgestellt, war der Unterschied von Neldoreth zu Sarius gewaltig. Plötzlich war da kein sattes, schönes Grün mehr. Plötzlich gab es kein kuscheliges Getier oder friedliche Rehaugen. Hier war es feucht, aber nicht so stickig wie im Kapayu. Der Boden war deutlich saftiger, weil der meiste Teil des Waldes unter Wasser lag. Der Teil, den Rhuna und die kleine Gruppe betrat, war allerdings begehbar. Trotzdem schmatzte der Boden bei jedem Schritt und würde das Schuhwerk vermutlich endgültig ruinieren. Wo im Neldoreth noch die florale Schönheit das Auge erfasste, waren es hier eher Bäume. An der Grenze, die sie nun passiert hatten, gab es vereinzelt noch Fichten, Birken und Kiefern, ansonsten wurde das Bild aber von Trauerweiden mit schweren, herabhängenden Kronen und schwarzstämmigen Erlen geformt. Hier im Sarius roch die Luft auch nicht so frisch, wie im Neldoreth. Es war eher ein süßlicher, muffiger Geruch, der allerdings nach einigen Atemzügen nicht unangenehm in der Nase biss. Dass ein Großteil des Waldes im Wasser lag, konnte man trotz der Trockenheit in diesem Teil, erahnen. Jetzt veränderte sich auch Faruns Magie. Anstatt von Wurzeln und Geäst getragen zu werden, baute sich nun der schlammige Waldboden auf und spritzte hier und da zur Seite weg. Kaja war die ganze Zeit wachsam und beobachtete die Umgebung, auf Ungereimtheiten. Sie hielt ihre Stellung neben dem Magier bei, während es eher Ajak war, der sich ab und an nach Rhuna umdrehte. Offenbar fiel ihm auf, dass sie zu kämpfen hatte mit dem strammen Marsch. Schon wieder. Yedan ruhte nach wie vor sicher auf der Trage und schlief den Schlaf der Gerechten.
Bald schon wurden die Bäume höher und die Stämme ordentlich dick, bis die Schritte der kleinen Gruppe endlich langsamer wurden. Rhuna’s Beine mussten brennen vor Erschöpfung. „Rhuna“, setzte Farun an, „Wir betreten gleich das Dorf der Waldmenschen. Unser Zuhause. Ich werde euch vorerst in mein Haus einladen und nach der Heilerin schicken. Dort kannst du dich ausruhen und dich waschen.“, meinte er knapp und nickte ihr zu. Er klang dabei recht nüchtern und schien ohnehin ein eher praktischer Zeitgenosse zu sein. Dann setzten sie ihren Weg fort, bis sie die Ausläufer eines wahren Hinguckers erreichten. Das Dorf der Waldmenschen war atemberaubend. Hohe Bäume mit dicken Stämmen, deren Baumkronen meterhoch in den Himmel ragten, beherbergten eine ganz eigene Stadt. Dort oben gab es Hängebrücken zwischen den Stämmen gespannt, Baumhäuser, mit Kerzenlicht erleuchtet und geräumig wirkend. Es gab hölzerne Plateaus, auf denen sich hier und dort Elfen oder Menschen tummelten, sich unterhielten oder ihrem Tagewerk nachgingen. Es herrschte wahrlich geschäftiges Treiben. Auch am Boden sah sich Rhuna einer gänzlich neuen Zivilisation gegenüber. Hier standen große Häuser, mit hübschen Dächern und teilweise Vorgärten. Sie waren zwar nicht so bunt, wie in Shyána Nelle, doch ähnlich gebaut. Die Straße wirkte gepflegt und aufgeräumt, während sie auf einen runden Platz führte, in dessen Mitte ein wahrlich majestätischer Baum stand. Rings um diesen Baum, im Zentrum des Dorfes, gab es Geschäfte und eine Taverne. Hier herrschte Leben und die Elfen wirkten freundlich. Als der kleine Trupp um Yedan allerdings auf der Straße angekommen waren, drehte sich hier und dort mal das ein oder andere Augenpaar zu ihnen um. Bis dann mal ein Mensch oder Elf stehenblieb und plötzlich Rhuna’s Spitzohren Gemurmel wahrnehmen konnte: „Yedan..?“, hörte sie und weiteres Getuschel. Dann schien sich ein Lauffeuer zu verbreiten. „Ist das …. Lebt er?“, „Yedan! Es ist Yedan!“, hörte sie und es blieben mehr und mehr Elfen und Menschen stehen, bis sich eine Art Spalier gebildet hatte, die sie bis zum Haus von Farun begleitete.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Samstag 3. September 2022, 02:52

Die Ereignisse überschlugen sich seit Stunden und gewährten keine kleine Atempause, in der Rhunas Geist sich tatsächlich etwas entspannen konnte. Der Schlaf hatte keine Erholung gebracht – es war vielmehr, als hätte ihr Körper sich, wie in einer Art Schutzreflex, einfach abgeschaltet, um Kräfte zu sparen. Denn sie musste weiter durchhalten. Yedan war noch immer in Gefahr und sie würde alles dafür tun, dass das Geschenk des Götterpaares nicht verschwendet wurde.
Die Angst den Sarier zu verlieren hatte ein Maß erreicht, das sie noch nie verspürt hatte. Von Pharus Abschied nehmen zu müssen war schwer gewesen und hatte Rhuna in eine Existenzkrise gestürzt, die ihre bisherige Lebensweise gänzlich in Frage gestellt hatte. Er war der Freund gewesen, den sie nötig gehabt hatte – der der ihr, mit seinem Ableben, den kleinen Schupser hinaus in die Welt gab.
Yedan war noch einmal anders. Ihre Gefühle ihm gegenüber waren anders. Rhuna hatte sich an den Sarier kaum gewöhnen müssen. Bei ihm zu sein hatte sich von Anfang an vollkommen natürlich angefühlt, vertraut, als würden sie sich tatsächlich ein Leben lang kennen. Was nicht der Realität entsprach, denn unterm Strich wusste sie so gut wie nichts über ihn. Doch Yedan war ihr wichtig – viel wichtiger, als sie es tatsächlich benennen konnte. An seiner Seite konnte sie durchatmen - sich selber finden – sich verändern. So weit und so schnell, dass es der Elfe schon Angst machte. Wegen ihm hielt sie durch, nur wegen ihm blieb sie stark.
Es war also kein Wunder, dass Ajak mit seiner Art zu sprechen, Rhuna auf dem völlig falschen Fuß erwischte. Ihr Zustand und ihre Sorgen hinderten sie daran, über die Hintergründe solcher Worte nachzudenken. Sie konnte das Gesagte des großgewachsenen Elfen nicht so stehen lassen und verteidigte Yedan.
Groß und Klein standen sich gegenüber. Klein, aufgrund ihres Ausbruchs schneller atmend und vor Wut den Tränen nahe. Groß, sichtlich aus dem Konzept gebracht und ein wenig peinlich berührt.
Farun war es schließlich, der mit seinem Auftauchen der Auseinandersetzung ein Ende bereitete und Yedans Rettung endlich das nötige Tempo verlieh. Das nahm vom Herzen der Brünetten eine große Last, denn bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Magier ihr versicherte ihrem Gefährten zu helfen, hatte sie das Gefühl gehabt weiter kämpfen zu müssen.
Rhuna erhielt einen Augenblick, in dem sie nichts tun durfte – in dem sie kurz durchatmen konnte. Sie ging zu Kaja, um sich für die etwas unangenehme Situation mit ihrem Bruder zu entschuldigen und sich verspätet vorzustellen.
„Hallo Rhuna! Keine Sorge. Ajak ist ein Idiot manchmal. Mach dir darum keine Sorgen. Er spielt sich gerne auf, aber im Grunde ist er ein wirklich Guter. Wirst schon sehen.“ Kaja schien einfühlsamer zu sein, als ihr Bruder. Doch ihre Worte deuteten darauf hin, dass hinter Ajak ebenfalls ein netter Kerl zu stecken schien, was Rhuna noch ein wenig bezweifelte. Das Auftreten und die Worte des Jägers waren ihr kräftig aufgestoßen und so einfach konnte sie das Gesagte nicht vergessen.
Die beiden Frauen sahen Farun dabei zu, wie er den Unterstand zu einer Trage umwandelte. Kajas Blick ruhte für einen Moment auf dem Verletzten, ehe sie leise eine Einschätzung der Lage vor sich hinmurmelte.
„Hm... Sieht wirklich übel aus...“, erklangen leise ihre Worte, bevor sie sich Rhunas Gegenwart wohl wieder bewusst machte „Entschuldige, das war taktlos. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, weißt du? Naja, ich werde mal Farun helfen!“ Die Shyáner hatte schweigend neben ihr gestanden und nichts darauf erwidert. Sie wusste ja selbst, wie schlimm die Lage war.
Nachdem sie sich einen Moment mit Yedan und für das kleine Eon genommen hatte, trat Rhuna an Ajaks Seite und half ihm beim Sammeln von Moos. Schweigend arbeiteten sie nebeneinander her. Das weiche und zugleich saftige Moos sammelte sich langsam auf der Trage an und bildeten eine gut gepolsterte Unterlage, die dem Halbelfen das Verlegen, an einen anderen Ort, erleichtern würde. Um Rhunas Nacken hatte sich der flauschige Schwanz ihres kleinen Begleiters geschlungen, so dass er trotz ihrer bückenden Tätigkeit Halt finden konnte. Es war eine merkwürdige Stille, die herrschte und erst von Ajak unterbrochen wurde, als er das Wort an sie richtete. Rhuna waren die verstohlenen Blicke entgangen, die er ihr immer wieder zugeworfen hatte. Viel zu sehr war sie in ihrer Gedankenwelt gefangen gewesen.
„Ich wollte nicht damit sagen, dass er es verdient hätte…“, setzte er kleinlaut an und ließ Rhuna aufblicken. Ihr Violett lag undurchsichtig auf seiner großgewachsenen Gestalt und nichts an ihrer Mimik ließ erkennen, was für Gedanken ihr beim Zuhören durch den Kopf gingen. „Ich kenn‘ ihn gar nicht, da hast du schon Recht. Aber… Sie trampeln alles nieder, sind maßlos im Nehmen und Rechtfertigen ihre Taten einfach damit, dass der Wald allen gehört.“, motzte er trotzig weiter und erlaubte der jungen Elfe einen kleinen Einblick in seine Sorgenwelt, wenngleich diese auch noch recht knapp geäußert wurde. Doch Ajak ließ Rhuna etwas begreifen. Auch sein Handeln hatte Gründe. Was nicht hieß, dass sie sein Verhalten sofort vergaß. Doch sie wurde aus ihrem Tunnelblick geholt, indem sie daran erinnert wurde, dass jeder seine Päckchen zu tragen hatte.
„Ich… - es ist halt ein Thema für sich. Tut mir leid, dass es den falschen traf.“, entschuldigte er sich mürrisch, ehe er noch den Kommentar „Du hättest aber nicht so schnauzen müssen.“ hinzufügte. Ihre Blicke trafen sich und eine Weile herrschte, von Rhunas Seite aus, noch weiter Stille. Lautlos atmete sie, die immer wärmer werdende Luft, tief ein und wieder aus, als wolle sie den aufgestauten Ärger dadurch auflösen.
„Du hast so gesprochen, weil etwas verletzt wurde, was dir viel bedeutet.“, sagte Rhuna leise und schien seine Entschuldigung dadurch anzunehmen. „Mir ging es nicht anders…!“, fügte sie mit einem schmerzerfüllten Blick auf Yedan hinzu, dessen Anblick die Schuldgefühle erneut in ihr aufwallen ließen. Vielleicht waren sich Rhuna und Ajak in mancher Hinsicht gar nicht so unähnlich.
Das letzte Moos fand seinen Weg auf die Trage, auf die, die drei Sarier den Patienten vorsichtig betteten. Rhunas Herz schlug augenblicklich schneller. Jede kleine Bewegung schürte in ihr die Sorge, dass sich die Naht öffnen könnte. Doch sie hielt, als hätten auch hier Florencia und Phaun ihre magischen Hände im Spiel.
Die junge Shyáner ging noch ein letztes Mal zur Purpurglocke und pflückte ein paar der Beeren. Den Saft flößte sie Yedan vorsichtig, wie am vergangen Abend, mit ein wenig Wasser vermischt ein. Er brauchte zumindest ein wenig Flüssigkeit und auch die Wirkung der Purpurglocke würde ihm eine kleine Unterstützung geben.
Farun schien zu wissen, was er tat und trotz der anfänglichen Streitigkeiten und der daraus gewachsenen Skepsis, ob das Geschwisterpaar wirklich hilfreich sein würde, bewiesen die beiden der lädierten Elfe, ihre Verlässlichkeit. So kam der Augenblick des lang ersehnten Aufbruchs und Rhuna schnappte sich ihre Tasche mit den herausgenommenen Habseligkeiten.
Mit wachsamem Auge beobachtete sie das magische Transportmittel des älteren Elfen. Farun war ganz offensichtlich ein erfahrener Naturmagier. Die Erleichterung darüber, zu sehen, wie die Trage sicher und flüssig von den magischen Wurzeln über den Boden getragen wurde, ohne Yedan einem zu großen Schaukeln und Ruckeln auszusetzen, war unsagbar befreiend. Nie hätte Rhuna es für möglich gehalten, dass sie so schnell vorwärtskommen würden.
So brach ein neuer Marsch an, den die junge Elfe ihrem Körper zumuten musste Schon nach kurzer Zeit beschwerten sich die Gelenken und Beinmuskeln mit schmerzhaften Stichen. Doch sie klagte nicht, sagte keinen Ton und lief einfach weiter. Sie konnte sich selbst vergessen, weil ihr zurzeit einzig Yedans Rettung am Herzen lag. An etwas anderes dachte die Brünette nicht.
Nach einer Weile bewies sich Ajak als feinfühliger und aufmerksamer, als sie es, nach ihrem ersten Eindruck, für möglich gehalten hatte. Er ließ sich zurückfallen und lief eine Weile schweigend neben ihr her, während sein Blick sie musterte.
„Schaffst du es noch?“, fragte er plötzlich und erlangte Rhunas Aufmerksamkeit. Die Verwunderung über eine solch fürsorgliche Frage, war ihrer Miene buchstäblich abzulesen.
„Wir haben noch ein Stück Weg vor uns. Farun wird sicher völlig erledigt sein, sobald wir da sind… - Ist die Apfelblüte echt? Und hast du wirklich einen weißen Hirsch gesehen?“ Die Neugier des Elfen hatte sich wohl wieder freigekämpft, auch wenn Kaja den Zeitpunkt für äußerst ungünstig hielt. Dieser war tatsächlich nicht perfekt, doch Rhuna erhielt ein wenig Ablenkung.
Sie entnahm ihrer Tasche ein kleines, gekorktes Fläschchen, in der sie die Apfelblüte verwahrte und hielt es Ajak hin. „Ich frage mich… wieso?“, fragte der Größere, doch die Frage konnte Rhuna ihm nicht beantworten.
„Ich kann es dir nicht mit Sicherheit sagen. Aber wie ich sagte … Yedan ist …“, begann sie und ihre Finger umschlossen feste den Gurt ihrer Tasche. „… jemand, der das Leben um sich herum achtet und schätzt. Er hat mir so oft geholfen und war immer für mich da. Das Götterpaar hat das sicher alles mitbekommen. Gesehen und… beschlossen ihm zu helfen, weil er es wert ist!“ Sie wusste, dass sie mehr zum Dank tun müsste. Und sobald sie ein wenig Ruhe bekäme und ihre Seele sich nicht länger mit der Angst des Verlustes beschäftigen musste, würde sie all denen angemessen danken, die ihr und Yedan geholfen hatten. Wie wusste sie zwar noch nicht, aber sie würde sich dann schon etwas einfallen lassen.
Der weitere Weg verlief größtenteils schweigend. Rhuna hatte tatsächlich zu kämpfen, doch ihre Sturheit zeigte in solchen Momenten ihre starke Seite. Im Vorbeigehen konnte sie glücklicherweise hier und da ein paar Beeren finden und pflücken, so dass ihr kleiner Begleiter zumindest ein kleines Frühstück bekommen konnte. Die Elfe selbst hatte nicht das Gefühl überhaupt etwas zu sich nehmen zu können.
Je weiter sie gingen, je stärker erhärtete sich der Verdacht, dass ihre drei Helfer Sarier waren. Und als sie die Grenze der Wälder überschritten und sich erneut Fauna und Flora um sie herum veränderte, wurde ihr Verdacht zur Gewissheit.
Rhuna betrachtete das kleine Eon auf ihrer Schulter, das sich dicht an ihren Hals gekringelt hatte und mit leise begleitenden Pfeiflauten schlief. Es schien, anders als Raji, mit einem Ortswechsel keine Probleme zu haben. Aber vielleicht lag es auch daran, dass es noch verletzt war und Rhuna sich weiter um das Tierchen kümmern wollte.

Der Neldoreth war dem Kapayu noch auf gewisse Art ähnlich gewesen. Doch der Sarius besaß ein fremdes und ganz eigenes Aussehen. Hier wuchsen Bäume, die Rhuna noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Erhaben wuchsen sie aus kräftigen Stämmen empor, die biegsamen Äste der Weiden wogen sanft im Wind und zauberten eine ganz eigene und magische Atmosphäre, die die Shyánerin in ihren Bann zog. Für einen kurzen Moment vergaß sie ihre Sorgen. Das hier war Yedans Heimatwald. Und eigenartigerweise erschien dieser ihr, alleine dadurch, ein wenig vertrauter.
Doch der Marsch endete noch nicht. Der feuchte und teils matschige Boden war nicht so achmimm wie einst die Stelle im Kapayu, doch erleichterte er Rhuna auch nicht den Weg. Ihre Stiefel hatten bereits viel zu leiden gehabt und sie würde ihr Schuhwerk bereits nach so kurzer Zeit zeitnah erneuern müssen. Wie auch ihre Kleidung. Rhuna besaß kaum mehr ein heiles oder tragbares Stück Stoff, dass nicht durch die Umstände der letzten Nacht, von ihr, zweckentfremdet und zerstört worden war. Die Reaktion der Geschwister auf ihre optische Erscheinung hätte der Brünetten nicht stärker verdeutlichen können, wie ramponiert sie aussehen musste. Ajaks Blicke, die hier und da auf ihr ruhten begegnete sie daher stets schweigend. Doch als sie darin das Muster von Sorge erkannte, lächelte sie ihm, mit einem verborgenen Schmunzeln in den Mundwinkeln zu.
Spielt sich gerne auf, ist aber ein Guter, hm?!, wiederholte sie Kajas Worte noch einmal gedanklich und merkte, dass sie dem großgewachsenen Elfen nicht mehr länger böse sein konnte.
„Rhuna“, unterbrach Farun sie plötzlich und sorgte für ihre Aufmerksamkeit. „Wir betreten gleich das Dorf der Waldmenschen. Unser Zuhause. Ich werde euch vorerst in mein Haus einladen und nach der Heilerin schicken. Dort kannst du dich ausruhen und dich waschen.“, erklärte der Magier kurz und knapp und stellte endlich ein Ende ihrer Odyssee in Aussicht. Doch das, worum es der Brünetten bevorzugt ging war eine zeitnahe Versorgung von Yedan.
„Ich danke dir Farun!“, sagte sie voller Dankbarkeit, die sie nicht als selbstverständlich ansah. Die Einladung war ein weiteres Geschenk, dass man ihnen machte.
„Ich danke euch allen! Ohne euch hätte Yedan...", sie konnte das Ende nicht aussprechen. Noch wusste die junge Frau nicht wie, doch sie würde sich für die Hilfe revangieren.
Sie hatte die Hoffnung, dass es Yedan, sollte er zu sich kommen, ein wenig besser gehen würde, wenn er bemerkte, dass er in seiner Heimat war. Gleichzeitig bildete sich eine Sorge, dass genau das Gegenteil der Fall sein könnte. Immerhin hatte sie noch immer nichts Genaueres über die Umstände erfahren, weshalb er das Dorf in so jungen Jahren verlassen hatte.
Als sie das Dorf betraten, konnte Rhuna ihren müden Blick kaum ruhen lassen. Nicht nur um sie herum, nein, auch über ihr erstreckte sich das besondere Dorf der Waldmenschen, über das sie bislang nur gelesen hatte. Ihre Vorstellungen unterlagen der tatsächlichen Schönheit. Es wirkte tatsächlich so, als hätte der Wald dieses Dorf in sich erschaffen.
„Ich habe es mir nie so recht vorstellen können. Es ist wunderschön!“, sprach Rhuna leise, aber noch in Hörweite Ajaks. Rhunas Herz machte einen kleinen Hüpfer. Der Wald Sarius hatte stets auf ihrer Route gelegen. Das besondere Leben zwischen Elfen und Menschen, das die Sarier pflegten, hatte die Brünette schon in jungen Jahren neugierig gemacht. Einen Besuch hatte sie sich daher feste vorgenommen. Nur unter anderen Umständen…
Hier gab es gleichermaßen Waldmenschen und Elfen und alle wirkten freundlich und im Einklang miteinander. Doch der besondere und aufmerksamkeitserregende Trupp blieb nicht lange unentdeckt. Und an Rhunas feine Ohren drang der Name ihres Begleiters.
„Yedan..? - Ist das …. Lebt er? - Yedan! Es ist Yedan!“ Die violetten Augen sahen sich um und in die Gesichter jener, die den Halbelfen zu kennen schienen. Rhuna hatte es nicht zum Thema gemacht, auch nicht ihren drei Helfern gegenüber erwähnt, dass Yedan ebenfalls ein Sarier war. Kaja hatte gemeint, dass er ihr bekannt vorkäme, doch wirklich erkannt hatte sie den Bewusstlosen nicht. Etwas, was Rhuna doch verunsichert hatte.
Sie ging weiter dicht neben der Trage und so neben Yedan her. Als sie bei Faruns Haus ankamen ließ sie sich erschöpft neben ihm nieder. Ihre Glieder zitterten leicht und ihre Beine sendeten stechende und brennende Schmerzsignale aus.
Eine Heilerin kommt… sei unbesorgt!, sprach sie stumm in Gedanken zu ihrem Sarier, dem sie eine Hand auf die Stirn legte, um zu prüfen, ob er nicht doch ein leichtes Fieber über den Weg entwickelt hatte.
Langsam aber sicher hatte Rhuna das Gefühl sich nicht länger rühren zu können. Jetzt, wo sie im Waldmenschendorf angekommen waren schien ihr Körper ihrem sturen Willen nicht länger gehorchen zu wollen.
Doch wie würde es nun weitergehen? Sie konnte nicht einschätzen, was nun geschehen würde. Würde jemand aus Yedans Familie auftauchen? Freunde? Was sollte sie diesen nur sagen?
Das kleine Eon, das sich bisher auf Rhunas Schulter ausgeruht hatte, kletterte über ihren Arm hinab und rieb sein Köpfchen, nach einem prüfenden Blick, gegen die Wange des bewusstlosen Elfen.

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Samstag 3. September 2022, 13:03

Das Dorf der Waldmenschen war Zuflucht und Begegnungsstätte gleichermaßen. Das Dorf war so viel anders als Shyána Nelle und besaß dennoch seine ganz eigene Magie. Hier gab es Ruhe, Frieden und ein freundliches Miteinander. Rhuna konnte das anhand ihres kleinen Marsches durch das Dorf schon spüren, auch wenn die Müdigkeit und die Sorge um Yedan, ihren Geist bestimmten. Die Elfe würde Ruhe benötigen, ebenso wie der Sarier selbst, doch noch brauchte sie ein kleines bisschen Durchhaltevermögen. Farun führte seinen Weg und die kleine Gruppe unbeirrt weiter, bis sie nicht weit des Mittelpunktes des Dorfes zu einem Haus in zweiter Reihe kamen. Es war tatsächlich eines am Boden, sodass es Rhuna den Göttern sei Dank erspart blieb, auch noch klettern zu müssen. Das einfache Holzhaus besaß eine Etage und hatte tatsächlich eine liebevolle Hand genossen. Die Fenster waren sauber, die Gardinenstangen hielten weiße Vorhänge und vor jedem Fenster, gab es Blumenkästen mit roten und weißen Blüten. Es sah jetzt nicht unbedingt aus, als würde Farun selbst in dem Haus wohnen, aber wie viel wusste Rhuna auch schon über den Magier? Neben der Eingangstür aus dunklem Holz, gab es links und rechts Fenster mit mehrfacher Unterteilung. Oberhalb gab es dann ein breites Fenster, das sich einmal über die Länge des Hauses erstreckte. Auch hier gab es einen Blumenkasten. Ansonsten war das Haus und vor allem das Dach mit Ranken umhüllt. Efeu kletterte überall entlang, wurde aber anscheinend im Zaum gehalten. Das Dach selbst war voll bemoost. Wo es in Shyáná Nelle bunte Dachziegel gab und gefärbte Zinnen, gab es im Waldmenschendorf nur die Natürlichkeit, die die Natur hergeben wollte. Aus einem Abluftschacht kam etwas Rauch, so als hätte man bereits auf die Rückkehr gewartet. Farun öffnete seine Haustür und wandte sich kurz über die Schulter um. Sein Blick fiel auf die starrenden Gesichter. Egal ob Mensch oder Elf, beinahe jeder, den sie passiert hatten, ist stehen geblieben und schaute sich nach dem Verletzten und dem Trupp um. In den Blick des Magiers legte sich Sorge, bevor er das Haus betrat. Er hatte sich bisher nicht anmerken lassen, ob er Yedan kannte oder nicht. Sobald die Tür geöffnet war, folgte die Sänfte ins Innere und legte sich dann sanft am Boden ab. Jetzt kamen Kaja und Ajak dazu, um zusammen mit Farun die Sänfte persönlich zu tragen.

Als Rhuna das Haus betrat, schloss sich die Tür von selbst und sperrte all die Neugierigen und teilweise erschrockenen Blicke in ihrem Rücken aus. Ruhe legte sich über sie und die anderen, auch wenn die Geschwister noch zu tun hatten. Das Haus hatte einen offenen Eingangsbereich. Rechts fiel der Blick gleich auf eine Wendeltreppe nach oben. Am Geländer rankten sich ebenfalls Blumen und Efeu. Links sah Rhuna eine gemütliche Sitzecke mit Sesseln aus Korb und hohen Lehnen. Sie waren um eine Feuerstelle drapiert, in der ein kleines Feuer warme Gemütlichkeit versprach. Es gab Kissen, Decken und eine schmale Sitzbank geradezu, zusammen mit einem großen, schweren Esstisch. Weiter durch den Raum, an der Wendeltreppe vorbei, konnte man durch zwei Flügeltüren in einen zauberhaften Feengarten sehen und treten. Hier wuchsen wahrlich paradiesische Blüten und Hölzer und die Vermutung lag nahe, dass Farun hier seine Magie spielen ließ, denn so etwas hatte sie in freier Wildbahn nicht gesehen. Der Boden des Hauses glich eher einer Blumenwiese, auch wenn diese geordnet und kleingehalten waren. Ein Weg wurde durch weiße Bodenplatten gewiesen und führte in sämtliche Räume oder aber zu den jeweiligen Plätzen. Auffallend war, dass es keinen abgehenden Raum, außer nach oben, gab. Direkt neben der Eingangstür, in einem großzügigen Erker, erkannte Rhuna sofort die Küche des Hauses. Sie glich einer Kräuterhexen-Küche mit vielen Gewürzen, die von der Decke hingen und allerlei Gläser, Flaschen und Töpfen sowie Pfannen. Eine Feuerstelle sorgte für die Möglichkeit, die leckersten Gerichte zu zubereiten. Es brodelte in einem Topf an einem Dreibein und verströmte einen nahrhaften Geruch nach frischem Eintopf. Farun folgte den Bodenplatten und ließ die Geschwister Yedan nach oben bringen. Rhuna hätte Zeit, sich alles genau zu besehen, sobald sie folgte, würde sie im ersten Obergeschoss des Hauses landen. Hier war alles sehr viel schlichter gehalten und es fehlte das florale Thema komplett. Dennoch war es nicht minder gemütlich. Nach dem Treppenabgang folgte ein Flur. An den Wänden hingen Bilder, links und rechts. Sie alle waren selbstgemalt. Manche stellten Naturszenen dar, andere abstrakte Farben und Muster. Von dem Flur gingen jeweils drei Räume ab, bis er in einer hellerleuchteten Galerie endete. Hier war auch das breite Fenster, welches das Licht herrlich einfing. Überall standen Malutensilien herum, Staffeleien und Pergamente, auf Holzrahmen gespannt oder lose. Es gab Beeren, Farbpasten und allerlei Krims und Krams zum Entdecken. Auf einem Schemel, mit dem Rücken zu ihnen, saß eine junge Frau mit langem, schwarzem Haar, das zu einem Zopf geflochten war. Sie beugte sich gerade gegen eine Leinwand und schien vertieft zu sein. Farun bedeutete den Geschwistern, dass sie Yedan in das zweite Zimmer auf der rechten Seite bringen sollten. „Ich bin zu Hause...“, bemerkte der Elf und trat an die Frau heran. Diese malte wohl noch kurz zu Ende und er wartete geduldig.
Daraufhin drehte sie sich zu ihm um, strahlte zu ihm empor und erhob sich. Sie küssten sich herzlich und nahmen einander in die Arme. „Sehr schön, das Essen ist beinahe fertig.“, erwiderte sie und er hielt sie an den Schultern. „Lorna, wir haben…. Besuch.“, offenbarte er ihr und die Schwarzhaarige drehte den Kopf. Überrascht fiel ihr Blick auf Rhuna. „Um Lysanthors Willen!“, stieß sie aus und legte die Pinsel in ihrer Hand weg. „Farun, was ist passiert?“, wollte sie wissen, als sie den langen Flur auf die Shyáner zuging. Rhuna konnte beim Näherkommen erkennen, dass Lorna menschlich war. Sie hatte ein rundes Gesicht, leichte Pausbacken und wirkte äußerst freundlich. Hier und dort hatte sich Farbe auf ihre Stirn oder Wange verirrt und machten sie leicht chaotisch. Allerdings revidierte ihre Ausstrahlung das doch erheblich. Lorna war sicherlich Mitte Vierzig und besaß Lachfältchen um die Augen. Sie war breiter, als Rhuna und stämmiger, allerdings auch etwas größer. „Lorna, das ist Rhuna. Sie… begleitet Yedan.“, meinte er und ließ den Ausspruch wirken. Lorna’s Blick öffnete sich überrascht. „Yedan?“, wiederholte sie und sah dann zu Rhuna zurück. „Rhuna! Ich bin Lorna, die Dame des Hauses, wenn man so will“, lächelte sie. „Komm, ich zeige dir, wo du dich waschen und ausruhen kannst. Du siehst ja völlig erledigt aus. Dann erzählst du mir, was passiert ist, wenn du möchtest!“, plapperte sie weiter und führte Rhuna von den anderen weg.
Die Elfe konnte noch sehen, dass Farun sich in das Zimmer mit Yedan begab und sie durfte sicher sein, dass man sich gut um ihn kümmerte. Jetzt aber musste sie sich erstmal ein wenig sammeln. Und Lorna schien das zu ahnen. Sie führte die schmale Elfe in den ersten Raum links von der Treppe, quasi schräg gegenüber von Yedan’s Zimmer. Hier betrat sie eine Art Gästeraum. Sie konnte ein weiches Bett erkennen, einen kleinen Schrank, eine Kommode für Wäsche und einen Tisch mit Stuhl. Auf dem Schrank lagen reichlich kuschelige Decken, für die Kühle der Nacht, ansonsten war alles aufgeräumt und sauber. Als hätte man auf Gäste gewartet. Lorna zog ein wenig die Vorhänge über die beiden Fenster, die links und rechts vom Bett waren, damit sich Rhuna ungestört aufhalten konnte. Zwar konnte niemand hineinblicken, doch gerade mit den erhöhten Wohnhäusern in den Bäumen, konnte man sich da nicht so sicher sein. Lorna entzündete eine kleine Kerze und schaffte eine gemütliche Atmosphäre. Sie deutete auf eine Tür. „Da ist das Badezimmer. Nimm dir all die Zeit, die du brauchst, Rhuna. Sobald du fertig bist, komm nach unten und iss etwas mit uns, ja?“, lächelte sie ihr zu und war schon fast wieder draußen. „Ach!“, kehrte sie zurück und öffnete die oberste Schublade der Kommode. „Hier findest du Unterkleider und im Schrank ein oder zwei Kleider, falls du brauchst. Wenn ich etwas für dich waschen soll, sag mir nur Bescheid.“, bot sie noch an und wirkte sehr zuvorkommend. „Brauchst du noch etwas?“, wollte die Frau wissen, bevor sie Rhuna allein lassen oder ihr auch ein Ohr schenken würde. Das lag bei der Elfe allein.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Samstag 3. September 2022, 15:47

Das Getuschel um die kleine Rettungsgruppe wurde immer lauter. Yedans Name fiel immer häufiger und Rhuna versuchte ein paar Worte aufzuschnappen. Doch sie hatte große Schwierigkeiten das Stimmengewirr zu filtern.
An Faruns Haus angekommen, stand Rhuna einen Moment vor dem Gebäude und betrachtete es. Das Holzhaus stach nicht mit auffälliger Architektur hervor, sondern schien ein harmonischer Teil des Waldes zu sein. So verhielt es sich mit dem ganzen Dorf. Rhuna erkannte mit einem Blick die tiefe Verbundenheit zur Natur, die die Waldmenschen und sarischen Elfen harmonisch miteinander und mit dem Wald verbanden. Hier gab es keine großen Steinbauten, die mit hervorstechenden Farben schmuckvoll bemalt waren. Die Dachziegel waren nicht bunt, sondern bestanden aus schützenden Naturmaterialien. Ein Shyáner, der seine Stadt niemals verlassen wollte, würde das Dorf vielleicht als schön aber einfach bezeichnen. Doch gerade die Natürlichkeit war das, was Rhuna so gefiel. Das Dorf hatte seinen ganz eigenen Charme und war wunderschön. Von den Häusern mit den entückenden Vorgärtchen, bis hin zu den Baumhäusern und vielen Hängebrücken, die die imposanten Bäume miteinander verbanden - alles war einzigartig und besonders. Die Natur war hier nicht wild, wie im Kapayu, sondern wirkte auf ganz natürliche Weise geordnet. Hier gab es eine andere Art von Harmonie, als in Shyána Nelle.
Rhunas Blick glitt über die liebevollen Details, ehe sie sich kurz versicherte, wie es Yedan ging. Den besorgten Blick Faruns bekam sie dabei nicht mit. Sie saß nur für einen Moment neben dem Sarier, bevor sich die Haustüre öffnete und die Trage dem Hausbesitzer nach Innen folgte. Sich erneut aufzurichten war ein Kampf gegen ihre Beine, die sich schmerzhaft weigern wollten ihr Gewicht noch länger zu tragen. Es war Ajak, dem sie es verdankte, dass sie sich noch einmal aufkämpfen konnte und so, mit dem Betreten des Hauses, den neugierigen Blicken entkam. Die Türe schloss die anderen Dorfbewohner aus und ließ Ruhe einkehren. Rhuna bemerkte wie still es plötzlich war. Die letzten Tage hatte sie sich an die Geräusche der Wälder und Tiere gewöhnt und hatte diese kaum mehr wahrgenommen. Hier im Haus war kaum etwas zu hören, bis auf die gemütlichen Geräusche eines prasselnden Feuers, dem leisen blubbern des Essens über dem Dreibein und den Lauten, die Ajak und Kaja machten, als sie Yedan eine Treppe hinauftrugen.
Es kam ihr so vor, als wäre sie schon monatelang in keinem Haus mehr gewesen. Dabei waren es nur ein paar Tage, die sie unter den Baumkronen oder der Himmelsdecke verbracht hatte. Ein merkwürdiges Gefühl befiel sie. Nach der Aufregung und Sorge stand die Gemütlichkeit des Hauses im kompletten Gegensatz und fühlte sich surreal an. Erschöpft strich sie sich mit der linken Hand über ihre beschmutzte Gesichtshälfte und die angestrengten Augen. Hier drinnen schien alles sicher und in Ordnung zu sein. Yedan war hier sicher, er würde verarztet werden und sich erholen können. Dieser Gedanke brachte ihre Augen zum Brennen und sie schimmerten einen Moment von aufsteigenden Tränen gefährdet, die die junge Elfe jedoch unterdrückte.
Ihr Blick wanderte einen Moment umher. Der große Raum war heller, als es von außen den Anschein gehabt hatte. Die Einrichtung war gemütlich und wirkte durch die Korbgeflechtmöbel und den hellen Boden luftig und nicht zu schwer.
Es scheint so, dass Farun hier nicht alleine lebt., schloss sie und lächelte, als sie eindeutig die weibliche Note in den Räumlichkeiten entdeckte. Sich alles genauer anzusehen, dafür fehlte der jungen Frau noch die Ruhe. Sie folgte mit schweren Beinen den Dreien die Wendeltreppe hinauf und fand sich in einem Flur wieder, dessen Wände mit unterschiedlichen Kunstwerken geschmückt war. Rhuna beobachtete, wie Kaja und Ajak Yedan und das kleine Eon, das sich nicht von ihm wegbewegt hatte, in einen Raum brachten, an dem er wohl Ruhen durfte. Sie folgte Farun ein paar Schritte, der die Galerie betrat und sich an jemanden wandte.
Sie wurde Zeuge einer liebevollen Begrüßung, die ihr erneut ein wenig unwirklich vorkam, nach alldem, was sie erlebt hatte. Rhuna erinnerte sich an Yedans körperliche Nähe und spürte plötzlich, wie sehr sie diese vermisste. Seine Wärme, seinen Geruch...

„Lorna, wir haben…. Besuch.“, offenbarte Farun seiner Frau und richtete so ihre Aufmerksamkeit auf Rhuna, die ein paar Schritte entfernt hinter dem Naturmagier stand. Der Blick einer freundlich wirkenden Frau fiel auf sie, in deren Mimik Rhuna eine unglaubliche Herzlichkeit erkennen konnte. „Um Lysanthors Willen! Farun, was ist passiert?“, stieß diese aus, legte ihre Malutensilien beiseite und näherte sich der brünetten Elfe.
Lorna …. sie ist ein Mensch!, bemerkte Rhuna und traf auf den besorgten und natürlich neugierigen Blick der Frau. Rhunas Blick lag ein wenig unsicher in dem ihrenwarmen Augen.
„Lorna, das ist Rhuna. Sie… begleitet Yedan.“, erklangen Faruns erklärenden Worte aus der Galerie und verrieten der Shyáner damit, dass die beiden ihren Halbelfen zu kennen schienen.
„Ihr wusstet, wer er war?“, fragte sie deutlich aufgeregter, während ihr Blick zu Farun huschte. Auch mit Lorna schien diese Information etwas zu machen. „Yedan?“, wiederholte sie und sah dann zu Rhuna zurück, um sich ihrem Gast vorzustellen. „Rhuna! Ich bin Lorna, die Dame des Hauses, wenn man so will.“ Ein warmes Lächeln wurde der Elfe entgegengebracht.
„Es freut mich sehr! Vielen Dank, dass wir hier einfach so eindringen durften!“, sprach Rhuna und versuchte ein ehrliches Lächeln zustande zubekommen, das nicht von ihrer Erschöpfung gemildert wurde. In ihrem Kopf bildeten sich einige Fragen. Woher kannten Lorna und Farun Yedan? Würde die Heilerin bald kommen? Würde diese ihm überhaupt helfen können?
„Komm, ich zeige dir, wo du dich waschen und ausruhen kannst. Du siehst ja völlig erledigt aus. Dann erzählst du mir, was passiert ist, wenn du möchtest!“ Lornas freundliche Stimme drang wieder an ihre Ohren und ein wenig überrumpelt ließ sich die Brünette von ihr, den Flur zurück, in einen anderen Raum führen. Mit einem Blick über die Schulter sah sie zu, wie der Naturmagier in das Zimmer ging, in dem Yedan lag. Innerlich zog es Rhuna genau in diesen Raum. Sie wollte zu ihm, ihn nicht alleine lassen, doch diese Leute kannten den Halbelfen und sie schienen alles dafür tun zu wollen, dass dieser so schnell es möglich war medizinische Hilfe bekam. Sie musste … Vertrauen haben, nicht wahr? Immerhin konnte sie selbst gerade nicht viel ausrichten und wäre vielleicht nur im Weg.
Der Raum entpuppte sich als gemütlich hergerichtetes Gästezimmer. Ihr Blick wanderte einmal kurz umher, ehe ihr Violett den Bewegungen von Lorna folgten. Diese zog die Vorhänge ein wenig vor und entzündete eine Kerze, bevor sie sich lächelnd an die junge Elfe richtete.
„Da ist das Badezimmer. Nimm dir all die Zeit, die du brauchst, Rhuna. Sobald du fertig bist, komm nach unten und iss etwas mit uns, ja?“ Die Einladung und die Worte ließen Rhuna schlucken. Lornas herzliche Art liebkoste ihre aufgewühlte Seele. War… wirklich gerade alles in Ordnung? Konnte sie es wirklich wagen nun locker zu lassen? Ihr Kopf wollte dieser verlockenden Aussicht noch nicht so recht trauen, wohingegen ihr Körper sich einfach nach dem Loslassen sehnte.
„Das… mach ich! Danke…!“, antwortete sie nickend. Ihre Stimme brach ein wenig, was die Elfe ärgerte, denn sie wollte nicht weinen und ihre freundliche Gastgeberin damit vielleicht in Verlegenheit bringen. Diese war schon beinahe aus dem Raum gegangen, als sie sich noch einmal umdrehte und die oberste Schublade einer Kommode öffnete.
„Ach! Hier findest du Unterkleider und im Schrank ein oder zwei Kleider, falls du brauchst. Wenn ich etwas für dich waschen soll, sag mir nur Bescheid.“, bot die liebevolle Frau an, der Rhuna nur dankend zunickte. Ob man das Unterkleid, das sie trug, noch retten konnte war fraglich. Yedans Blut war darin feste eingetrocknet und hier und da schien das Kleid kleine Risse abbekommen zu haben. Doch das war erst einmal unwichtig. Sie wollte Lorna auch keine zu großen Umstände machen.
„Brauchst du noch etwas?“ Die Frage war wie das Öffnen eines Ventils. Es war merkwürdig, aber sie konnte gerade nicht so recht mit der Sicherheit und Freundlichkeit Lornas umgehen. Rhunas Gesicht verzog sich leicht, als die Tränen sich einen Weg über ihre Wangen bahnten.
„Wird er… überleben…?“, sprach sie die quälende Frage aus, die ihren Geist nicht loslassen wollte. Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen immer wieder fort. Der zierliche Körper wurde geschüttelt.
„Es …. Es tut mir leid! Ich fange mich… gleich wieder!“, entschuldigte sich Rhuna und versuchte ein völliges Zusammensinken noch abzufangen. „Es ist nur… ich kann an nichts Anderes denken!“ Ihr Blick wanderte einen Moment zur Türe, ehe sie sich erneut die Tränen fortwischte. Sie wollte sich wirklich zusammenreißen – sich selbst erlauben einen Moment Luft zu holen. Ein Bad würde ihr guttun und das beklemmende Gefühl vom Schmutz und Blut an ihrem Körper fortwaschen.
„Ich… wasche mich schnell und… hättet Ihr vielleicht einen Kamm für mich?“ Die braunen Locken, die normalerweise gesund schimmerten waren zerzaust und wirkten verknotet. Ob sie diese überhaupt noch entfernen könnte?

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Samstag 3. September 2022, 23:43

Das Haus des Magiers war wirklich gemütlich. Die sanfte Wärme des Feuers, aber auch der Einrichtung ließen keinen Zweifel aufkommen, das Farun nicht allein lebte. Der Magier war bisher eher schnörkellos aufgetreten und das Haus wollte nicht ganz zu ihm passen. Bis auf die Natur, die sich überall wiederfand. Das war zweifelsohne sein Werk und zeigte einmal mehr, die tiefe Verbundenheit zu seinem Lebensraum und dem Aspekt, dem er diente. Rhuna hatte ordentlich Mühe, dem drohenden Frieden die Türen zu öffnen. Sie zweifelte noch, ob es wirklich gut war, jetzt. Ob sie loslassen durfte und sie brauchte noch einen weiteren Beweis, bevor sie es wagte, ihre Anspannung aufzugeben. Lorna sollte ihr dabei behilflich sein. Die Frau von Farun stellte sich als äußert freundliche Menschenfrau heraus. Sie hatte eine warme Ausstrahlung und spiegelte ebenso die gemütliche Hütte wider. Beide zusammen hatten ein Heim geschaffen, in dem man sich erholen und zur Ruhe kommen durfte. Doch konnte Rhuna das? „Ihr wusstet, wer er war?“, kam es zögerlich von ihr und Farun hob den Blick. Sie trafen sich einen Moment. Dann nickte er stumm auf ihre Frage. „Er stamm von hier.“, mischte sich Lorna kurz ein. Farun’s Blick huschte zu seiner Frau und er schien sie kurz ermahnen zu wollen, mehr zu erzählen. Lorna blickte von ihm zu Rhuna. „Alles zu seiner Zeit, Rhuna.“, vertröstete die Ehefrau die Elfe. Rhuna wollte Antworten und die Ruhe, die ihr beinahe aufgedrängt wurde, wollte noch nicht so recht Einzug nehmen. Ihre Blicken huschten unruhig umher. Sie wollte bei Yedan sein, wollte helfen und ihm eine Stütze sein. Doch Lorna ließ nicht locker und führte sie, leicht gezwungen, zu dem kleinen Gästezimmer. Hier durfte Rhuna sich ausruhen, sich zurechtmachen und ein wenig die Sorgen vergessen, wenn sie denn konnte. Die Schwarzhaarige zeigte ihr alles und verwies auf das angrenzende Bad, dass auch einen Badezuber bereithalten sollte. Das Wasser müsste lediglich erwärmt werden, ansonsten stand es bereit. Ob Lorna vielleicht ein Bad genießen wollte und er deshalb bereitstand? Nicht wichtig, denn die Menschin gewährte Rhuna nun die Ruhe, die sie brauchen sollte. Doch die Shyánerin wusste mit so viel Freundlichkeit, Hilfe und Dankbarkeit ihrerseits kaum umzugehen. Zu viel war zu viel und so flossen die Tränen unablässig, je mehr sie sich darum bemühte, die Haltung zu wahren. Lorna wandte sich zu dem Mädchen um. „Wird er… überleben…? Es …. Es tut mir leid! Ich fange mich… gleich wieder! Es ist nur… ich kann an nichts Anderes denken!“ Ruhig lag der blaue Blick auf der Elfe und das Gesicht der Frau wurde mitfühlend.
Sie nickte bei ihren Worten und kam auf sie zu. Ungeachtet dessen, dass es für viele übergriffig sein könnte, schloss die ihr unbekannte Frau, sie herzlich in die Arme. Lorna drückte Rhuna an sich und ließ ihr eine Herzlichkeit angedeihen, die sicherlich dazu angeraten wäre, sämtliche Dämme brechen zu lassen. „Rhuna, Kind. Ich… Ich verspreche ungerne Dinge, die nicht in meiner Hand liegen. Aber weißt du was? Wir haben hier die beste Heilerin, die bereits auf dem Weg ist. Kaja ist jetzt in diesem Augenblick auf dem Weg zu ihr, um sie herzuholen. Und sie wird ihm helfen können, da bin ich mir sicher. Wenn sie nicht, dann keiner. Glaub‘ mir. Du hast viel für Yedan getan und du kannst in diesem Moment nicht mehr tun. Versuche dich ein wenig aufzurichten und das Erlebte zu verarbeiten. Du hilfst ihm nicht, wenn du dich verausgabst.“ Die freundliche Frau löste sich von ihr und legte beide Hände an das Gesicht der Elfe. Sie sah ihr tief in die Augen, zeigte sämtliche Lachfältchen, die sie so besaß und strich mit den Daumen über die nassen Wangen Rhuna’s. „Zuversicht, Rhuna. Das wird dir Erleichterung verschaffen. Sobald du dich gewaschen hast und etwas gegessen hast, geh zu ihm. Er wird deine Nähe spüren, da bin ich sicher.“, meinte sie und nickte ihr noch mal aufmunternd zu, bevor sie sie losließ. Lorna trat von Rhuna zurück und kehrte zur Tür. „Der Kamm liegt im Bad, oberstes Fach im Regal.“, meinte sie noch und zwinkerte ihr zu. Ja, Rhuna würde hier Frieden finden können, sich etwas erholen können. Und wenn sie fertig war, durfte sie Yedan jederzeit besuchen. Sie war keine Gefangene, das konnte sie spüren. Sie durfte gehen, wohin sie wollte und sie würde gastlich behandelt. Lorna verließ ihren Gast und als die Tür ins Schloss fiel, umfing Stille die Shyáner. Sie konnte gedämpfte Stimmen aus dem Krankenzimmer hören, doch was gesprochen wurde, verstand sie nicht. Allerdings klangen die Stimmen nicht aufgeregt, was auf eine Verschlechterung der Lage hätte schließen lassen. Vielleicht konnte sie Lorna’s Rat beherzigen und sich nun für eine kleine Weile um sich kümmern. Vielleicht verhalf ihr das auch zu einer neueren Stärke. Sobald Rhuna das Badezimmer betrat, umfing sie eine frische Note von Lavendel und Yasmin. Unaufdringlich umspielte er die Nase und lockte zum Zuber, der mit dem Wasser und den Blüten der Blumen gespickt war. Sie fand sowohl eine Waschschüssel als auch weiche Handtücher aus Wolle. Kerzen verströmten einen zitrusartigen Duft. Alles wirkte hergerichtet für …. Etwas Zweisamkeit? Oh! Vielleicht hatte Lorna ganz andere Pläne mit ihrem heimkehrenden Ehemann gehabt? Doch nichts an ihrer Haltung hatte darauf schließen lassen, dass sie sich gestört fühlen würde. Nein, für Lorna und Farun schien es keine Frage zu sein, jemandem in Not zu helfen. Auch wenn das Rästel um Yedan wohl eines der größeren zu sein schien. Was es wohl war, was sie verbargen? Auch Yedan war äußerst wortkarg gewesen. Doch alles zu seiner Zeit. Nun wäre wohl die Zeit, sich endlich die Spuren der vergangenen Nacht und Tage abzuspülen.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 4. September 2022, 01:40

Rätsel! Um Yedan rankten sich ständig Geheimnisse. Wie er selbst es in den Wäldern getan hatte, wichen nun auch Farun und Lorna einem Gespräch aus, bei dem sie mehr Informationen über ihren Sarier bekommen würde. Was war nur passiert, dass sich alle so… merkwürdig verhielten? Rhuna wusste nicht, wie groß das Dorf war, doch dass Kaja und Ajak Yedan nicht zu kennen schienen, hatte sie ehrlich gesagt verwundert.
Doch die Rätsel um den Halbelfen würden noch für eine Weile sein Eigen sein dürfen. Lorna geleitete sie in das Gästezimmer und drängte Rhuna auf eine gutherzige Art dazu, sich erst einmal um sich selbst zu kümmern. Das wichtigste war doch, dass Yedan überlebte und die beide sich etwas erholen konnten. Was danach kam würde sie dann noch sehen.
Rhuna wusste, dass Lorna recht hatte. Dass sie sich erlauben durfte, sich ein wenig um sich selber zu kümmern. Doch so einfach legte man eine Sorge nicht ab. Sie brauchte zumindest eine Antwort – eine Einschätzung, ob der Halbelf überleben würde.
Ein Gemisch aus Gefühlen löste in Rhuna den Knoten und sie konnte nicht länger die Tränen zurückhalten. Sie sprudelten aus ihr hervor, ließen ihren Körper leicht zittern. Und Lorna gewährte ihr diesen Moment der Schwäche. Mehr noch – die junge Elfe wurde in eine warme Umarmung gezogen, in der sie Trost und ein wenig Mut finden konnte. Im ersten Augenblick war Rhuna mit der Geste überfordert, ehe sie, ihre mühsam aufrechterhaltene Mauer vollkommen fallen ließ. Weinend drückte sich die etwas Kleinere an die warmherzige Frau und verbarg ihr Gesicht an der dargebotenen Schulter.
„Rhuna, Kind. Ich… Ich verspreche ungerne Dinge, die nicht in meiner Hand liegen. Aber weißt du was? Wir haben hier die beste Heilerin, die bereits auf dem Weg ist. Kaja ist jetzt in diesem Augenblick auf dem Weg zu ihr, um sie herzuholen. Und sie wird ihm helfen können, da bin ich mir sicher. Wenn sie nicht, dann keiner. Glaub‘ mir. Du hast viel für Yedan getan und du kannst in diesem Moment nicht mehr tun. Versuche dich ein wenig aufzurichten und das Erlebte zu verarbeiten. Du hilfst ihm nicht, wenn du dich verausgabst.“, sprach Lorna der Elfe gut zu und schien mit ihren Worten Erfolg zu haben. Die schmalen Schultern bebten seltener in einem Schluchzen auf. Rhuna hatte keine Gewissheit über Yedans Zustand erhalten, doch Hoffnung. Und an diese klammerte sie sich nun und ließ ihre Seele den ersten heilenden Schritt vollziehen.
„Zuversicht, Rhuna. Das wird dir Erleichterung verschaffen. Sobald du dich gewaschen hast und etwas gegessen hast, geh zu ihm. Er wird deine Nähe spüren, da bin ich sicher.“ Die Worte hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Lorna war einfühlsam und schaffte es Rhuna wieder soweit aufzurichten, dass sie sich wieder fangen konnte. Als die Menschenfrau ihr Gesicht mit beiden Händen umfing und liebevoll die Tränen wegwischte, lächelte Rhuna sie dankbar und etwas positiver gestimmt an.
„Ist gut.“, bestätigte die Elfe leise, aber durchaus aufgemuntert. Sie lösten sich voneinander und die Dame des Hauses ließ sie nun alleine zurück, aber nicht ohne ihr Vorher die Frage nach einem Kamm zu beantworten. „Der Kamm liegt im Bad, oberstes Fach im Regal.“, meinte Lorna zwinkernd und schloss hinter sich die Türe.

Rhuna war nun alleine und um sie herum herrschte Stille. Vom Flur drangen lediglich sanfte Töne eines Gespräches zu ihr herüber, doch die Stimmlage wirkte auf sie nicht besorgniserregend.
Sich noch einmal über die Augen wischend, nutzte die Elfe nun die Gelegenheit sich noch mal in Ruhe umzusehen. Das Bett war frisch gemacht und Rhuna wagte es nur kurz den weichen Stoff mit ihren schmutzigen Fingern zu berühren. Das Licht, das durch die Vorhänge brach war angenehm warm und wirkte wie ein Gruß Florencias, um sie noch weiter aufzumuntern.
Sie schritt zur Kommode und strich über das glatte und polierte Holz, bevor sie in die geöffnete Schublade griff und ein Unterkleid herauszog. Sie hielt es einen Moment vor sich, ging dann weiter zum Schrank, in dessen oberen Rahmen feine Schnitzereien ins Holz gearbeitet worden waren. Die Kleider besaßen einen anderen Schnitt als jene, die die Elfen in Shyána Nelle trugen, doch das störte Rhuna in keinster Weise.
Ihre Füße trugen sie ins angrenzende Badezimmer, in dem ebenfalls alles hergerichtet worden war. Der angenehme Duft von sanftem Zitrus, Lavendel und Yasmin umschmeichelte ihre Nase und war für ihre Sinne die reinste Wohltat. Doch die Elfe beschlich langsam das Gefühl, dass das vorbereitete Bad für ganz andere Zwecke gedacht war. Sie war Zeuge der liebevollen Begrüßung gewesen und hatte in den Blicken der beiden Sarier die tiefe Zuneigung erkennen können, die sie füreinander hegten. Dass sie Lornas Pläne wohl völlig über den Haufen geworfen hatte, tat Rhuna ein wenig Leid, doch sie war auch dankbar, dass sie sich hier etwas erfrischen konnte.
Die Kleidung legte die Shyáner auf einen kleinen Stuhl, der in einer Ecke des Raumes stand. Anschließend legte sie das blutverschmierte und lädierte Unterkleid, das sie bis dahin getragen hatte ab und schlüpfte aus Stiefeln und Unterhose. Die Sachen nun vor sich zu halten gewährte ihr eine ungefähre Vorstellung ihres aktuellen Aussehens und brachte ein kleines Seufzen über ihre Lippen. Es war so viel Blut…! Und noch viel mehr war durch das Regenwasser vermischt in das Moos und den Waldboden des Neldoreths gesickert. Ein Schauder lief Rhuna den Rücken hinab und sie riss sich schnell von den Erinnerungen der letzten Nacht los.
Das Wasser im Zuber war nicht erhitzt, doch es war auch nicht eiskalt, so dass Rhuna beschloss es nicht aufzuwärmen. Obwohl sie sich nach Wärme sehnte tat das kühle Wasser auf ihrer Haut ebenfalls gut und erfrischte ein wenig ihren erschöpften Geist. Langsam ließ sie sich im Wasser nieder, das sich schnell begann vom Schmutz zu verfärben. Ein Schwamm lag bereit, den die Elfe sachte ins Wasser drückte und diesen nun mit angemessenen Druck über die Arme rieb. Der Dreck löste sich langsam auf und legte die vielen kleinen Kratzer und Schürfwunden frei, die überall auf ihrer Haut zu erkennen waren. Doch das waren Kleinigkeiten. Nur vereinzelt tauchte ein verschorfter Schnitt oder Kratzer auf, denen man aber auch keine größere Beachtung schenken musste. An was Rhuna gerade dachte war nicht sicher zu sagen. Sie versuchte sich nur auf das Waschen und ein wenig Entspannung zu konzentrieren. Doch der Halbelf schlich sich immer wieder in ihre Gedankenwelt.
Ihr Körper war nach ein paar Minuten vom Schmutz befrei und sie kümmerte sich um ihr Gesicht und ihre Haare. Zwischen die Blütenblätter mischten sich nun kleine Gräser, Blätter und Samen, die sich in ihren Locken verfangen hatten. Rhuna ahnte bereits, dass sie gleich viel Zeit mit dem Entknoten ihrer Haare verbringen würde.
Das Bad tat Körper und Seele gut, doch nachdem sie sich nach dem Schrubben mit sauberen Wasser abgoss und die Ansammlung des dreckigen Wassers zu ihren Füßen sah, war ihr der Gedanke so herumgelaufen zu sein, doch ein wenig unangenehm.
Kein Wunder, dass Kaja und Ajak in ihren Streitereien mein Äußeres so oft erwähnt hatten…, dachte Rhuna, während sie aus dem Zuber trat und sich begann abzutrocknen. Das Gefühl frisch gewaschen zu sein war herrlich. Und nachdem sie das saubere Unterkleid und Kleid am Leibe trug, fühlte sie sich an ihre Zeit in Shyána Nelle erinnert. Es war ein verwöhntes Gefühl, was keineswegs schlecht war, sondern ihre Seele noch weiter pflegte.
Sie fand einen feinen Handspiegel, in dem sich Rhuna eine Weile betrachtete. Der Anblick war nicht mit dem letzten Mal, an dem sie sich in einem Spiegel betrachtet hatte, zu vergleichen. Rhuna war zwar nun sauber, doch die Ringe unter den Augen zeugten von ihrer Müdigkeit – die Kratzer von ihren Strapazen. An der Wange war ein blutiger Schnitt zu sehen, der begann zu verheilen. Wann sie sich diesen zugezogen hatte, konnte die junge Frau allerdings nicht sagen.
Einen Moment lang lauschte sie in Richtung Flur, um zu überprüfen, ob etwas vorgefallen war. Doch sie vernahm nicht wirklich einen auffälligen Laut. Und so machte sich die Brünette daran ihre Haare zu entwirren und zu kämmen. Das brauchte tatsächlich fast so viel Zeit, wie Rhuna für das Waschen benötigt hatte. Doch nachdem sie fertig war, sah sie schon wieder ein bisschen mehr nach sich selbst aus. Mit geübten Griffen flocht sie sich einen lockeren Seitenzopf, der ihr über die rechte Schulter fallen würde. In der Kommode hatte sie ein paar Schleifenbänder gefunden, mit denen sie das Ende des Zopfes fixierte. Hier und da entfloh eine kleine lockige Strähne der Ordnung, was die Elfe allerdings noch nie gestört hatte.
Rhuna räumte noch kurz auf, verließ dann aber das Bad und das Gästezimmer. Das Gefühl des warmen Holzbodens unter ihren Füßen war angenehm und sie schritt so geradezu lautlos über den Flur. An Yedans Zimmer machte die kurz Halt. Die Türe war geschlossen und sie hörte leise Stimmen. Ob die Heilerin bereits gekommen war? Ob sie Yedan helfen konnte, wie Lorna es ihr prophezeit hatte?
Ich will zu ihm, aber … ich würde gerade sicher nur stören. Vielleicht ist Lorna unten und ich kann sie nach Neuigkeiten fragen, beschloss die junge Elfe und taperte leise weiter und die Wendeltreppe hinab. Der Geruch nach frischem Eintopf schlich sich in ihre Nase und obwohl die Shyánerin noch immer nicht das Gefühl hatte einen Bissen hinunter zu bekommen, knurrte und rumorte ihr Magen leise.
Die schwarzhaarige Menschenfrau stand in der Nähe der Küche und sah auf, als Rhuna auf sie zukam.
„Danke für das Bad! Ich fühle mich… schon viel besser!“, gestand die junge Elfe und lächelte Lorna entgegen. „Ist… die Heilerin schon da?“, fügte sie die Frage noch etwas kleinlaut hinzu. Ihre Gedanken waren eben noch immer bei Yedan und das würde sich auch nicht so schnell ändern.
Doch sollte diese ihn gerade verarzten, erhielt ihr Geist zumindest dahingehend etwas Ruhe, dass dem Halbelfen die Zeit nicht weiter davonlief.
„Kann ich… mich irgendwie nützlich machen?“, fragte Rhuna noch und ließ den Blick durch die untere Etage gleiten.

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Sonntag 4. September 2022, 13:16

Wasser. Es war eines der Elemente, eine mächtige Magieart und trotz seiner sanften Beschaffenheit, konnte es gewaltige Kräfte entfesseln. Wasser bedeutete immer Reinheit, Überleben und Entspannung. Man spülte mit Wasser die Sorgen davon, den Dreck schwerer Arbeit, um Frau und Kinder zu umarmen. Man brauchte es, damit Leben entstand und man nutzte es, um sich selbst zu finden. In der spiegelnden Oberfläche hatte bereits so mancher unruhige Geist seine Ruhe wiedergefunden und auch Rhuna nutzte diese Wirkung des kühlen Nass nun, um sich endlich etwas aufzupäppeln. Während sie sich entkleidete und feststellen musste, dass nichts mehr von ihrer anerzogenen Ordentlichkeit übrig war, konnte sie nachvollziehen, wieso sich Ajak und Kaja so darüber gewundert hatten. Man hätte ihr zudem gut unterstellen können, dass sie selbst für die Wunden des Sariers verantwortlich wäre, so wie sie aussah! Als hätte sie höchstpersönlich das Fleischermesser geschwungen. Doch wer in ihr Gesicht blickte, wusste, dass Rhuna selbst einen Tod der Sorge starb. Dass ihr nichts ferner hätte liegen können, als Yedan so vorzufinden. Die Shyáner Elfe hatte einfach alles gegeben und war über sich und ihr eingeschränktes Leben hinausgewachsen. Nichts woran sie ihr Herz gehängt hatte, was noch von Wert gewesen. Obwohl… das stimmte so nicht. Die Gliederkette ihrer Mutter hatte für die Rettung eines Mannes herhalten müssen, dem sie eine immense Wichtigkeit zuschrieb. Wichtiger als das Erbstück. Was ihre Mutter wohl darüber denken und sagen würde? Doch war nicht die gute Tat, die Rhuna mit der Zerstörung erreicht hatte, das Ausschlaggebende? Es war ja nicht so, als dass ihr der Anblick der verstreuten Glieder nicht wehgetan hätte. Sie empfand Liebe für ihre Mutter. Aber diese war eben behütet in Shyána Nelle und versuchte vermutlich just in diesem Moment wieder die Blumen im Vorgarten das Wachsen zu diktieren. Sie meinte es gut. Und erdrückte das Leben um sie herum. Rhuna aber war nun endlich frei. Sie tat, was getan werden musste. Was sie tun wollte und was ihrem Gerechtigkeitssinn entsprach. Keine Stimme ihrer Mutter war je laut geworden. Sie hatte sie nicht bei sich, wie einen unliebsamen Geist. Doch etwas trug sie bei sich: Das Eon war nach wie vor an ihrer Seite. Es hatte sich von Yedan’s Seite gestohlen, um bei der Trennung der beiden, Rhuna’s Seite zu wählen. Jetzt hockte es auf dem einladenden Bett, während die Elfe sich wusch. Leider hatte sie nun ein viel zu gutes Bild der Blutmenge, die Yedan verloren haben musste. Trotz ihres Einschreitens hatte der Elf bisher nicht sein Bewusstsein erlangt. Er war so blass und fahl im Sonnenlicht. Da war keine Wärme in ihm, weder optisch noch physisch. Bei ihren Berührungen hatte sie die kalten Finger des Todes spüren können. Aber ihre Mittel waren begrenzt und ihr Können gefordert. Sie hatte gegeben, was sie konnte, nun musste sie darauf vertrauen, dass sich andere seiner Seele annahmen und ihre gleich mit heilten. Was sollte sie eigentlich anstellen, wenn Yedan doch noch das Reich der Toten fand? Nun war sie, wie von ihm vor seiner Bewusstlosigkeit, im Dorf der Waldmenschen. Was wenn er nur sicherstellen wollte, dass sie wohlauf wäre bevor er… - Nein! Lorna hatte es gesagt: Zuversicht! Und nach der Reinigung und dem wohligen Duft frischer Blumen riechend, lebte auch ihr Herz ein wenig mehr auf. Zwar war die Müdigkeit noch da und sie würde in den kommenden Tagen gewiss noch die Muskeln spüren, aber sie fühlte sich wieder etwas stärker. Einen letzten prüfenden Blick in die Spiegel werfend, entschied sich Rhuna dann das Zimmer zu verlassen. Das Eon hob den Kopf und sah ihr nach, blieb aber vorerst im gemütlichen Bett. Offensichtlich fand es Gefallen daran. Seine Wunden würden weiter heilen und es ging ihm auch nicht so schlecht, als dass sie ihn nicht würde, allein lassen können. Nachdem sie auf den Flur hinausgetreten war, drangen dumpfe Stimmen aus dem Krankenlager zu ihr herüber:

„…Nee, aber wenn er hier ist, dann ist das nun mal ein Problem!“
„Wie kann es das, wenn er verletzt ist und aussieht, als ob er bereits dem Tod auf dem Schoß sitzt?!“
„Du weißt genau so gut wie ich, dass sie nicht vergessen!“
„Ach – halt die Klappe!“
„Halt du die Klappe! Ich sage nur, was die Wahrheit ist!“
„Du nervst, Ajak. Ich kenne die Geschichte auch. Und sie werden nicht herzlos sein! Sieh ihn dir mal an! Außerdem ist das ewig her!“
„Na, wenn du das sagst, Kaja dann wird’s wohl so sein!“

Dann Schweigen. Ajak und Kaja beendeten ihr Streitgespräch und man konnte regelrecht sehen, ohne die Tür zu öffnen, wie sie mit mauligen Gesichtern nebeneinanderstanden. Offenbar war Kaja bereits zurück, doch es schien nicht so, als dass die Heilerin schon dort wäre. Rhuna’s Schritte führten sie indes in die untere Etage. Hier konnte sie Farun in einem Korbsessel sitzen sehen, er paffte an einer langen Pfeife. Das Kraut roch süßlich, ließ sich ansonsten aber nicht näher definieren. Lorna stand am Dreibein und schöpfte gerade aus dem Topf einige Kellen Eintopf. Die dampfenden Schüsseln standen auf dem Tresen. Als sie Rhuna erblickte, lächelte sie ihr zu. Sie wandte sich schwungvoll herum, kramte einige hölzerne Löffel heraus und legte sie ordentlich neben die Schüsseln. „Danke für das Bad! Ich fühle mich… schon viel besser! Ist… die Heilerin schon da?“, konnte sie ihre Sorge nicht hinter der Dankbarkeit verbergen. Lorna schüttelte den Kopf und lutschte gerade einen Spritzer Eintopf von ihrem Finger. „Sie kommt bald. Sie hatte noch gerade anderweitig zu tun, aber sie kennt die Lage und sicherte zu, sofort zu kommen.“, meinte sie. Farun räusperte sich vernehmlich und Lorna hob den Blick zu ihm. „Was ist?“, meinte sie und der Elf sah von seiner Pfeife auf. „Was? Oh… nichts. Ich finde die Umstände… interessant. Dass sie hier ist und wir sie nötiger haben, denn je. Beziehungsweise er sie nötig hat. Ich frage mich, wie lange sie noch hier ist. Es wäre ein Verlust.“, widmete er sich wieder seiner Pfeife und zog ein Buch zwischen Kissen und Oberschenkel hervor, das er aufschlug. Lorna nickte zustimmend, bevor sie wieder zu Rhuna sah. „Da hat er recht. Sie ist, wie du, ein Gast und stammt nicht von hier. Viel erzählt sie nicht über sich – das scheint heutzutage Mode zu sein.“, lächelte sie warmherzig und kam um den Tresen herum. Sie zog Rhuna einen Stuhl zurecht, damit sie bequem an dem hölzernen Quader sitzen konnte. Dann schob sie ihr mütterlich einen Eintopf zu. „Willst du etwas trinken, Rhuna?“, hakte sie nach und trat an eine Nische die, interessanterweise, eine Art Brunnen darstellen sollte. An der kühlen Steinwand rann Wasser in kleiner Menge unablässig entlang und schien die Getränke in Krügen zu kühlen. Offenbar war Farun nicht nur versierter Magier, sondern auch Tüftler. Lorna schenkte der Elfe das ein was sie wollte. Wasser, Milch oder Beerensaft, bevor sie sich ihr gegenübersetzte und die Unterarme auf den Tisch legte. „Wo kommst du her, Rhuna? Was führt dich denn in unseren Wald?“, sprach sie so normal aus, als wäre auch sie nicht fremd in diesen Wäldern. Allerdings hatte sie Lysanthor erwähnt, bei ihrem Kennenlernen. Ein eindeutiges Indiz, dass sie nicht aus dem Dorf stammte. Lorna tunkte den Löffel und aß langsam. Es war ein Gemüseeintopf, nichts Aufregendes, aber ganz passabel und vor allem nahrhaft. Trotzdem schien etwas nicht zu stimmen, denn die Schwarzhaarige zog die Nase kraus. „Also ich kann mir nicht helfen… Jedes Mal schmeckt man die Bitterstoffe des Rettichs heraus, obwohl ich mir solche Mühe gebe, ein Gegengewicht hinzuzufügen.“, sie seufzte und blickte kurz auf, als Ajak und Kaja die Treppe hinunterschlurften. Sie hatten inzwischen ihre Bewaffnung abgelegt und Rhuna würde sie am Eingang des Hauses finden, sollte sie danach suchen. Die beiden Geschwister setzten sich neben Rhuna, sodass sie alle am Quader saßen und gemeinsam essen konnten. „Farun?“, fragte Lorna, doch der schien völlig vertieft in sein Buch zu sein. Einen Moment löffelten Ajak und Kaja klappernd den Eintopf. „Schmeckt toll, Lorna! Danke!“, meinte Kaja, während Ajak spitze Lippen machte. „Naja… etwas… bitter…“, nuschelte er und Lorna sah streng zu ihm auf. „Vielleicht kochst du einfach das nächste Mal, Ajak!“, hielt sie dagegen und der Elf hob abwehrend die Hände. „Ich sag ja gar nichts mehr.“, maulte er und Lorna nickte. „Besser so! Sonst frage ich Fanelia, wie so deine häuslichen Pflichten funktionieren!“, Ajak streckte ihr die Zunge raus, dann wurde einhellig gegrinst. Skurril, dass sie so beisammensaßen, während Yedan oben lag und verletzter war, als es überhaupt jemanden gutgetan hätte. Die Runde hatte dennoch ihr aller Möglichstes getan, sodass sie die Zeit nutzen wollten, auf die Heilerin zu warten. Und vielleicht beruhigte es auch Rhuna’s Nerven, wenn sie sehen konnte, dass sie in einer guten Runde angekommen war.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 4. September 2022, 15:37

Die Gesprächsfetzen, die Rhuna vor dem Krankenzimmer aufschnappte, brachten neue Fragen mit sich. Neue Rätsel und doch regten sie zu Vermutungen an. Sie hatte klar die Stimmen des Geschwisterpaares vernommen – mal wieder streitend, doch gerade dieses Mal hatte es ihr Geholfen einen kleinen, schlüssellochgroßen Einblick zu gewinnen, wie sie hier alle miteinander vernetzt waren. Auf dem Weg hinunter ließ sich Rhuna ein wenig Zeit und hing ihren Gedanken nach.
Was hat Ajak damit gemeint, dass es ein Problem ist, wenn er hier ist? Es klang so, als hätte Yedan irgendetwas angestellt. Etwas, was man ihm hier nachträgt. Ein bedrücktes Gefühl breitete sich in ihr aus und auf der obersten Stufe blieb sie noch einmal stehen. Ihre Unterlippe wurde mit den Zähnen malträtiert, während die junge Elfe versuchte den Worten einen Sinn zu geben. Sie wusste einfach zu wenig. Viel zu wenig, doch es änderte nichts daran, dass Yedan nun hier war und Hilfe benötigte. Würde er… sie hier tatsächlich bekommen?
Haben die beiden nur vorgegeben Yedan nicht zu kennen? Nein… gerade Ajak hätte auf seine Meinung bestanden, wenn er Hintergrundwissen besessen hätte. Ihr Blick glitt zurück zur Türe. Was war es, was man dem Halbelfen schon so lange nachtrug? Laut Kajas Aussage war es ‚ewig‘ hergewesen. Sie brauchte einfach mehr Informationen. Schon alleine um einschätzen zu können, was hier vorging – wem sie vertrauen konnte!
Die Elfe ging weiter hinunter und fand Farun und Lorna im unteren Geschoss. Farun hob nur einmal kurz den Blick, wohingegen sich Lorna ihr direkt wieder auf ihre liebevolle Weise zuwendete.
Rhuna konnte nicht umhin sofort nach der Heilerin zu fragen. Yedans Zustand forderte eine schnelle Behandlung und nachdem, was sie gerade gehört hatte, machte es die junge Frau nervös, dass besagte Heilerin noch nicht hier war.
„Sie kommt bald. Sie hatte noch gerade anderweitig zu tun, aber sie kennt die Lage und sicherte zu, sofort zu kommen.“, erklärte Lorna ihr und schien selbst nicht sonderlich besorgt zu sein. War das nun ein gutes Zeichen? Rhuna trat näher zur Küche und ihr Blick fiel auf die verschiedenen Kräuter und Gewürze, die teils zum Trocknen von der Decke hingen, teils in verschiedenen Behältern gelagert wurden. Faruns Räuspern lenkte die Shyánerin ab und schweigend folgte sie vorerst der Unterhaltung zwischen ihm und seiner Frau.
„Was ist?“, fragte Lorna, woraufhin ihr Farun kurz aufsah, um das Interesse seiner Frau zu stillen. „Was? Oh… nichts. Ich finde die Umstände… interessant. Dass sie hier ist und wir sie nötiger haben, denn je. Beziehungsweise er sie nötig hat. Ich frage mich, wie lange sie noch hier ist. Es wäre ein Verlust.“ Rhunas Blick sah aufmerksam zwischen den beiden hin und her und sie merkte, wie sich ihr Körper langsam wieder anspannte. Von außen betrachtet schien es weiterhin sehr gemütlich zu sein – der Naturmagier widmete sich einem Buch und Lorna sorgte für die Verpflegung des leiblichen Wohls. Es fühlte sich erneut surreal an.
Was soll das alles bedeuten? Die Heilerin und Yedan… kennen sich offensichtlich!? Dahinter scheint mehr zu stecken und klingt fast schon… als hätte es zwischen ihnen einen Konflikt gegeben. Erneut musste Rhunas Unterlippe leiden, während die Hausherrin die Elfe zum Quader führte und sie mit einer Geste zum Platznehmen aufforderte.
„Da hat er recht. Sie ist, wie du, ein Gast und stammt nicht von hier. Viel erzählt sie nicht über sich – das scheint heutzutage Mode zu sein. - Willst du etwas trinken, Rhuna?“, fragte Lorna, nachdem sie vor der jungen Frau eine Portion Eintopf abstellte. Ihre Blicke trafen sich kurz. Lorna hatte eine Gabe – ihr Lächeln war so herzlich und warm, dass es ansteckend war. Wie die beiden wohl zu Yedan standen?
Während Rhuna auf die Frage nickend Platz nahm folgten ihre Augen der Menschenfrau, die zu einer Nische ging, in der Farun mit seiner Magie eine natürliche Quelle erschaffen hatte, die mitunter zum Kühlen von Getränken genutzt wurde.
„Ein Wasser wäre mir sehr recht – danke! Das Essen sieht sehr gut aus, Lorna.“, sprach die Shyánerin, trotz ihres metaphorischen Knoten im Halse und sah zu Farun zurück, der Pfeife rauchend in seine Lektüre versunken schien. Seine Worte gingen ihr nicht ganz aus dem Kopf. Konnte es sich bei der Heilerin um die handeln, die Yedan nach Rajis Angriff gerettet hatte?
„Farun!? Wie lange ist die Heilerin denn schon hier? Es klingt so, als würde sie Yedan kennen?“, fragte sie und sah nur kurz von ihm weg, als die Schwarzhaarige ihr Wasser einschenkte und sich ihr dann gegenübersetzte.
„Wo kommst du her, Rhuna? Was führt dich denn in unseren Wald?“, fragte sie und erinnerte die junge Elfe daran, dass die beiden nichts groß über sie wussten. Würden sie ihr überhaupt etwas sagen, als völliger Fremden? Sie sollte nichts übereilen und Stück für Stück nach kleinen Informationen arbeiten. Ähnlich ihrer Angelstunden bei Yedan. Wenn sie zu ungeduldig war, würde kein Fisch anbeißen.
„Entschuldigt… Ich stamme aus Shyána Nelle. Yedan und ich sind uns im Kapayu begegnet, wo er mir das Leben gerettet hat. Wir reisen seither zusammen...! Er hat ... mir viel beigebracht und wir ...", sie räusperte sich kurz.
„Nun wir waren im Neldoreth und während des Unwetters wurde er von einem Bären so schwer verletzt, ... “ Rhuna brach kurz ab und sah auf ihren Teller vor sich. Sie war absichtlich vage in ihren Aussagen, doch es fiel ihr auch so, sichtlich schwer über die Ereignisse zu sprechen, da diese ihr dabei stets realistisch vor Augen waren. Sie nahm den Löffel in die Hand und nahm einen ersten Bissen. Das Essen schmeckte gut. Es war warm und nahrhaft und besaß ein kleines Stückchen der Magie, die man Heim nannte. Heim und Familie. Würde sie ihrer Familie von ihrer Reise mit Yedan erzählen, würde Celest höchstwahrscheinlich einen Nervenzusammenbruch erleiden. Alleine mit einem Mann zu reisen wäre in ihren Augen mit großer Sicherheit skandalös. Wie man hier wohl über die denken würde? Es war schlussendlich … egal.
„Yedan hat nicht oft von seiner Zeit im Dorf erzählt. Es… fiel ihm schwer darüber zu reden.“, erwähnte sie noch, in der Hoffnung vielleicht ein paar weitere Informationen zu erhalten.
Lorna schien ihr Essen jedoch ein wenig Kritisch zu betrachten, denn nach ihrem ersten Bissen zog sie die Nase kraus.
"Also ich kann mir nicht helfen… Jedes Mal schmeckt man die Bitterstoffe des Rettichs heraus, obwohl ich mir solche Mühe gebe, ein Gegengewicht hinzuzufügen.“, klagte sie ihr Leid, woraufhin Rhuna noch einmal einen Löffel voll nahm und etwas länger im Mund behielt, um das Problem herauszuschmecken. Währenddessen kamen Ajak und Kaja die Treppe hinunter.
„Findest Ihr? Ich finde er schmeckt sehr gut. Aber wenn es euch stört – habt ihr es mit Honig versucht?“, fragte sie, obwohl sie persönlich die leichte Bitternote wirklich nicht störte. „Rettich ist stark in seiner Würze. Wir legen ihn daheim gerne in Honig ein und nutzen ihn so für Gerichte. Dann wird er etwas milder.“
Die beiden Geschwister setzten sich neben Rhuna und erhielten ebenfalls eine Portion des Eintopfes. Nun fehlte, abgesehen von Yedan, der ihnen kaum Gesellschaft leisten konnte, nur noch Farun in der Runde. Was wohl auch der schwarzhaarigen Frau auffiel, denn sie sprach ihren Gatten an, der allerdings, in sein Buch vertieft, nicht reagierte.
Einen Moment lang herrschte Stille, da jeder mit seinem Essen beschäftigt zu sein schien. Doch mit Kaja und Ajak am Tisch, schien ein ausgelassenes Mahl nicht lange auf sich warten zu lassen. Die kleinen Streitereien luden zum Schmunzeln ein. Ajak, der kleine … große Nörgler erhielt für seine Essenskritik einen verbalen kleinen Klaps, doch niemand schien ernsthaft verärgert zu sein. Die Atmosphäre hatte etwas familiäres an sich und erinnerte die Elfe an ihre Plänkeleien mit ihren Brüdern. Die Situation hatte nichts Schweres an sich, doch Rhunas Sorgen waren weiterhin allgegenwärtig. Zu wissen, dass Yedan nun alleine dort oben lag löste Unruhe in ihr aus, was auch ihr Blick zeigte, der immer wieder zur Treppe huschte.
Das kleine Eon, von dem sie nach wie vor nicht wusste, was es tatsächlich war, schlief ebenfalls in ‚ihrem‘ Zimmer.
„Besser so! Sonst frage ich Fanelia, wie so deine häuslichen Pflichten funktionieren!“, hörte sie Kaja und vermittelte Rhunas Unterbewusstsein die Vermutung, dass dieser wohl eine Gefährtin besaß. Ihre Unruhe wuchs weiter.
„Kaja und... Ajak? Wie ging es... Yedan, als ihr ihn alleine gelassen habt?“, fragte die Elfe und sah die beiden Geschwister besorgt an. Es war nicht so, dass sie ihnen nicht vertraute. Alle Anwesenden hatten Mühen und Strapazen aufgenommen, dass Yedan hier lebendig ankommen würde. Sie brauchte nur... immer wieder eine kleine Rückversicherung. Wahrscheinlich würde das so weitergehen, bis die Heilerin hier gewesen war - oder spätestens, wenn man ihr sagen würde, dass er außer Lebensgefahr war.
"... vorhin haben ihn ein paar Leute erkannt.", fügte sie nach einer kleinen Pause hinzu und suchte für einen Moment den Blick Ajaks. Sie hoffte auf Antworten. Der großgewachsene Elf schien ebenfalls mehr zu wissen, nachdem er herausgefunden hatte, wer der Verletzt war.
Eine klare Frage stellte Rhuna noch nicht, aber sie hoffte dennoch einen Anstoß gegeben zu haben.

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Montag 5. September 2022, 21:47

Das Essen hatte etwas Familiäres und bettete die Shyáner in eine sorglose Wärme ein. Es war als säße sie mit ihrer Familie im Raum und als hätte es all die vorangegangenen und bestehenden Sorgen nicht gegeben. Doch leider konnte man Rhuna nicht davon ablenken, was über ihren Köpfen geschah. Wer dort lag und nach dem Leben griff, um sich daran festzuklammern. War es nun eine beruhigende Sorglosigkeit, die die anderen an den Tag legten? Oder eine Hilflosigkeit, die nicht anders zu kompensieren war? Rhuna vermochte es nicht zu sagen. Doch die Gastfreundschaft schaffte es zumindest, dass sie allmählich mutiger wurde. Sie wollte und brauchte Antworten. Sie musste mehr erfahren, um das lückenhafte Bildnis zu Ende zu zeichnen. Wer war Yedan? Wieso war es ein Problem, dass er hier war? Wieso starrten sie ihn so an? Rhuna wagte es und nutzte das traute Beisammensein, für einen Vorstoß: „Farun!? Wie lange ist die Heilerin denn schon hier? Es klingt so, als würde sie Yedan kennen?“ Der Elf paffte kurz an seiner Pfeife und sah dann auf. Er blickte Rhuna an, kratzte sich dann gedankenverloren mit dem Mundstück an seiner Astkrone und zuckte die Schultern. „Ich wüsste nicht, dass sie sich kennen. Sie ist erst ein paar Monate hier.“, meinte er und sah knapp zu Lorna, die das Thema geschickt auf die Braunhaarige lenkte. Interessiert hörte sie ihren Erzählungen zu und lächelte milde. „Entschuldigt… Ich stamme aus Shyána Nelle. Yedan und ich sind uns im Kapayu begegnet, wo er mir das Leben gerettet hat. Wir reisen seither zusammen...! Er hat ... mir viel beigebracht und wir ... Nun wir waren im Neldoreth und während des Unwetters wurde er von einem Bären so schwer verletzt, ... “ Mitfühlend wurde der Blick der Hausdame, als Rhuna von dem Bärenangriff begann. „Schon gut, Kind. Weißt du… Yedan war schon immer… nun…“ –„Lorna!“, kam es scharf auf der Ecke und die Schwarzhaarige seufzte tonlos. Sie schenkte Rhuna ein mildes Lächeln, ehe sie sich weiter um Eintopf und Getränke bemühte. Jetzt aber witterte Rhuna ihre Möglichkeit: „Yedan hat nicht oft von seiner Zeit im Dorf erzählt. Es… fiel ihm schwer darüber zu reden.“ und Lorna ließ den Blick kurz zu Farun wandern. Dieser war inzwischen in seinem Buch vertieft, sodass sich die Menschin etwas zu Rhuna lehnte. „Yedan wurde verstoßen. Tragisch.“, murmelte sie und wirkte ehrlich betrübt dabei. Doch zu mehr kam Rhuna nicht, denn Lorna widmete sich ihrem Eintopf. Es folgte ein harmloser Austausch über das Kochen. „Oh du kennst dich aus?“, fragte die Hausdame und lächelte sie wieder offener an. Während Rhuna erzählte, wandte sie sich um, kramte kurz in ihrer Küche und zog daraufhin ein Glas Honig heraus. Kurzerhand tröpfelte sie ein wenig davon in ihre Schüssel und rührte um. Sie kostete. Kostete noch mal. Bis sich ihr Gesicht erhellte. „Oh wie wunderbar! Danke für den Hinweis!“, sagte sie ehrlich erfreut und löffelte ihre Schüssel etwas genüsslicher.
Die Geschwister verließen ihren Posten, gesellten sich zu den Frauen und nachdem Lorna Ajak gemaßregelt hatte, schob sie auch ihm den Honig hin. Einen Moment entstand eine Pause, die Rhuna erneut durchbrach: „Kaja und... Ajak? Wie ging es... Yedan, als ihr ihn alleine gelassen habt?“, wollte sie wissen. Kaja sah zu ihr auf und musste gerade einen Klecks Eintopf von ihrem Kinn auffangen, damit er ihr nicht auf die Kleidung tropfte. „Unverändert, Rhuna. Tut mir leid.“, meinte sie knapp und auch wenn ein Aufwachen positiver wäre, war zumindest der unveränderte Zustand nichts Negatives. "... vorhin haben ihn ein paar Leute erkannt.", stellte Rhuna plötzlich in den Raum und 3 Augenpaare sahen von ihren Schüsseln auf und sie an. Verstohlen wurden Blicke untereinander ausgetauscht. Bis Kaja schnaufte. „Niemand redet darüber, aber wir kennen alle die Geschichte!“, begann sie und Ajak rempelte sie in die Seite. „Au! Hör auf damit, Ajak. Sie erfährt es doch sowieso!“, maulte die Schwester, während der Bruder zu Lorna blickte. Diese versenkte gerade ihre Nase in einem Glas Wasser und hielt sich wohl lieber daraus. „Yedan, Sohn von Kayon und Liabell soll… also er hat jemanden… also er hat jemanden getötet.“, sprach sie es aus und sowohl Ajak als auch Lorna löffelten betreten ihre Suppe. Plötzlich knallte es und Farun erhob sich schwungvoll. Er hatte das Buch zusammengeklappt, sodass das Geräusch wie ein Schnitt durch die Unterhaltung fuhr. „Kaja! Das geht sie nichts an und uns auch nicht. Wir haben kein Recht die Zusammenhänge zu verzerren und mit losen Informationen, um uns zu werfen! Keiner weiß was wirklich geschehen ist!“, mahnte er und seine Stimme hatte wohl einiges an Gewicht, wie sie bereits erkennen durfte. Mit einem Mal war es still und niemand wagte noch, etwas zu sagen. Bis ein leises Klopfen, die betretene Stimmung durchbrach. Lorna hob den Kopf, doch Ajak war schneller. Er war bereits auf halben Weg zur Tür und öffnete diese schließlich. Davor stand eine Frau, gehüllt in einen dunklen Umhang und einer braunen, ledernden Tasche in der Hand. Sie hatte die Kapuze über den Kopf gezogen und trat, nach Aufforderung ein. Ihre Haltung war vornehm und zurückhaltend, während sie im Eingangsbereich stehen blieb. Lorna lächelte sie an und trat auf sie zu. „Gut, dass Ihr kommen konntet. Er ist oben.“, sagte sie und die Frau nickte leicht. Dann gab sie Ajak die Tasche, der sie wortlos hielt und streifte sich mit beiden Händen die Kapuze vom Haar. Rotbraun, glatt und lang fiel es ihr über die Schultern. Sie entledigte sich ihres Umhanges und hervor kam wahrlich eine Augenweide. Die schmale Statur, die zarten, lieblichen Gesichtszüge waren unverkennbar elfisch. Doch sie war weder Shyáner noch Sarierin. Ihre Haut war rosig und von goldenem Schimmer durchzogen, während sie sich im Licht bewegte. Ihre honigfarbenen, Bernsteinaugen strahlten so viel Wärme und Güte aus, dass man gleich hoffnungsvoller in die Zukunft blicken wollte. Gleichzeitig wirkte ihre Garderobe wie auf den Leib geschneidert. Ein dunkelgrünes Kleid schmeichelte ihr unwahrscheinlich und als trüge sie das Licht selbst in den Raum, erhellte sie diesen trotz der Kerzen und des Tages. „Verzeiht die Verspätung, ich kam so schnell ich konnte.“, sprach sie mit sanfter, warmer Stimme. „Wer bringt mich zum Patienten?“, fragte sie und sah jeden von ihnen an. Dann blieb ihr Blick auf Rhuna hängen und Lorna nickte, als hätte die Heilerin etwas gefragt. „Gewiss, sie geht mit Euch!“, entschied Lorna und lächelte Rhuna an. Sie würde vorausgehen und der Heilerin den Weg zeigen, so wie erklären können, was genau vorgefallen war und was sie bereits unternommen hatte, um dem Jäger zu helfen.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Mittwoch 7. September 2022, 06:18

Das Essen hätte gemütlich ablaufen können, doch Yedans Geschichte stand wie ein unsichtbarer Riese im Raum. Jeder, außer Rhuna schien zu wissen, was es war, was die Anwesenheit des Halbelfen so unangenehm machte. Doch niemand schien darüber sprechen zu wollen – oder wurde vorher aufgehalten zu viel zu erzählen. Besonders Farun schien nicht begeistert darüber zu sein das Thema zu sezieren.
Rhuna saß am Dreibein und sah zwischen dem Paar hin und her. Hätte sich Yedan ihr doch nur mehr anvertraut. Was sollte sie denn nur davon halten, wie sich hier alle verhielten. Was war beispielsweise mit seinem Vater – war er nicht noch am Leben und sollte eilig herbeieilen, sobald er vom Zustand seines Sohnes erfuhr?
Ihre Fantasie hatte bereits mehrere Bereiche abgedeckt und sie wusste nicht, auf was sie hoffen sollte. Es war schlussendlich Lorna, die ihr leise ein erstes Puzzleteil vorlegte.
„Yedan wurde verstoßen. Tragisch.“, murmelte sie leise, außerhalb der Hörweite ihres Mannes. Rhuna stutzte und drehte sich zu ihr um. Der Blick der jungen Elfe verriet die große Verwirrung, die diese Aussage in ihr ausgelöst hatte. Die klare Frage des „Warum?“ stand metaphorisch gesehen in ihren Augen geschrieben, doch vorerst erhielt sie darauf keine Antwort.
Die beiden Damen sprachen über das Einlegen und Verfeinern von Rettich – doch gedanklich hätte Rhuna nicht weiter entfernt sein können, von diesem Gemüse. Lorna hingegen nahm ihren Ratschlag gerne an und schien es direkt einmal ausprobieren zu wollen, während ihr Gast versuchte den zuvor gesprochenen Worten einen Sinn zu geben.
Verstoßen…! Wie konnten sie ihn verstoßen, was ist nur passiert? Ausgerechnet Yedan? Das ergibt alles keinen Sinn. Was hat er nur angestellt, dass man ihm verwehrt in seiner Heimat zu leben? Was kann… so schlimm gewesen sein, dass man ihm nicht verzeihen kann?
In Gedanken versunken löffelte sie ihren Eintopf, während die beiden Geschwister sich zu ihnen gesellten. Trotz der Rätselei war ihr erster Instinkt zu fragen, wie es ihrem verletzten Gefährten ging. Doch natürlich erhielt sie keine hoffnungsvolle Nachricht – der Zustand hatte sich nicht verändert. Wie hätte er es auch tun können?
Was… auch immer er getan hat – die Götter waren der Meinung, dass Yedan eine Chance verdient hat weiterzuleben. Also können sie… ihm doch nicht länger böse sein, sollten sie es je gewesen sein! Wäre es dann nicht Zeit, dass auch sein Dorf ihm verzeiht? Es war schwer sich vorzustellen, was der junge Mann verbrochen haben könnte, dessen Lebensweise und Einstellungen sie so sehr respektierte und bewunderte.
"... vorhin haben ihn ein paar Leute erkannt.", sagte Rhuna leise und sah von einem zum anderen, ehe sie an Ajaks Gestalt hängen blieb, weil die Elfe vermutete, dass er am ehesten etwas sagen würde. Betretenes Schweigen brach aus und Blicke wurden ausgetauscht, die Rhuna noch unruhiger werden ließen. Wieso redete niemand mit ihr und erzählte, was passiert war?
Schlussendlich war es Kaja, die Licht ins Dunkle brachte.
„Niemand redet darüber, aber wir kennen alle die Geschichte!“, begann die Rothaarige zu erklären, woraufhin ein erneuter Streit drohte, als Ajak sie aufzuhalten versuchte.
„Au! Hör auf damit, Ajak. Sie erfährt es doch sowieso!“, maulte Kaja, nachdem sie einen Stoß kassiert hatte. Rhunas Herz begann ein wenig schneller zu schlagen. Sie durfte nicht zulassen, dass die andere Elfe nun unterbrochen wurde.
„Welche… Geschichte?“, fragte sie also ganz direkt und beobachtete, wie Ajak hilfesuchend zu Lorna sah, sie jedoch nicht einzugreifen schien. War sie vielleicht derselben Meinung wie Kaja – immerhin hatte sie gesehen wie besorgt Rhuna um Yedan war.
„Yedan, Sohn von Kayon und Liabell soll… also er hat jemanden… also er hat jemanden getötet.“ Kajas Worte drangen zu ihr, doch als hätte sie eine andere Sprache gesprochen, schienen die Worte keinen Sinn zu ergeben. Ihr Löffel fiel in die Eintopfschale zurück und verwirrtes Violett sah zur rothaarigen Jägerin. Ein neues Puzzleteil war Rhuna gegeben worden, doch für sie sah es so aus, als würde es nicht zum selben Motiv gehören.
Mit allem hatte sie wohl gerechnet, doch diese Möglichkeit war ihr so unwahrscheinlich erschienen, dass sie diese nicht in Betracht gezogen hätte. Es war nicht so, dass sie sich nicht vorstellen könnte, dass Yedan jemandem das Leben nehmen konnte. Doch da war er nicht der Einzige. Im Notfall würde jeder dazu fähig sein, jemanden zu töten – auch sie selbst. Die Frage war doch: Wieso? Was brachte jemanden dazu?
Sein gequältes Gesicht war ihr noch lebhaft vor Augen. Er litt unter der Situation und das seit Jahren. Ausgeschlossen von seiner Heimat, ausgeschlossen von der Gesellschaft, in der er aufgewachsen war – alleine in die Wälder verbannt und das in so jungen Jahren!
Obwohl sie sich tatsächlich kaum kannten war sich Rhuna mit ihrem ganzen Sein in einer Sache sicher: Yedan besaß keinen bösen Geist – sein Herz war gut und ihr Vertrauen in ihn war unerschüttert! Er würde nie böswillig jemandem das Leben nehmen. Es musste etwas passiert sein – es musste einen Aspekt geben, den man nicht bedacht hatte. Was genau wurde über diesen Vorfall erzählt?
Doch bevor sie mehr darüber erfahren, geschweige denn nachfragen konnte, schlug Farun mit einem Knall sein Buch zu und unterbrach ihr Gespräch, indem er sich schwungvoll erhob.
„Kaja! Das geht sie nichts an und uns auch nicht. Wir haben kein Recht die Zusammenhänge zu verzerren und mit losen Informationen, um uns zu werfen! Keiner weiß was wirklich geschehen ist!“, schnitt er in die Unterhaltung und brachte so die Sarier zum Verstummen. Rhuna fuhr herum und begegnete aufgewühlt dem Blick des Magiers. Einerseits war es ja löblich, dass er Spekulationen Einhalt gebot, doch andererseits konnte die Shyáner das Thema nicht einfach so stehen lassen.
„Ich möchte keineswegs despektierlich sein, nur wieso denkt Ihr, dass es mich nichts angeht? Ich mag in euren Augen eine Fremde sein, aber für Yedan bin ich es nicht!“, begann sie möglichst ruhig, ohne zu bemerken, dass man ihre Worte vielleicht falsch interpretieren konnte. Der Halbelf hatte sich ihr zwar nicht anvertrauen wollen, doch hatte sie tatsächlich kein Recht das zu erfahren, was hier alle scheinbar wussten, nur nicht aussprachen? Sie musste wissen, was über ihren Retter gesprochen wurde alleine, weil sie ihn beschützen wollte. Was, wenn plötzlich die Dorfältesten auftauchen und beschließen würden, dass Yedan keinen Unterschlupf verdient hatte?
„Würde man euch erzählen, dass … eine euch wichtige Person jemanden getötet hat, würdet ihr auch über das Gerede Bescheid wissen wollen!“ Ein leises Klopfen unterbrach ihren Einwand und alle schienen gleichermaßen abgelenkt zur Türe zu blicken.
Ajak erhob sich und öffnete die Haustüre. Eine weitere Elfenfrau betrat das Zimmer und wurde von Lorna begrüßt: „Gut, dass Ihr kommen konntet. Er ist oben.“ Die brünette Shyáner erhob sich sofort. War sie die Heilerin, über die sie eben noch gesprochen hatten?
Florencia sei Dank! Sie ist endlich da!, dachte Rhuna und sah kurz darauf, als die neu Dazugekommene ihre Kapuze abstreifte, in ein wunderschönes Antlitz, das nicht nur Männern den Atem rauben konnte. Einen Augenblick lang schien die Shyáner aus dem Konzept gebracht, da sich sich eine etwas mehr in die Jahre gekommene Frau vorgestellt hatte. Doch schnell war dieses unwichtige Detail vergessen – das Alter war egal, solange sie die Fähigkeiten und das Wissen besaß Yedan retten zu konnte.
„Verzeiht die Verspätung, ich kam so schnell ich konnte. - Wer bringt mich zum Patienten?“, Eine schöne Stimme erklang und suchend sah die Heilerin in die Gesichter der Anwesenden. Rhunas Blick traf auf den Ihren und für einen Moment konnte sie nicht so recht beschreiben, was sie empfand. Sie fühlte sich irgendwie … klein.
„Gewiss, sie geht mit Euch!“, entschied Lorna und lächelte Rhuna an, woraufhin Angesprochene sogleich um den Tisch und auf die Schönheit zuging. Rhuna war nur ein Mal einer eldorischen Elfe begegnet, doch sie vermutete stark, dass sie Heilerin ebenfalls diesem Volke entstammte.
„Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind.“, sagte sie ehrlich glücklich darüber und brachte die Heilerin dann hinauf zu Yedan. Nervosität breitete sich aus. Würde sie ihm helfen können? Nun war erst einmal wichtig, dass die Heilerin alles über den Angriff und die Verwundung erfuhr.
„Er wurde bei der Jagd im Neldoreth bei einem Bärenangriff schwer verwundet. Er hat eine lebensbedrohliche Bauchverletzung, bei der er viel Blut verloren hat. Und… eine Bisswunde am Hals.“, erklärte Rhuna und sah sich kurz zu der Dame, in die sie gerade sämtliche Hoffnung legen musste. „Noch dazu kommt, dass ein Unwetter tobte und der Regen ihn völlig ausgekühlt hat. Ich habe die Wunden provisorisch nähen können und habe mit Pulver aus Drachenblut-Baum-Rinde die Blutung stillen können. Ich hatte allerdings kein medizinisches Nähwerkzeug und keine anständigen Verbände...“ Die beiden kamen beim Zimmer an und die junge Elfe öffnete die Türe. Yedan lag noch immer bewusstlos auf dem Bett. Einen Moment sah sie den dunkelhaarigen Halbelfen an, der blass und trotz seiner muskulösen Gestalt, durch die Verletzungen zerbrechlich wirkte. Ihre Sorge wuchs in einem fort.
„… ich … habe versucht ihn vor dem Regen zu schützen und warm zu halten. Er hat sein Bewusstsein jedoch bisher nicht wiedererlangt und nicht mehr als Wasser, vermischt mit dem Saft von Purpurglockenbeeren, zu sich genommen…!“ Am liebsten hätte Rhuna sofort seine Hand ergriffen. Doch sie gab der Heilerin den nötigen Platz und Freiraum, um den Sarier untersuchen zu können.
„Bitte… bitte helfen Sie ihm!“, flehte Rhuna die eldorische Elfe noch an und neigte bittend ihr Haupt.
Zuletzt geändert von Rhuna Bláidyaét am Freitag 9. September 2022, 18:23, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 8. September 2022, 22:12

„Ich möchte keineswegs despektierlich sein, nur wieso denkt Ihr, dass es mich nichts angeht? Ich mag in euren Augen eine Fremde sein, aber für Yedan bin ich es nicht! Würde man euch erzählen, dass … eine euch wichtige Person jemanden getötet hat, würdet ihr auch über das Gerede Bescheid wissen wollen!“ Natürlich würde man das. Rhuna hatte alles Recht dazu, sich das zu fragen und auch Antworten zu verlangen. Doch leider wurde ihre Nachfrage gestört als sich endlich die Heilerin bei ihnen einfand. Ihr Auftreten war erleichternd für Rhuna, denn nun konnte Yedan endlich Hilfe bekommen – hoffentlich! Die Geschichte, um den Jäger, der verstoßen wurde, musste warten. Jetzt galt es vorerst, der Heilerin alles zu erzählen, was ihr bei der Versorgung des Sariers helfen konnte. „Ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid.“ Die Heilerin in ihrem Rücken folgte und lächelte warm. „Verzeiht, dass es so lange dauerte!“, entschuldigte sie sich aufrichtig und wählte ebenfalls Lyrintha. [i] „Er wurde bei der Jagd im Neldoreth bei einem Bärenangriff schwer verwundet. Er hat eine lebensbedrohliche Bauchverletzung, bei der er viel Blut verloren hat. Und… eine Bisswunde am Hals. Noch dazu kommt, dass ein Unwetter tobte und der Regen ihn völlig ausgekühlt hat. Ich habe die Wunden provisorisch nähen können und habe mit Pulver aus Drachenblut-Baum-Rinde die Blutung stillen können. Ich hatte allerdings kein medizinisches Nähwerkzeug und keine anständigen Verbände... ich … habe versucht ihn vor dem Regen zu schützen und warm zu halten. Er hat sein Bewusstsein jedoch bisher nicht wiedererlangt und nicht mehr als Wasser, vermischt mit dem Saft von Purpurglockenbeeren, zu sich genommen…! Bitte… bitte helft ihm!“[/i] Jetzt wo die Heilerin vor Ort war, sprudelte es aus Rhuna heraus und sie versuchte gewissenhaft, sämtliche wichtigen Details an die andere weiterzugeben. Diese wirkte unfassbar ruhig und jede ihrer Bewegungen war fließend, zurückhaltend und über den Maßen zart. Sie war der Inbegriff einer Elfe, wenn man so wollte. Dass Rhuna sich kurz klein gefühlt hatte, ging wohl jedem erstmal so, wenn er die eldorische Elfe erblickte. Ihre goldschimmerte Haut, das Gefühl sofort ein leichteres Herz zu besitzen, sobald man sie ansah, erfasste einfach jeden in ihrer Nähe. Die Frau war Rhuna aufmerksam zuhörend gefolgt und trat nach ihr in das Krankenzimmer ein. Hier war es recht düster. Nur eine Kerze erhellte den Raum. Auch wenn Kerzenlicht etwas Gemütliches hatte, wirkte es doch in Verbindung mit dem blassen Sarier unfassbar kalt.

Die Heilerin schien das ebenso zu empfinden. Sie ging um das Krankenbett herum, entzündete noch weitere Kerzen und erhellte den Raum dann zusätzlich zu ihrer eigenen Ausstrahlung. Erst dann stellte sie ihre Ledertasche neben die Beine von Yedan und betrachtete ihn eingehender. Auch Rhuna blieb Zeit dafür. Er hatte sich kaum verändert, bis auf, dass sein verlorenes Blut inzwischen vollkommen getrocknet war und ihn seltsam entstellte. Die Bauchwunde suppte nur minimal, doch die Bahnen, die die Blutstropfen der Schwerkraft folgend nahmen, zeichneten wirre Muster auf seine Haut. „Ihr müsst sehr kundig sein“, ertönte dann plötzlich die Stimme der Schönen und sie wandte sich lächelnd zu ihr um. Rhuna hatte das latente Gefühl, dass ihr Lächeln gleich einer warmen Hand auf ihrer Seele wirkte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, kaum zu beschreiben aber ganz gewiss vorhanden. Die Bernsteinaugen ruhten auf ihr, als würde sie direkt in ihre Seele blicken können. „Habt ihr gelernt, die Wunden anderer zu versorgen?“, wollte die Elfe von ihr wissen und öffnete ihre Tasche. Rhuna konnte erkennen, dass sich darin allerlei Tigel, Fläschchen und Kräuter befanden. „Die Naht ist wahrlich gut geworden, ich bin beeindruckt!“, machte sie ihr ein Kompliment, das in keiner Weise herablassend oder sarkastisch gemeint war. „Ich bin im Übrigen Avalinn und Ihr seid…?“, fragte sie, bevor sie sich dem Inhalt ihrer Tasche widmete. Avalinn zog mit einem Griff einige Salben und Kräuter heraus, die sie auf dem kleinen Schränkchen neben dem Bett verteilte. Daraufhin krempelte sie sich die Ärmel hoch, um das Kleid vor Verunreinigung zu schützen. „Ihr könnt mir helfen!“, spannte sie die Shyáner ein. Brauchte sie wirklich die Hilfe? Oder verstand sie ohne viele Worte, was der Sarier ihr bedeutete? Wie auch immer, Avalinn lächelte erneut warmherzig. „Würdet Ihr mit einer Schüssel mit lauem Wasser bringen und einige Tücher? Er entwickelt ein Fieber, welches wir gleich in Schach halten müssen.“, meinte sie und hatte ihn dabei noch nicht mal berührt. „Nehmt diese Kräuter und zerreibt sich, um sie anschließend ins Wasser zu geben. Sie werden ihm dabei helfen, dass das Fieber nicht so hochsteigt. Er braucht jetzt seine ganze Kraft.“, meinte sie weiter und blickte auf den Sarier nieder. Avalinn legte ihm plötzlich die flache Hand auf die Brust und schloss die Augen. Einige Sekunden harrte sie so aus, bis sie leise seufzte. „Ihr habt ihm das Leben gerettet, aber er ist noch nicht über den Berg. Er wird viel mehr Blut verloren haben als Ihr hättet erkennen können. Er ist wirklich schwach.“, meinte sie und schien wirklich betroffen zu sein. Oder besorgt? Konnte sie ihm vielleicht gar nicht mehr helfen? Sobald Avalinn das Wasser von Rhuna erhalten hatte, würde sie ihr auftragen, ihn damit abzureiben. Sie band sie also selbstverständlich mit ein. Und während Rhuna Yedan endlich wieder näherkommen konnte, rührte Avalinn an der Seite eine neue Salbe an. „Wir werden seine Nähte noch mal öffnen müssen.“, offenbarte sie der anderen. Schob jedoch zügig hinterher: „Verzeiht – es liegt nicht an Euren Künsten, die sind für die Verhältnisse, die ihr erwähntet, hervorragend, doch das Material wird nicht gut mit dem Körper harmonieren. Ihr seht bereits jetzt eine leichte Verfärbung, nach dem Waschen, an den Rändern. Er soll keine Infektion bekommen.“, erklärte sie ihre Entscheidung und lächelte Rhuna abermals herzlich an. Es war schon eigenartig, denn Avalinn war wirklich nett und wirkte wie eine über die Maßen, reine Seele. „Ich rühre eine Salbe an, die seine Schmerzen lindert. Wisst ihr wie ein Trank aus Schlafmohn hergestellt wird?“, fragte sie geradeheraus und deutete auf ihre Tasche. Rhuna konnte sich bedienen, um einen Trank herzustellen, der Yedan zusätzlich sedieren würde, damit er keine Schmerzen fühlte, sobald sie sich an das erneute Nähen seiner Wunden machten.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Freitag 9. September 2022, 22:41

Der Moment, indem Rhuna die Zimmertüre öffnete, war furchtbar gewesen. Der Raum war düster und wurde lediglich von einer einsamen Kerze davor bewahrt von der Dunkelheit verschluckt zu werden. Yedan lag auf dem Bett, als wäre er bereits aufgebahrt – lediglich sein, sich hebender Brustkorb zeugte von seiner Atmung, die sich eindeutig wieder erhöht hatte. Der Anblick ging der brünetten Elfe durch Mark und Bein. Für sie war Yedan der Inbegriff der Freiheit, auch wenn er ganz eigene Ketten und Fesseln mit sich trug, von denen sie gerade erst die ersten Glieder zu sehen bekam. Dieser Raum sah aus, als würde er ihn verschlucken und sie noch weiter von ihm entfernen.
Die Heilerin schien die Düsternis ebenfalls nicht zu schätzen, denn als wäre sie das leuchtende Leben selbst, entzündete sie noch weitere Kerzen und brachte dem Raum, die Gemütlichkeit zurück, die er vielleicht schon von Beginn an besessen hatte, wären die kleinen Details nicht von der Dunkelheit verborgen gewesen.
Rhunas Blick lag sehnsüchtig und besorgt auf Yedan. Sie wollte ihn wieder bei Bewusstsein sehen, seine Stimme hören, die ihr beruhigend versicherte, dass alles gut werden würde. Sie wollte ihn dafür beschimpfen, dass er ihr Sorgen bereitet hatte und seine Arme noch einmal um sich spüren, wie damals, als sie zusammen angelten. Doch ihre Wünsche wurden noch nicht erhört und die Elfe war versiert genug, um zu erahnen, dass die wichtigste Hürde nun erst noch genommen werden musste.
Ihr Blick wanderte hoffnungsvoll zur eldorischen Elfe, die ihre Tasche abgestellt hatte und Yedans Verletzungen nun eingehender untersuchte. Nervös ergriff Rhuna das schmuckvoll geschnitzte Fußteil des Bettes und ließ keine Bewegung der anderen unbeobachtet.
„Ihr müsst sehr kundig sein“, erklang plötzlich die warme und melodische Stimme der Heilerin und brachte einen verwunderten Ausdruck auf das Gesicht der Shyánerin. Die Blicke der beiden Frauen trafen sich kurz und das Lächeln, das Rhuna entgegengebracht wurde, zeugte von einer ehrlichen und aufrechten Freundlichkeit.
„Habt ihr gelernt, die Wunden anderer zu versorgen?“, fragte die Heilerin und begann mit den Vorbereitungen für Yedans Behandlung. Der Tasche wurden verschiedene kleine Behälter entnommen, über deren Zweck Rhuna nur Vermutungen anstellen konnte.
„Ich habe in meiner Heimat in der Klinik assistiert und von den dort ansässigen Heilern viel lernen können.“, erklärte die Elfe mit gemischten Gefühlen. Sie war froh, dass sie so viel hatte lernen können, dass sie Yedan einen kleinen Überlebensschimmer schenken konnte. Doch ihre Fähigkeiten waren begrenzt und deshalb stand sie nun hier und musste das Schicksal einer… ihr geliebten Person jemand anderem überlassen. Hätte sie mehr gelernt, hätte sie die Lichtmagie für sich entdecken können, hätte sie ihm vielleicht selbst und früher helfen können.
„Die Naht ist wahrlich gut geworden, ich bin beeindruckt!“ Das Kompliment, das sie hübsche Elfe ihr machte, nahm Rhuna mit einem schmalen Lächeln an. Die ungeliebten Stunden, in denen Celest ihrer Tochter das Nähen und Sticken beibrachte, hatten sich schlussendlich doch gelohnt. Bereits in der Klinik hatte die Brünette ein geschicktes Händchen für das Versorgen und Nähen von Wunden bewiesen, doch lag es alleine daran, dass sie im Versorgen von Patienten einen erfüllenden Sinn sah – im Gegensatz zum Besticken eines kratzigen Kissenbezugs.
Die Erinnerungen an Yedans Wunden – das Gefühl, wie das umfunktionierte Kettenglied durch die feste Haut stach – durchzuckte sie nicht zum ersten Mal wie ein Blitz, der die grausamen Bilder lebhaft vor ihre Augen schlug. Das Blut, das sie sich erst vor kurzem abgewaschen hatte klebte gefühlt noch immer an ihren Händen und brachte ihr einen Schauder über den Rücken, der unangenehm in ihrem Körper widerhallte. Für einen Moment sah sie Yedan wieder im Unwetter unter dem Baum liegen und ... „Ich bin im Übrigen Avalinn und Ihr seid…?“
Die Stimme Avalinns riss sie aus ihren grausigen Erinnerungen. Patienten zu versorgen hatte ihr nie etwas ausgemacht, doch Yedan war… nicht irgendjemand. Die Angst ihn zu verlieren, etwas falsch zu machen war unaussprechlich gewesen. Doch Rhuna war auch ein wenig stolz auf sich, dass sie einfach funktioniert und sich nicht von ihrer Angst hatte beherrschen lassen. War es nicht das, was eigentlich zählte?
„Verzeiht. Mein Name ist Rhuna. Ich freue mich eure Bekanntschaft zu machen. Ihr... stammt aus Eldar, oder?“, erwiderte besagte die Begrüßung und versuchte sich vor erneuten Rückblicken zu bewahren, indem sie sich mehr auf das hier und jetzt konzentrierte. Das Licht half ein wenig, wie auch Avalinns Aussage, dass sie ihr helfen könne.
„Würdet Ihr mit einer Schüssel mit lauem Wasser bringen und einige Tücher? Er entwickelt ein Fieber, welches wir gleich in Schach halten müssen.“, erklärte die Schönheit, woraufhin Rhuna rasch zum Kopfende des Bettes ging und ihre Hand auf Yedans Stirn legte. „Haben sich seine Wunden entzündet?“, fragte sie besorgt und fühlte seine Temperatur. Er schwitzte leicht und war eindeutig etwas zu warm. Doch deine Hände, die sie anschließend berührte waren kalt.
Sie hat ihn nicht einmal berührt…! Sie muss sich tatsächlich gut auskennen. Das gibt mir ehrlich gesagt ein wenig Hoffnung…! Florencia… bitte wache weiter über ihn!, bat sie gedanklich und erwiderte das ihr entgegengebrachte Lächeln der anderen Elfe mit derselben Warmherzigkeit. Es raschelte kurz und Avalinn zog aus ihrer Tasche ein Säckchen wohlriechender Kräuter.
„Nehmt diese Kräuter und zerreibt sich, um sie anschließend ins Wasser zu geben. Sie werden ihm dabei helfen, dass das Fieber nicht so hochsteigt. Er braucht jetzt seine ganze Kraft.“ Nickend nahm Rhuna die Kräuter entgegen und besah sie sich kurz. Sie wollte sich schon zur Türe wenden, um Lorna um Wasser zu bitten, als sie an der Türe noch einmal innehielt und Avalinn dabei zusah, wie sie mit geschlossenen Augen ihre Hände auf Yedans Brust legte und einen Augenblick so verharrte, als würde sie auf diese Weise alle wichtigen Informationen über ihn herausfinden.
„Ihr habt ihm das Leben gerettet, aber er ist noch nicht über den Berg. Er wird viel mehr Blut verloren haben als Ihr hättet erkennen können. Er ist wirklich schwach.“, meinte die Heilerin und so ganz konnte Rhuna ihren Blick nicht deuten. Die Worte waren beunruhigend, doch keine Überraschung. Immerhin wusste die Elfe, wie es um den Halbelfen stand. Deshalb verlor sie auch keine weitere Zeit und öffnete die Zimmertüre.
„Ich bin gleich zurück!“, sagte sie und lief schnellen Schrittes zu Lorna um diese um warmes Wasser und Tücher zu bitten. Die gutherzige Frau gab ihr alles, was sie benötigte und so schnell Rhuna konnte, war sie auch bereits wieder im Krankenzimmer. Dankbar ließ sie sich einbinden und begann vorsichtig den Sarier mit dem milden Kräutersud abzureiben, wie ihr aufgetragen wurde. Es beruhigte die Elfe ihn ein wenig berühren zu können – etwas für ihn tun zu können, ohne einfach nur hilf- und tatenlos danebenzustehen.
„Wir werden seine Nähte noch mal öffnen müssen. Verzeiht – es liegt nicht an Euren Künsten, die sind für die Verhältnisse, die ihr erwähntet, hervorragend, doch das Material wird nicht gut mit dem Körper harmonieren. Ihr seht bereits jetzt eine leichte Verfärbung, nach dem Waschen, an den Rändern. Er soll keine Infektion bekommen.“, erklärte sie ihre Entscheidung und lächelte Rhuna abermals herzlich an.
„Bitte macht das, was Ihr für nötig empfindet und denkt nicht, dass Ihr mich in irgendeiner Weise vor den Kopf stoßen könntet. Ich weiß, dass das Garn nicht für Fleischwunden geeignet ist und nur dank Florencias Barmherzigkeit scheint die Wunde nicht weiter gerissen zu sein. Mir… liegt einzig sein Wohlergehen… und seine Rettung am Herzen.“, erklärte Rhuna ruhiger, als sie es selbst für möglich gehalten hätte. Der bevorstehende Eingriff machte ihr natürlich Angst. Sorge vor dem erneuten Blutverlust und den Folgen wuchsen, doch wenn Avalinn eine erfahrene Heilerin war, würde sie die Nähte sicher parallel zum Entfernen neu ansetzen, so dass er vielleicht gar nicht mehr große Mengen an Blut verlieren müsste.
Die Ruhe, die Rhuna gerade empfand war merkwürdig und lag vielleicht daran, dass sie in diesem Augenblick wieder funktionieren wollte. Vielleicht lag es aber auch an der Anwesenheit der Heilerin, die sie keine halbe Stunde kannte und in die sie doch alle Hoffnungen setzen musste. Avalinns Präsenz hatte etwas Magisches an sich. Ihre warmherzige Art vermochte es Sorgen zu mildern und ihr Lächeln erfüllte den Wunsch nach Zuversicht. Und doch waren es ihre klaren Worte, die es ermöglichten, der Realität auf etwas sanfte Art ins Auge zu sehen.
„Ich rühre eine Salbe an, die seine Schmerzen lindert. Wisst ihr wie ein Trank aus Schlafmohn hergestellt wird?“, fragte Avalinn, woraufhin Rhuna den nassen Lappen in die Schale mit dem Kräuterwasser legte, das sich ähnlich wie ihr Badewasser rötlich verfärbt hatte.
„Ja, die Herstellung ist mir bekannt.“, bestätigte die Shyáner und nach einem weiteren Blick in Yedans Gesicht, ging sie zu besagter Tasche und suchte die entsprechenden Zutaten heraus. Zuletzt hatte sie solch einen Trank für Pharus gemischt, der von den Schmerzen des Giftes gequält worden war.
Sie verließ erneut das Zimmer und bereitete nach Lornas Zustimmung den Trank in der Küche vor.
Die kleinen schwarzblauen Körner rieselten leise in einen handgroßen Mörser, indem Rhuna diese zu einem feinen Pulver zermahlte. Die Zutaten waren schnell zusammengemischt, doch musste man konzentriert darauf achten keine Fehler bei der Dosierung zu begehen. Als alles fertig war kehrte sie zurück zu Avalinn, die die Salbe bereits angerührt hatte. Roch sie da ein wenig Lavendel?
Die junge Elfe ging zum Kopfende des Bettes und setzte sich vorsichtig. Achtsam hob sie Yedans Kopf an und flößte ihm in kleinen Schlucken den milchigen Trank ein – vorsichtig, dass er sich nicht verschluckte. Glücklicherweise schien Yedan den Geschmack des Trankes nicht wahrzunehmen, von dem Rhuna wusste, dass er keineswegs angenehm war.
Als alles erledigt war legte sie den Kopf des Halbelfen wieder vorsichtig ab und strich ihm liebevoll über die Wange. Ihr Violett wanderte über seine Gesichtszüge.
„Lorna hat eure Heilkünste gerühmt. Ich bin dankbar Yedan in so guten Händen zu sehen…und, dass Ihr ihn ... behandelt. Er hat einen ähnlichen Angriff schon einmal überlebt. Aber im Neldoreth schien er… es schien so, als hätte er den Tod bereits an seiner Seite gesehen.“, sprach Rhuna ihre sorgenvollen Gedanken aus und sah auf zu Avalinn, die sich für den Eingriff bereitgemacht hatte. Kannte sie das Gemunkel über Yedan? Es war Rhuna eigentlich egal – solange die Elfe ihn dennoch bestmöglich behandelte. Das Kerzenlicht umrahmte ihre glatten Haare und ließ diese Schimmern wie fließende Seide. Waren alle eldorischen Elfen so hübsch? Sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken.
Langsam wurde Rhuna mulmig zumute. Die Bilder des blutverschmierten und verletzten Yedans schossen ihr erneut durch den Kopf und sie fasste sich an die Augen, verdeckte sie für einen Moment. Es war wohl die Erschöpfung…
„Bitte sagt mir, was ich tun soll.“, bat sie und atmete noch einmal tief ein und aus, um Avalinn anschließend mit entschlossenem Blick assistierend zur Seite zu stehen. Yedan musste einfach leben. Sonst hätte sie einen verdammt ungemütlichen Weg vor sich, denn die Drohung ihn aus dem Kata Mayan zu zerren war vollkommen ernst gemeint gewesen.

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Samstag 10. September 2022, 23:03

Nichts war schlimmer, als wenn man seine Lieben in solch einem Zustand sehen musste, wie Rhuna es derzeit mit Yedan erlebte. Der Jäger war ihr kaum näher als ein flüchtiger Bekannter, doch reichte das in diesem speziellen Fall aus, um sich nach seiner Stimme und seinen warmen Augen zu sehnen. In der kurzen Zeit, die sich Yedan und Rhuna kannten, hatten sie – oder zumindest die Elfe – ein inniges Band geknüpft. Sich für ihn aufzuopfern und alles dafür zu tun, dass er die Insel der Toten nicht würde besuchen müssen, hatte etwas mit Rhuna gemacht. Ihr war als wäre nichts so wichtig, wie das Heilen seiner Wunden. Vermutlich wirkte der Raum auch deshalb so schwermütig. Einfach, weil er darin lag. Und sich nicht rührte. Nichts hatte sich an ihm verändert. Er war nach wie vor blass, wirkte seltsam eingefallen und rührte sich nur minimal, wenn sich seine Brust ein wenig anhob, um den Lebensatmen einzusaugen oder daraus zu entlassen. Licht. Sie brauchten Licht. Auch die Heilerin schien das zu denken, denn sie kam Rhuna’s Gedanken zuvor. Dass Avalinn nicht nur versiert schien, sondern dabei auch noch wirklich zuvorkommend wirkte, brachte Rhuna eine gewisse Ruhe zurück. Es würde gut werden, nicht wahr? Die Heilerin aus dem Eldoras konnte sich trotz ihrer voranschreitenden Arbeit, mit Rhuna unterhalten. „Ich habe in meiner Heimat in der Klinik assistiert und von den dort ansässigen Heilern viel lernen können.“, antwortete jene auf die Frage, woher sie das Versorgen von Wunden beherrschte. Avalinn zog die Mundwinkel empor und nickte. „Verzeiht. Mein Name ist Rhuna. Ich freue mich eure Bekanntschaft zu machen. Ihr... stammt aus Eldar, oder?“ „ Oh, Ihr habt ein gutes Auge. Ganz Recht. Ich stamme aus dem Eldoras und kam vor… sehr, sehr langer Zeit in diese Region. Seitdem bin ich hier unterwegs und helfe, wo ich kann. Ihr stammt aus Shyána Nelle?“, fragte sie noch, ehe sie sich weiter der Behandlungsvorbereitung widmete. Yedan so da liegen zu sehen verursachte so einige Erinnerungen, die Rhuna lieber vergessen würde. Sie fand sich zurück in dem Moment, als sie Yedan fand. Von einem Bären zerfetzt und hilflos. Sie musste sich zusammenreißen, damit sie Avalinn die nötigen Dinge bringen konnte.

Sie wollte und würde nützlich sein! Das brauchte sie. Einfach nur Ablenkung. Sie eilte zu Lorna, die gar keine Zeit vergeudete und ihr alles gab, was sie benötigte. Sie versicherte Rhuna, dass sie sich im Haus bedienen dürfte, auch wenn sie Lorna oder Farun nicht fand. Die Geschwister saßen inzwischen in den Sesseln der Sitzecke. Sie schienen wohl abzuwarten, was sich nun ergeben würde. Oder welches Urteil, die Heilerin spräche. Doch keiner hielt die Shyáner auf, sodass sie kurze Zeit später zurück in das Zimmer gelangte. Avalinn hatte derweil alles Nötige bereitgelegt. Da waren Pulver, wie sie Rhuna kannte, da waren Tigel mit Cremes und Blattwerk. Eine Rinde fand sich auch unter den Utensilien. Während Rhuna, Yedan wusch, krempelte Avalinn ihre Ärmel des Kleides weiter auf und band sich die langen, seidigen Haare im Nacken zusammen. Vielleicht war sie aber auch nur so höflich und wollte Rhuna nicht bei ihrer Waschung stören. Yedan fühlte sich leblos an. Es war unbestreitbar, der Mann hatte derzeit kaum Körperspannung. Er waberte in einem tiefen Schwarz aus nichts und trotzdem bildete sich plötzlich unter den schlanken Fingern der Elfe eine leichte Gänsehaut. War es die Nässe der Tinktur? Oder spürte Yedan die Zärtlichkeit ihrer Behandlung? Eine Antwort blieb er ihr schuldig, als sie geendet hatte und sich etwas zur Seite bewegte, damit die Heilerin Platz hätte. Sie hatte Rhuna bereits angekündigt, dass sie die Wunde erneut würde öffnen müssen. „Bitte macht das, was Ihr für nötig empfindet, und denkt nicht, dass Ihr mich in irgendeiner Weise vor den Kopf stoßen könntet. Ich weiß, dass das Garn nicht für Fleischwunden geeignet ist und nur dank Florencias Barmherzigkeit scheint die Wunde nicht weiter gerissen zu sein. Mir… liegt einzig sein Wohlergehen… und seine Rettung am Herzen.“ Avalinn lächelte ihr zu und nickte stumm. Daraufhin verließ Rhuna das Zimmer, um den Schlafmohn zu zubereiten. Sie kannte sich aus mit der Dosierung und dem genauen Zerstoßen der Körner. Schleunigst kehrte sie auch dieses Mal zurück. Inzwischen war Yedan vollständig vom Blut befreit und an seinen Wundrändern, ließ sich nun sehr gut die beginnende Infektion erkennen. Leicht rötlich zeichnete sich seine blasse Haut ab. Das würde seine Genesung nur noch mehr verzögern. Die eldorische Elfe legte gerade das Tuch zurück in die Schüssel, deren wässriger Inhalt inzwischen reichlich verfärbt war, und trocknete sich die schlanken Finger in einem zweiten Lappen. „Vielen Dank! Flößt es ihm vorsichtig ein und dann beginnen wir zügig!“, unterwies sie Rhuna, die sofort handelte. Keine Zeit wollte sie mehr verlieren. Avalinn wartete, bis Rhuna fertig war, ehe sie erneut eine Hand auf seine Brust legte. Dieses Mal blickte sie dem Bewusstlosen ins Gesicht. Es dauerte einen Moment…. Zwei Momente…, dann nickte sie. „Gut, wir fangen an, der Trank wirkt.“, bestätigte sie.
Avalinn setzte sich auf die Bettkante neben Yedan und widmete sich als aller erstes seiner Halswunde. Hier trennte sie die Naht auf und sofort sickerte ein wenig Blut durch die Wundränder. Sie tupfte mit dem trockenen Lappen nach, damit nichts auf die Kissen gelangte, ehe sie die bereitgelegte Nadel mit dem Faden beherzt ansetzte und zu nähen begann. Wie Rhuna vermutete, trennte Avalinn die eine Naht auf, um sie daraufhin mit dem geeigneteren Garn zu verschließen. Es sah so einfach aus bei ihr! Als hätte sie keine Mühe, die Nadel durch das feste Fleisch des Jägers zu treiben. Nach nur wenigen Momenten, hatte sie die Naht neugesetzt und wischte abschließend abermals mit der Tinktur über die Wundränder. Den alten Faden legte sie auf das Nachtschränkchen und blickte kurz zu Rhuna. „Lorna hat eure Heilkünste gerühmt. Ich bin dankbar Yedan in so guten Händen zu sehen…und, dass Ihr ihn ... behandelt. Er hat einen ähnlichen Angriff schon einmal überlebt. Aber im Neldoreth schien er… es schien so, als hätte er den Tod bereits an seiner Seite gesehen.“, erwähnte Rhuna und Avalinn lächelte und nickte ihr dankend zu. Bei dem zweiten Teil hielt die Elfe kurz etwas Inne und aus dem Lächeln wurde ein Schmunzeln. Sie blickte zu Yedan und nickte auch hier. „Das stimmt. Es war der Tiger. Er hat ihn übel zugerichtet.“, schloss sie und offenbarte Rhuna die Wahrheit, ehe sie sich kurz erhob. Sie griff nach der Paste, die sie angerührt hatte, damit die Schmerzen erträglicher wären. Dann neigte sie sich dem Mann entgegen und strich seine Bauchnaht großzügig ein.

„Kommt her, Rhuna. Er braucht nun eine starke Hand. Der Schlafmohn wird die Schmerzen nicht gänzlich abhalten und auch die Paste wird nur mäßig helfen. Er muss aber stillliegen, damit ich ihn nähen kann. Sollte er aufwachen… versucht ihn zu halten, hört Ihr?“, trug sie ihr eindringlich auf. „Am besten ist es, ihr setzt Euch hinter ihn und greift seine Arme. Versucht ihn zu halten.“, wiederholte sie ihren Appell. Sobald Rhuna soweit wäre, vergewisserte sich Avalinn, dass sie beginnen könnte. Sie trennte die Naht wieder auf und sofort floss das Blut aus Yedan erneut heraus. Immer stärker und stärker musste die Heilerin tupfen, doch sie kam kaum hinterher. Sie griff mit zwei Fingern blind in ihre Tasche, streute eine Art Pulver auf die Blutung, die nur mäßig zum Erliegen kam. Avalinn schaffte es, trotz schneller und kundiger Arbeitsausführung nicht, die Blutung gleichzeitig zu stoppen und die Wunde zu nähen. Auch begann Yedan plötzlich sich zu bewegen. Erst nur zuckend und sporadisch, dann jedoch deutlicher. Seine Muskeln spannten, auch wenn er sich wohl nicht bewusstwurde, dass er das tat. Rhuna musste ihn festhalten, damit Avalinn arbeiten konnte. Die Heilerin wirkte konzentriert und rechnete mit der Hilfe der anderen Elfe. Allerdings musste Avalinn nun die von Rhuna gemachte Naht vollständig öffnen. Immer wieder streut sie das Pulver, was Yedan eine Bewegung entlockte. In seinem Gesicht war unbewusstes Mienenspiel zu erkennen. Er hatte Schmerzen. „Er blutet stärker, als ich angenommen hätte…“, murmelte die Elfe und bemühte sich schleunigst die Bauchdecke wieder mit ihrer Naht zu verschließen. Immer wieder musste sie innehalten, weil Yedan sich rührte und Rhuna kaum Chance hatte, ihn zu halten. Dann versteifte sich sein Körper. Sein Kopf streckte sich nach hinten, Rhuna entgegen und er trat nach Avalinn. Die Heilerin sah auf und sofort glitt in einer fließenden Bewegung ihre Hand in seinen Nacken. Sorgen standen ihr ins Gesicht geschrieben. „Er hat einen Anfall!“, stieß sie aus. „Lasst ihn los, Rhuna! Er verletzt sich sonst nur weiter.“, meinte sie eindringlich, damit Rhuna die Arme freigab. Yedan begann zu zittern. Heftig und unnatürlich. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, dann sackte er in sich zusammen und rührte sich nicht mehr. Avalinn glitt an seine Seite auf die Knie, tastete mit schnellen Griffen nach einem Lebenszeichen.
Immer wieder griff sie neu – ein Zeichen dafür, dass sie nichts finden konnte. Yedan war tot. „Nein!“, stieß sie flüsternd aus und machte sich so schnell daran, seine Bauchdecke fertig zu nähen, dass sie sich nicht von Rhuna ablenken ließ. Erst als sie es geschafft hatte, sah sie sie mit entschlossenem Ausdruck an. „Er wird leben, Rhuna. Ich verspreche es!“, versicherte sie. Sie legte eine Hand auf das Bein der anderen und Rhuna konnte spüren wie etwas seltsames geschah: Da war ein feines, warmes Kribbeln. Es breitete sich von Avalinns Hand über ihre Gliedmaßen und schließlich dem gesamten Körper aus. Es war angenehm, zuversichtlich und freundlich. Die Elfe aus dem Eldoras gab ihr Hoffnung… Bettete sie ein, dass sie nicht verzweifelte. Ein Lächeln blitzte durch ihr Gesicht und ihre Augen. Ein weiterer Funke, dass alles gut werden würde. Dann nahm sie die Hand von ihr und das gute Gefühl ebbte langsam ab. Doch nun legte sie beide Hände auf Yedan’s Brust über sein Herz und sie schloss die Augen. Eine Weile geschah nichts. Dann breitete sich langsam und kriechend ein seltsames Licht über den Körper des Toten aus. Avalinn’s Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig, während ein Strahlen von ihr ausging. Sobald sich das Leuchten in seinem Oberkörper ausgebreitet hatte, löste sie eine Hand und legte diese auf seine Stirn. Auch hier erfasste das Glühen seinen Körper, bis er gänzlich eingehüllt in einem warmen Licht, bei Rhuna und im Bett lag. Es dauerte eine Weile, dann veränderte sich das Bild abermals. Die Wunden wirkten… blasser. Sie waren noch da, aber längst nicht mehr so prägnant. Und die Hautfarbe des Toten wurde wieder dunkler, nahm die Farbe an, die Rhuna kannte. Sein Gesicht bekam den gewohnten Ausdruck. Als brächte sie das Leben, Zelle für Zelle zurück in seinen Körper. Auf ihrer Stirn entstanden Schweißperlen und sie wirkte selbst etwas fahler um die Nasenspitze. Avalinn behielt ihr Wirken noch einen Moment bei, bis sie tief Luft holen musste und die Hände von ihm nahm. Sie sank etwas kraftlos zurück, doch war es eine andere Bewegung, die Aufmerksamkeit erregte: Yedan. Er bewegte langsam den Kopf und öffnete blinzelnd die Augen.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 11. September 2022, 14:48

Solange der riskante Teil der Behandlung noch nicht begonnen hatte, konnten sich die beiden Damen ein wenig unterhalten. Rhunas Vermutungen, dass Avalinn aus dem Eldoras stammte, fanden Bestätigung. Es war nicht allzu unwahrscheinlich gewesen, so wie die Heilerin ebenso gut erkennen konnte, dass Rhuna aus Shyána Nelle stammte. Mit einem Nicken beantwortete sie die Frage, während sie sich die Wasserschüssel und das Kräutersäckchen griff.
„Man kann uns unsere Wurzeln wohl gut ansehen.“, äußerte die Brünette die Vermutung und verließ Avalinn, um das Kräuterwasser vorzubereiten. In der Küche erhitzte sie das Wasser über dem Feuerchen und sah schweigend zu dem Geschwisterpaar, das sich wohl dazu entschlossen hatte zu bleiben, um den Ausgang der Behandlung mitzubekommen. Was die beiden wohl über Yedan und auch sie denken würden? Sie hatte Yedan vor Ajakas Worten in Schutz genommen, doch in seinen Augen war der Halbelf … ein Verstoßener – ein Mörder, der jemanden tötete, was das Urteil der Dorfältesten rechtfertigte.
Das gluckernde Geräusch von in Bewegung geratenem Wasser erklang, als sie das erwärmte Kräuterwasser in die weiße Schüssel umschüttet. Vorsichtig, dass sie nichts verschüttete, ging Rhuna zurück auf das Krankenzimmer. Es gab so viele unbeantwortete Fragen, doch diese waren zweitrangig, solange niemand die Behandlung unterbrechen und fordern würde, dass sie das Dorf verlassen würden.
Zurück stellte sie die Schale achtsam auf dem Beistelltischchen neben dem Bett ab. Avalinn war mit ihren Vorbereitungen beschäftigt, denn sie sah auf einem weißen Tuch ausgebreitete bereits das passende Nähwerkzeug für erneute Verschließen der Wunden.
Es wird alles gut! Mach dir keine zu großen Gedanken…!, sprach sich Rhuna gedanklich weiter Mut zu und wendete ihre Aufmerksamkeit dann Yedan zu, den sie zu Waschen begann. Die starken Arme des Sariers wogen schwer beim Anheben, weil er keine bewusste Körperspannung erbringen konnte. Rhunas Miene wurde sorgenvoll – mitleidig. Er hatte das hier nicht verdient. Er war ein guter Mann, egal was andere denken mochten. Von dieser Überzeugung konnte sie niemand abbringen, denn: ein Wunder war bereits geschehen, das jeglichen Zweifel gelöst hatte. Der Halbelf wäre den Verletzungen bereits im Neldoreth erlegen, hätten Florencia und Phaun sich ihm nicht längst erbarmt.
Rhuna wusch das Blut und den Schmutz von seinem regungslosen Körper. Das Fleisch um die, nun besser sichtbaren, Nähte hatte begonnen sich zu verfärben, was eindeutig für eine Infektion sprach. Ihre Sorgen wurden lediglich vom Wissen unterdrückt, dass die Heilerin bereits vor Ort war und diesen Zustand aufhalten konnte. Doch der Eingriff war riskant. Die feine Gänsehaut, die sie von ihm spüren konnte, sprach sie seinem Zustand zu. Er kämpfte um sein Leben und der Blutmangel ließ ihn sicher nach wie vor frieren.
„Kämpfe weiter…! Du bist der stärkste Elf, den ich kenne. Raji würde es dir … und mir nie verzeihen, wenn du nicht zurückkehren würdest.“, sprach sie leise zu ihrem bewusstlosen Begleiter – in der Hoffnung, dass ihre Worte irgendwie zu ihm durchdrangen.
Noch einmal verließ Rhuna sein Lager und kehrte in die Küche zurück, in der sie den Schlafmohn zubereitete. Der Geruch, der in der Küche aufstieg, war in keiner Weise mit dem leckeren Duft von Lornas Eintopf zu vergleichen. Doch Medizin wurde nicht als Gaumenschmeichler hergestellt. Mit dem Trank kehrte sie zurück und setzte dich gleich an Yedans Seite, um ihm diesen einzuflößen. Der Moment, den sie herbeigesehnt hatte und vor dem sie zeitgleich so stark bangte, dass ihr Magen sich verkrampfte, war gekommen.
Avalinn legte ihre Hände auf Yedans Brust, nachdem Rhuna ihr den nötigen Platz gemacht hatte. Die besorgte Elfe stand neben ihr und ließ keine Bewegung unbeobachtet.
„Gut, wir fangen an, der Trank wirkt.“, hörte sie die Heilerin sagen, die sich direkt als Erstes der Halswunde widmete. Rhuna versuchte ihr nicht im Weg zu sein und ihr Anzureichen, was sie benötigte, wie sie es auch in der Klinik in Shyánna Nelle getan hatte. Die alte Naht wurde aufgetrennt, und mit geübten Fingern durch eine neue ersetzt. Die Stiche waren schnell und fein gesetzt und untermauerten so den guten Ruf der eldorischen Heilerin. Für einen Moment stieg Erleichterung in Rhuna auf und spürte den Drang Avalinn bereits jetzt ein wenig Dankbarkeit zu zeigen.
„Lorna hat eure Heilkünste gerühmt. Ich bin dankbar Yedan in so guten Händen zu sehen…und, dass Ihr ihn ... behandelt. Er hat einen ähnlichen Angriff schon einmal überlebt. Aber im Neldoreth schien er… es schien so, als hätte er den Tod bereits an seiner Seite gesehen.“, sprach Rhuna ihre Anerkennung aus, woraufhin Avalinn zu lächeln begann. Das Lächeln formte sich weiter zu einem entzückenden Schmunzeln, was sicher einige Männer verzaubern konnte.
„Das stimmt. Es war der Tiger. Er hat ihn übel zugerichtet.“, erzählte sie mit einem Blick auf Yedan, den Rhuna nicht wirklich zu deuten verstand. Die Worte ließen sie aufhorchen – war sie etwa die Frau, die ihm nach Rajis Angriff und dem Kampf gegen die Mantisse gerettet hatte? Die Frage blieb vorerst unbeantwortet, denn Avalinn begann sich nun der Bauchwunde anzunehmen. Sie erhob sich kurz, um die schmerzstillende Paste zu holen, die sie großzügig auf der, sich infizierenden Naht, auftrug.
„Kommt her, Rhuna. Er braucht nun eine starke Hand. Der Schlafmohn wird die Schmerzen nicht gänzlich abhalten und auch die Paste wird nur mäßig helfen. Er muss aber stillliegen, damit ich ihn nähen kann. Sollte er aufwachen… versucht ihn zu halten, hört Ihr? Am besten ist es, ihr setzt Euch hinter ihn und greift seine Arme. Versucht ihn zu halten.“ Die eindringlichen Worte taten ihre Wirkung. Rhunas Herz begann nervös, schneller zu schlagen und sie ging zum Kopfende, um den Anweisungen genauestens Folge zu leisten.
„Du musst noch einmal stark sein… hörst du? Es wird alles gut!“, flüsterte sie Yedan von hinten ins Ohr, nachdem sie sich entsprechend positioniert hatte, dass sie ihn halten konnte, sollte er sich bei dem Eingriff bewegen. Sein leicht verklebtes Haar berührte ihre Wange und kitzelte leicht, was ein schönes Gefühl hätte sein können, wären sie in einer anderen Situation.
Natürlich war Rhuna flau im Magen. Sie hielt Yedan bereits locker fest, so dass sie jegliche Muskelbewegung schnell wahrnehmen konnte. Sein Zustand war kritisch und wenn die Behandlung nicht schnell verlief – oder es zu Komplikationen kam, war das Risiko hoch, dass er starb.
Avalinn begann die Bauchnaht zu öffnen und sofort trat Blut aus der Wunde aus. Ein Kloß bildete sich in Rhunas Hals, die sich zwang genau hinzusehen. Die konnte der anderen Elfe gerade nichts reichen, oder sie unterstützen – hätten sie doch die anderen am besten noch zur Hilfe zugezogen.
„Schttt~ bitte bleib liegen! Ich weiß, dass es wehtut, aber bitte versuch liegen zu bleiben!!!“, versuchte Rhuna ihren Halbelfen zu beruhigen, als sie spürte, wie er sich unter ihrem Griff begann zu bewegen. Er hatte eindeutig Schmerzen – wer hätte dies nicht?
„Er blutet stärker, als ich angenommen hätte…“, murmelte Avalinn, die sich sichtlich bemühte unter diesen Umständen die neue Naht zu setzen.
Rhunas Griff wurde fester. Der Körper, der vorhin kaum natürliche Spannung hatte aufbringen können, begann sich gegen die Schmerzen aufzubäumen und machte es der zierlichen Elfe nicht leicht ihn zu fixieren, wie auch Avalinn nicht leicht ihn zu nähen. Es war nicht mal so, dass die Shyáner zum ersten Mal jemanden, während einer Behandlung festhalten musste. Sie kannte Griffe, die ihr ermöglichten Patienten, die körperlich deutlich stärker waren, ihren Möglichkeiten entsprechend, zu fixieren. Doch Yedan machte es ihr wirklich schwer.
„Yedan…! Bleib- Yedan bleib liegen!!!“, forderte sie strenger, doch der Sarier schien sie gar nicht wahrzunehmen. Dann plötzlich wurde sein Körper steif - ungesund steif und sein Kopf streckte sich nach hinten ihr entgegen. Rhunas Augen weiteten sich erschrocken, denn auch sie erkannte, was passierte.
Nein! Nein, nein, nein…! Das darf nicht passieren!!! Das Entsetzen stand der jungen Elfe ins Gesicht geschrieben.
„Er hat einen Anfall! Lasst ihn los, Rhuna! Er verletzt sich sonst nur weiter.“, rief Avalinn ihr in dem Moment zu, als Angesprochene ihren Griff bereits lockerte. Sie musste sich einen Schritt entfernen und hilflos mit ansehen, wie Yedans Körper steif und von einem unnatürlichen Zittern geschüttelt wurde. Der Anblick war unerträglich und lösten in Rhuna eine stille Panik aus, die derzeit nur in ihrem Innern zu toben begann. Ihr Blick lag auf seinem Gesicht – Florencia sei Dank, dass er sich nicht auf die Zunge biss, denn der Anfall hätte ihn diese gekostet.
Über Rhunas Wangen begannen Tränen zu laufen. Sie versuchte sich zusammenzureißen, doch die Hilflosigkeit quälte sie und ihr blieb nichts anderes übrig, als erneut zu ihrer geliebten Gottheit zu beten. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit sackte der krampfende Körper des Halbelfen zusammen und blieb leblos liegen. Die Stille, die mit einem Mal einbrach war nicht von dieser Welt. Als wäre die Zeit plötzlich ausgehebelt worden.
Rhunas Blick lag auf Yedan und ein Aufschluchzen brach sich einen Weg aus ihrem Innern.
„Nein….! NEIN!!!“ Avalinn glitt an seine Seite auf die Knie und der Griff an die Pulskontrollstelle bestätigte der Brünetten die Erkenntnis, die ihr der Anblick bereits gesagt hatte: Yedan war tot!
Rhuna stand noch immer an derselben Stelle und ihre Arme griffen um ihren Oberkörper, als würde sie sich selbst Halt geben wollen. Die Tränen flossen unaufhörlich und schüttelten ihren Körper in sanften Wellen. Avalinn nähte die Bauchwunde und das war auch der Grund, wieso sich die junge Elfe noch nicht vom Fleck bewegt hatte. Die Heilerin hatte noch nicht aufgegeben und Rhuna musste sich an den letzten Funken Hoffnung klammern, dass er wiederbelebt werden konnte.
„Ye-Yedan… tu mir das nicht an…!“, flehte sie leise und ihr Herz fühlte sich tatsächlich an, als würde es zerrissen werden. Sie wollte schreien, sie wollte zu ihm und selbst versuchen ihn zurückzuholen. Doch sie wählte den Weg, der für sie am qualvollsten war – aber die größte Hoffnung beinhaltete: Abzuwarten und nicht im Weg zu stehen.
„Er wird leben, Rhuna. Ich verspreche es!“, erklang plötzlich Avalinns Stimme und ihre Blicke trafen sich kurz. Der entschlossene Ausdruck in den Augen der anderen Heilerin heftete sich an ihren Hoffnungsfunken und stumm nickte Rhuna mehrfach, zum Zeichen, dass sie ihr Glauben schenken wollte. Das war das einzige, was sie gerade tun konnte. Das und ihre Trauer in sich zu verschließen – der Hoffnung Vorzug zu gewähren und noch nicht aufzugeben. Die warme Berührung von Avalinns Hand brachte ein merkwürdiges Gefühl mit sich, als würde jemand ihre Seele beruhigend streicheln und ihr stumm versprechen, dass alles gut werden würde. Rhuna war dankbar, auch wenn sie es gerade nicht äußern konnte.
Die nächsten Minuten waren für ihre Nerven eine Zerreißprobe. Avalinns blutverschmierte Hände lagen erneut auf Yedans Brust, doch für einige qualvolle Sekunden schien nichts zu geschehen.
Dann entfaltete sich die Gabe der Heilerin. In Rhunas tränenumperlten Blick spiegelte sich das Licht, das sich langsam und kriechend über den Körper des Toten ausbreitete. Lichtmagie war der Shyánerin nicht unbekannt. Doch bisher hatte sie einem Patienten nie so nahegestanden, als dass sie das tatsächliche Wunder dahinter hatte erkennen können.
Yedan war umschlossen von einem warmen und Hoffnung schenkendem Licht. Rhuna konnte Avalinn ansehen, wie anstrengend die Anwendung für sie war und sorgenvoll trat sie einen Schritt näher auf sie zu. Dann konnte sie sehen, wie das heilende Licht auf den verletzen Körper wirkte. Die Wunden wurden blasser und wirkten plötzlich so, als hätten sie bereits für ein paar Tage zu heilen begonnen. Ihr Herz machte einen Sprung. Yedans Hautfarbe nahm einen gesünderen Ton an und in sein Gesicht kehrte der Funke des Lebens zurück.
Mit einem Mal löste Avalinn ihre Hände von Yedan und sank kraftlos etwas zurück. Rhuna stützte sie im Rücken und sah sie besorgt an, doch ihr Blick glitt schnell wieder zu ihrem Halbelfen.
Sanft hob und senkte sich sein Brustkorb. Er bewegte seinen Kopf leicht und blinzelnd öffneten sich seine Augen, schenkten der jungen Shyánerin den Blick auf sein warmes Braun, das sie geglaubt hatte, nie wieder zu sehen.
„Yedan…?“, fragte sie leise, als würde sie ihren Augen für einen Moment nicht trauen. Doch das erschöpfte Lächeln auf Avalinns Lippen brachte Gewissheit. Er war am Leben!
Sie ließ die Heilerin mit einem, sich versichernden Blick, dass sie nicht umkippen würde, los und war sofort bei dem, gerade ins Leben zurückgekehrten, Halbelfen. Ihr Blick huschte glücklich in seinem Gesicht umher, während sie seine Hand ergriff und liebevoll drückte. Noch immer war diese kühl, doch in seinen Fingern spürte sie eine gesunde Anspannung der Muskeln.
„Du… lebst!“, sagte sie, als müsste sie es noch einmal sagen, um es zu begreifen. Sie hätte ihn beinahe verloren – hatte es sogar für einen schrecklichen Augenblick. Die letzten Stunden hatte Rhuna sich still und heimlich mit diesem Gedanken auseinandersetzen können – dass sie nie wieder seine Stimme hören oder in seine warmen Augen sehen könnte. Doch als der Moment tatsächlich gekommen war, hatte es ihr seelisch den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie kannten sich noch nicht lange, doch ihre Beziehung hatte, zumindest was Rhuna betraf, nichts mit Zeit zu tun.
Ein überglückliches Lachen entwich ihrem Mund, das hier und da von erleichterten Schluchzern unterbrochen wurde.
„Tu… tu mir das bitte nie wieder an!“, bat sie ihn leise und – man mochte es Rhuna vielleicht verzeihen – dem Drang nicht länger standhalten könnend, umarmte sie ihn vorsichtig. Sie wollte sich ihm nicht aufdrängen, oder wehtun. Aber für einen Moment brauchte sie die Nähe – musste spüren, dass sein Herz tatsächlich schlug. Sie hatte tapfer ihre Trauer und Ängste in sich hineingefressen, um Avalinns Behandlung nicht zu gefährden. Doch nun musste sie diese, in Erleichterung gewandelten Gefühle irgendwie rauslassen.
Einen Moment verweilte sie so, ehe sie sich wieder aufrichtete und sich verstohlen die Tränen fortwischte. Ihr Blick huschte kurz zu Avalinn, ehe er zu Yedan zurückkehrte. Sicher war er gerade vollkommen orientierungslos.
„Wir sind im Waldmenschendorf – in Faruns Haus.“, erklärte Rhuna und drückte seine Hand ein wenig fester, während sie ihn ansah. „Aber mach dir keine Sorgen. Alle haben geholfen dich herzubringen.“ Rhuna deutete auf die weitere Elfe im Raum. „Das hier ist Avalinn. Sie ist Heilerin und hat dich behandelt. Sie… hat dich gerettet!“ Sie war der anderen Elfe von Herzen dankbar. Sie hatte das vollbringen können, was ihr nie gelungen wäre.

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Montag 12. September 2022, 22:52

Das Hoffen und Bangen waren eng miteinander verknüpft. Bei jedem empfindsamen Wesen war es wohl so, dass es Mitleid empfand, sobald ein Individuum Schmerz oder Leid empfand. Das war der natürliche Lauf der Dinge. Selbstverständlich gab es genug Vertreter der unterschiedlichen Völker, die sich einen feuchten Dreck um andere kümmerten. Denen das Wohlergehen anderer wenig bis gar nicht kümmerten. Andere wiederum, nahmen sich jedwedes Leid als eigenen an und litten Qualen. Rhuna pendelte irgendwo dazwischen. Sie empfand so viel Bangen, um den halbtoten Sarier, dass die Hoffnung an den äußersten Rand ihres Herzens gedrängt wurde. Welch dickes Band geschaffen wurde, als er sie vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Dabei war es sein Tiger gewesen, der ihr an die Kehle wollte. Und dennoch… Rhuna konnte nicht anders als Dankbarkeit für den Mann zu empfinden. Und Zuneigung. Welcher Art und Intensität sollte sich noch zeigen, doch Fakt war, dass sie ihn unter keinen Umständen sterben lassen konnte. Alles tat sie für sein Seelenheil und rieb sich selbst auf, nur um endlich wieder seine Stimme hören zu dürfen. Was verband sie nur mit ihm? Erleichterung füllte die Hoffnung in ihrem Innern, sodass diese das Bangen etwas verdrängte. Avalinn, die Heilerin aus dem Eldoras schien versiert und gleichermaßen empathisch zu sein. Die sanfte Elfe mit den leuchtenden, hübschen Augen, schenkte ihrer Unruhe Zuversicht. Es würde gut werden, ganz bestimmt.
Während sich die Frauen an die Behandlung machten, bekam Yedan nichts von dem mit. Sein Geist waberte im Dunkel, am Rande zwischen Leben und Tod. Gut, dass beide derzeit abgelenkt genug waren, um sich näher mit seinem Kampf zu befassen. Sie hätten eine endgültige Entscheidung fordern können! Die Wunde am Hals war beiden Frauen kaum eine große Mühe. Avalinn vernähte diese fachmännisch und Rhuna durfte sogar sicher sein, dass keine Narbe zurückbleiben würde. Allerdings war die Wunde am Hals im Gegensatz zu der Bauchwunde wirklich etwas banales. Es kostete Avalinn keine Mühe diese zu versorgen, während sie nun auch Rhuna dafür einspannte. Sie sollte den Elfen festhalten, wenn er sich gegen die Behandlung wehrte. Und Rhuna ahnte, dass es heikel werden könnte. Die Heilerin konzentrierte sich nun auf ihre Aufgabe und wies die Shyáner an, wie sie ihr helfen konnte. Gemeinsam würden sie schaffen, was Rhuna allein niemals bewerkstelligen könnte. Nicht, weil sie unfähig wäre, denn dass sie es nicht ist, hatte sie eindrucksvoll bewiesen, sondern weil sie schlicht die Mittel nicht zur Verfügung hatte. Doch Avalinn zu beobachten half auch ihrem Erfahrungsschatz. Sie sah, wie die Heilerin die Nadel hielt, wie sie tupfte und zustach, fein die Nadel führte als gäbe es keinen Widerstand. Kundig schien sie einer blinden Linie zu folgen, die am Ende in vollendeter Perfektion daliegen würde. Doch leider wurde diese edle Kunst von den Schattenseiten des Heilerberufes heimgesucht: Der Patient spielte nicht so mit, wie es der Wunsch der Umstehenden gewesen wäre. Avalinn hatte Mühe die Blutung zu stoppen, die sich ihr nach dem Eröffnen entgegen ergoss. Immer wieder musste sie wischen, nur um dann doch halbwegs blind zu stechen. Solange, bis es der geschwächte und malträtierte Körper nicht mehr aushielt. Yedans Körper rebellierte und begehrte auf. Er verkrampfte sich in unnatürliche Haltungen, bis die Lippen des Sariers blau anliefen und seine Haut aschgrau wurde. Dann erschlaffte er. Yedan war tot. Das fahrige Suchen nach dem Schlag des Lebens durch die Heilerin, bestätigte Rhuna die grausame Erkenntnis. Tot. Er war tot. Einfach aus dem Leben gerissen, obwohl doch die Götter höchstselbst die Finger nach ihm ausgestreckt hatten. Wie konnte das sein?

Auch Avalinn schien davon alles andere als viel zu halten. Die eldorische Elfe beließ es nicht dabei. Ihre Heilkunst war hier noch nicht beendet. Fokussiert, vernähte sie die Bauchwunde fertig, um dann neben seinem Bett zu knien und ihre wahre Kunst zu vollbringen. Unter ihrer größten Anstrengung, ließ sie Rhuna an einem weiteren Wunder teilhaben: Magie. Die reinste Form der Begabungen, die Gabe des Lichts, eingesetzt für ein Leben, das es wert war, gerettet zu werden. Und es wirkte. Es dauerte einen Moment, dich dann kehrte des Lebensfarbe wieder in den Halbelfen zurück. Und mehr noch, Yedan bewegte sich endlich wieder! Der Sarier sog die Luft in seine Lungen als wäre er gierig danach. Avalinn selbst hatte für einen Moment Mühe, sich überhaupt vernünftig auf den Beinen zu halten, doch sie lächelte zuversichtlich als sich Rhuna kurz nach ihrem Befinden erkundigte. Sie trat beiseite und überließ der anderen die Aufgabe, des Willkommenheißens. Blinzelnd öffneten sich die Augen des Sariers und nach einer kleinen Weile, schien sein Blick auch wieder zu fokussieren. „Yedan…? Du… lebst! Tu… tu mir das bitte nie wieder an!“, kam es erleichtert und flehend von Rhuna. Sie umarmte ihn erleichtert und der Elf lachte leise, aber brummend. Er legte einen Arm auf ihre Schulter und hielt sie einen Moment. „Rhuna..“, ertönte endlich, nach langem Darben, seine Stimme an ihrem Ohr. Offenbar war die Heilung der Elfe alles andere als oberflächlich gewesen. Etwas benommen wirkte er, doch beiweitem nicht so schwach, wie man vielleicht annehmen durfte. Wir sind im Waldmenschendorf – in Faruns Haus. Das hier ist Avalinn. Sie ist Heilerin und hat dich behandelt. Sie… hat dich gerettet!“, löste sie sich von ihm und seine Hand glitt zurück auf das Bett. Verwirrt blickten die hellbraunen Augen die Shyáner an: „Wir sind… im Dorf?“, plapperte er nach und begann sich umzusehen. Er ächzte, als er versuchte, sich zu bewegen. „Erstaunlich…“, murmelte er und sah zurück zu Rhuna. „Du hast es geschafft! Sieh mal einer an.“, lächelte er zu ihr empor. „Und du… dachtest, du würdest es ohne mich nicht schaffen…“, begann er sie zu necken, was wahrlich ein gutes Zeichen war!
Dann wanderten seine Augen zu Avalinn. Für einen Moment starrte er die Elfe einfach nur an. Sie schmunzelte leicht bei seinem Blick, ehe sie einen demütigen Schritt auf ihn zu machte. Yedan seufzte und schenkte ihr ein Lächeln. „Das wäre dann… das zweite Mal. Ich danke euch, Avalinn!“, bemerkte er und musterte sie. Die Heilerin nickte ihm zu. „Seht zu, dass ihr vorerst Tiger und Bären meidet, Yedan. Ich werde nicht immer in Eurer Nähe sein!“, lächelte sie und es schien wie eine warme Umarmung auf Yedan und Rhuna herabzuregnen. Avalinn war wahrlich gleichermaßen schön, wie freundlich. Zurückhaltend packte sie zügig ihre Sachen zusammen und nahm dann ihre Tasche. Sie blickte auf Rhuna, als sie sich zur Tür wandte. Noch immer standen ihr die Schweißperlen auf der Stirn. „Rhuna, er wird noch eine kleine Weile benötigen, um vollständig genesen zu sein. Doch er heilt schneller und wirksamer, ihr habt nun nichts mehr zu befürchten.“, entlastete sie das Herz der anderen. „Auf ganz bald“, verabschiedete sich Avalinn und bedachte jeden von Ihnen abschließend mit einem ehrlichen Lächeln aus Freude. Avalinn würde unten noch einen Moment bleiben, falls Rhuna noch ein Anliegen hätte, doch sie gönnte den beiden nun etwas Zweisamkeit.
Rhuna durfte feststellen, dass die Wunden an Hals, Bauch und Arm Stück für Stück heilten. Und auch so, wirkte Yedan deutlich kräftiger. Er sah noch einen Moment der Heilerin nach, bevor er sich wieder zu Rhuna drehte. „SIE hat mich geheilt damals!“, stieß er verblüfft aus und lachte leise. „Zufälle gibt es…“, dann wurde sein Blick ernst. Er betrachtete die violetten Augen vor sich. Seine Hand suchte ihre und er streichelte sanft und gedankenverloren ihre Finger. „Du hast mir das Leben gerettet, Rhuna. Ich stehe in deiner Schuld, weißt du? Ich… danke.“, murmelte er und versank in ihrem Blick.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Dienstag 13. September 2022, 23:54

Es sah aus wie eine einfache Berührung! Doch durch die zwei Hände, die über der stillgewordenen Stelle über Yedans Herz lagen, floss die wohl reinste Magie, die es in dieser Welt gab. Sie war geheimnisvoll, unerklärbar, schenkte Wärme, wie auch Hoffnung und konnte jemandem das Geschenk einer zweiten Chance gewähren.
Yedan wurde ein solches Geschenk zuteil. Als würde das Licht ihn von dem Weg, der ins Totenreich führte geleiten, kehrte er ins Leben zurück. Noch dazu heilte das warme Leuchten die Wunden soweit, dass der Halbelf sich nicht mehr in der ewigen Dunkelheit verirren konnte. Avalinn wohnte wahrlich ein besonderer Zauber inne, um den Rhuna sie innigst beneidete. Es war stets ihr Ziel gewesen Heilerin zu werden. Doch eine Kraft, wie sie der eldorischen Elfe innewohnte, hatte sich in ihr noch nicht herauskristallisiert. Umso dankbarer war sie, dass die Götter ihr Hilfe geschickt hatten. Ohne Kaja, Ajak und vor allem Farun hätte Rhuna nie, zusammen mit dem verletzten Halbelfen, das Dorf erreicht. Und so wären sie Avalinn vermutlich nie begegnet und Yedan wäre ihr für immer entrissen worden.
Als sich der Arm des Sariers um Rhunas Schulter legte, drückte sich die junge Elfe noch fester an ihn und verbarg ihr Gesicht an seiner unverletzten Schulter. Er lebte! Wie oft ging ihr dieser Gedanke wohl durch den Kopf? Sie wiederholte es ein dutzend Mal, doch erst der Klang seines stetigen und gesunden Herzschlags ließ sie an das Wunder glauben.
Wie sollte die junge Elfe auch nicht daran zweifeln, dass ihre Sinne ihr einen Streich spielen – eine Wunschvorstellung vorgaukeln wollten? Rhuna hatte die letzten Stunden viel durchgemacht. Der Anblick, wie sich der Körper des Halbelfen, in einem Anfall, unnatürlich verkrampft hatte und von einem grotesken Zittern geschüttelt worden war, bis er schlussendlich leblos in sich zusammensackte, war nichts, was man so einfach vergessen konnte. Dass Yedan nun, nur Sekunden nach dem lebenserweckenden Aufschnappen nach Luft, wieder in der Lage war ihr einen Arm umzulegen, leise zu lachen und ihren Namen auszusprechen, stand im vollkommenen Widerspruch der vorhin durchlebten Situation. Es war wie nach dem Aufschrecken eines Alptraums – die Erleichterung verschaffte Milderung und löste die schwere Last der Sorge, der Ängste und des Kummers von ihrem Herzen.
„Yedan…!“, sprach Rhuna leise seinen Namen an seiner Schulter aus, als wäre er eine Zauberformel, die sie davor bewahrte sich all dies nur einzubilden. Es tat so gut das leichte Vibrieren seines brummenden Lachens zu spüren. Seine Stimme kitzelte an ihrem Ohr und brachte sie nur noch einmal zu einem glücklichen Lachen.
Am liebsten hätte sich die junge Elfe nicht mehr so schnell von ihm gelöst, doch sie wollte ihm auch ein wenig Luft zum Atmen lassen und Orientierung geben. Die letzten Stunden hatte er in der Besinnungslosigkeit geirrt und nicht mitbekommen, wie er das Dorf und Faruns Haus erreicht hatte. Als Rhuna ihn dahingehend aufklärte war sein verwunderter Blick keine Überraschung. Sie setzte sich, ihm zugewandt, an den Bettrand und konnte ihrerseits den Blick nicht von ihm nehmen. Lächelnd registrierte sie jede Bewegung und den zurückgekehrten Schimmer des Lebens in seinen warmen braunen Augen, von dem sie befürchtet hatte, ihn nie wiedersehen zu dürfen.
„Wir sind… im Dorf?“, fragte Yedan, sah sich um und wollte sich sogar aufrichten. Eine besorgte Geste, als wolle Rhuna ihn aufhalten folgte, doch sie zügelte sich, nachdem ihr Blick noch einmal auf die Bauchwunde fiel. Es war… noch immer schwer zu begreifen, wie schnell sich sein Zustand verbessert hatte.
„Erstaunlich…“, murmelte der Sarier, nachdem er sich ein kleines Bild hatte machen können. Ob er schon einmal in Faruns Haus gewesen war? „Du hast es geschafft! Sieh mal einer an. Und du… dachtest, du würdest es ohne mich nicht schaffen…“, erklangen seine neckenden Worte und ihr Blick begegnete dem Lächeln, das es stets vermochte ihr Schmetterlinge in den Bauch zu zaubern. Wie auch jetzt …! Doch seine neckischen Worte trafen einen kleinen Nerv. Die Umstände hatten sie gezwungen es ohne Yedan zu schaffen, doch ohne die Hilfe der anderen Sarier und der Götter, wäre ihr nichts von alldem gelungen. Einen Moment hielt Rhuna inne, sah ihn nur an und versuchte ihre Selbstzweifel nicht zuzulassen oder gar zu zeigen. Dann lächelte sie ihn wieder an und aus dem Lächeln wuchs ein feines Schmunzeln, das zwei kleine Grübchen in den Wangen zum Vorschein brachte.
„Der junge Mann vor mir hat mir keine große Wahl gelassen! Glücklicherweise blieb es mir erspart in den Harax zu klettern, in dem du zweifellos gelandet wärst!“, erwiderte die junge Elfe nicht weniger neckisch, was sich darin zeigte, dass ihr Schmunzeln in ein kleines Lachen mündete. Rhuna wendete ihren Kopf leicht und sah zu Avalinn, die nun Yedans Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Sie ließ den beiden ihren kleinen Moment des Wiedersehens, der etwas Besonderes an sich hatte. Die Schönheit hatte Yedan nach Rajis Angriff das Leben gerettet und war dann einfach verschwunden, nachdem er außer Lebensgefahr gewesen war. Als er Rhuna von diesem Vorfall erzählt hatte, war ihr nicht entgangen, dass er seiner Retterin gerne noch einmal begegnet wäre – vielleicht einfach um sich zu bedanken, vielleicht auch aus anderen Gründen. Sie nun unter diesen Umständen erneut zu treffen und zu erfahren, dass sich das Geschehen in etwa wiederholt hatte, musste ihm wie ein Wunder vorkommen.
„Seht zu, dass ihr vorerst Tiger und Bären meidet, Yedan. Ich werde nicht immer in Eurer Nähe sein!“, sprach Avalinn zu Yedan und Rhuna schien auf diese Worte die Heilerin einen Moment in Gedanken zu versinken, denn sie biss sich leicht auf die Unterlippe, was sie häufig tat, wenn sie etwas hatte, worüber sie grübeln musste. Doch einen Moment später kehrte sie gedanklich wieder zu ihnen zurück.
„Die Gesellschaft von Bären… vielleicht – doch nicht die des Tigers. Die beiden haben glücklicherweise eine innige Freundschaft zueinander aufgebaut.“ Rhunas Blick, der in den braunen Augen Yedans lag und der Situationskomik nicht widerstehen konnte, schien leise den Satz Sonst stände ich heute nicht hier! anzufügen. Sie beide waren einem tödlichen Ereignis entkommen.
Avalinn, die sichtlich erschöpft war, packte ihre Tasche zusammen und wandte sich anschließend zur Türe. „Rhuna, er wird noch eine kleine Weile benötigen, um vollständig genesen zu sein. Doch er heilt schneller und wirksamer, ihr habt nun nichts mehr zu befürchten. Auf ganz bald.“, beruhigte die hübsche Elfe die Brünette, woraufhin diese ihr ein dankbares, aber aufgrund ihrer Erschöpfung auch ein leicht besorgtes Lächeln schenkte. Bevor Avalinn die Türe hinter sich schließen konnte löste sich Rhuna vom Bett und sah Yedan kurz entschuldigend an.
„Bitte wartet einen Moment Avalinn!“, sprach die Shyáner und ging zu der etwas größeren Elfe auf den Flur hinaus.
„Ich … stehe ewig in Eurer Schuld. Wenn es irgendetwas gibt, wie ich Euch meine Dankbarkeit beweisen oder Euch behilflich sein kann, bitte scheut euch nicht mich anzusprechen. Und…“, sagte Rhuna voller Ernst, ehe sie zögerte. Für einen Moment schien die junge Elfe nach Worten zu suchen - offenbar auf dem Boden, denn sie betrachtete dabei den hölzernen Boden, ehe sie den Blick wieder hob.
„Dürfte ich Euch morgen, oder die nächsten Tage besuchen, sollten Yedan und ich vorerst hierbleiben dürfen?“, fragte sie und schien die eigentliche Frage noch nicht gestellt zu haben. Sie wollte Avalinn auch nicht länger aufhalten, denn diese war sichtlich erschöpft. Und solange nicht klar war, ob dem Halbelfen der weitere Aufenthalt im Dorf gestattet wurde, wollte Rhuna auch nichts Weiteres planen. Die Antwort abwartend verabschiedete sie sich noch einmal innigst dankend von der Elfe aus dem Eldoras.
Rhuna wollte gerade zurück ins Krankenzimmer, als sie ein leises Schaben vernahm. Ihre violetten Augen richteten sich auf ihre Zimmertüre, aus der das Eon hüpfte, als sie diese einen Spalt breit öffnete.
„Entschuldige mein Kleiner…!“, sprach Rhuna und bückte sich zu ihrem kleinen Gefährten, der neugierig in die Luft schnupperte.
„Yedan ist …“, wollte die Elfe gerade anfangen zu erzählen - da war das Eon auch schon in das Krankenzimmer gehuscht, in das sie nun ebenfalls zurückkehrte. Das flauschige Tierchen gab mehrfach seine aufgeregten pfeifenden Laute von sich und schien einen Weg aufs Bett zu suchen, den es kurz darauf auch über das Nachtkästchen fand. Das feine Näschen wackelte, als es Yedan entgegenschnupperte und die Ohren spitz aufrichtete. Sein Pfeifton erklang noch eine Spur höher und mit einem Satz sprang es zu dem Sarier – vielleicht, weil es auch über Yedan gewacht hatte.
Rhuna beobachtete das Geschehen lächelnd und blieb noch kurz an der Türe stehen. Beobachtete, wie das Eon mit dem Halbelfen kommunizierte ehe es sich ein Plätzchen neben ihm aussuchte und sich ablegte. Noch immer war es kaum zu fassen, dass Yedan bereits wieder so ‚munter‘ im Bett saß. Es war schwer zu übersehen, dass die Wunden, durch die Lichtmagie gefördert, schneller als normalerweise heilten. Die Elfe fühlte sich erleichtert, ausgelaugt, glücklich… einfach dankbar, dass der Tod ihren Sarier noch einmal verschont hatte.
„Er hat sich auch Sorgen gemacht.“, sprach sie und nickte zu ihrem kleinen Freund. „Entschuldige, dass ich dich alleine gelassen habe. Ich wollte Avalinn noch einmal danken…!“, erklärte die Brünette ihr kurzes Verschwinden und setzte sich zurück aufs Bett. Sie zog die Beine hinauf und suchte eine bequeme Position, in der sie Yedan nicht stören würde.
„SIE hat mich geheilt damals! Zufälle gibt es…“, stieß der Sarier aus und machte seiner Verblüffung noch einmal Luft, ehe sich ihre Blicke trafen. Lächelnd bestätigte Rhuna seine Erkenntnis.
„Das stimmt. Sie hat sich an dich erinnert, als ich ihr…“, begann sie, unterbrach sich allerdings kurz, als seine Hand die ihre fand und seine Finger sanft über ihre zu streicheln begannen. „… als ich ihr … erzählte, dass du schon einmal einen solchen Angriff überlebt hast.“, beendete die Elfe ihren Satz, wobei ihre Worte zum Schluss hin immer dünner wurden. Das Gefühl des sanften Streichelns nahm sie schnell gefangen und schien sie auf eine merkwürdige Weise zu beruhigen. Obgleich ihr Herz nicht stürmisch zu schlagen begann, machte es doch einen sanften Hüpfer. Es war ein angenehmes Gefühl - ein schönes, das sie nicht so schnell wieder verlieren wollte. Ganz vorsichtig, als würde sie seine Hand und die Berührung wieder verscheuchen, strich auch sie mit ihrem Daumen sanft über die Haut nahe seines Handgelenks.
„Du hast mir das Leben gerettet, Rhuna. Ich stehe in deiner Schuld, weißt du? Ich… danke.“, hörte sie Yedans gemurmelten Worte und hob langsam wieder ihren Blick. Eine Weile sahen sie sich nur schweigend an und versanken im Blick des anderen, ehe die junge Elfe ihren Blick wieder auf ihre Hände richtete. Ihre Lippen zogen sich sanft zu einem feinen Lächeln, ihre Lider waren halb gesenkt, während sie Yedans Finger betrachtete. In ihrem Lächeln lag ein kaum erkennbarer Schmerz.
„Du stehst nicht in meiner Schuld. Wenn jemand in jemandes Schuld steht, bin ich es in deiner. Du hast mir das Leben mehr als einmal gerettet und … bist nur durch meine Bitte, bei dir bleiben und von dir lernen zu dürfen, im Neldoreth gewesen und von dieser Bärin angegriffen worden.“ In Rhunas Augen trat ein Schimmern. Ihre Nase begann unangenehm zu brennen, wie es stets der Fall war, wenn sie ihre Tränen zu unterdrücken versuchte. Sie holte etwas tiefer Luft und begann dann wieder zu sprechen.
„Das Schlimme ist, dass ich mir nicht wünschen kann, dir niemals begegnet zu sein.“, sagte sie etwas gefasster und blickte wieder auf. Die Elfe zog in einer entschuldigenden Geste die Schultern kurz hoch. „Ich wünschte mir nur, dass wir bereits am kleinen See Rast gemacht hätten…!“ Dort war noch alles gut gewesen. Doch Rhuna wusste, dass auch dort etwas hätte geschehen können.
„Es tut mir leid…! Dass du alleine verletzt wurdest und ich… dich so spät erst gefunden habe. Es tut mir leid, dass du so große Schmerzen durchlitten hast und dass ich dir… nicht richtig helfen konnte. Aber ich … lerne weiter Yedan. Ich werde stärker und … werde irgendwann jemand, wie du es bist! Dass ich jemandem wie dir… wirklich helfen könnte…!“ Rhuna wusste nicht, ob sie sich richtig ausgedrückt hatte - so langsam machte sich die Erschöpfung doch bemerkbar-, aber sie hoffte, dass Yedan verstand, was sie meinte. Er war jemand, zu dem sie aufsah, jemand der ihre Stärken, so klein sie noch sein mochten, hervorkitzelte – jemand der sie dazu brachte nicht aufzugeben und es besser machen zu wollen. Es ging weniger darum wer Yedan, mit allen Einzelheiten seiner Vergangenheit war. Der Yedan, der er gerade war, war gut für sie.
Etwas schniefend legte sie ihre andere Hand an seine Schulter und drückte sanft dagegen. „Was nicht heißen soll, dass du dich demnächst mit einem Drachen, Troll oder sonstigem Raubtier anlegen sollst, verstanden?“ Für einen Moment suchte sie seinen Blick, dann beugte sie sich vor und umarmte ihn noch einmal.
„Danke, dass du zurückgekommen bist…!“, flüsterte Rhuna leise in sein Ohr.

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Freitag 16. September 2022, 21:59

Man konnte meinen, dass Rhuna ihre Reise niemals angetreten hätte, wenn sie auch nur hätte ahnen können, welchen Unwegsamkeiten sie ausgesetzt werden würde. Doch jeder noch so kleine Kiesel im Getriebe des Lebens, brachte neue Erkenntnisse und neue Richtungen hervor. Ihr Weg war klar gewesen: Bis nach Santros. Das Danach war nicht in ihre Planung eingeflossen, doch das brauchte es auch nicht. Dass sie nun bereits in nur einer Woche so einige Höhen aber auch wahre Tiefen erfuhr, hätte sie sich nicht träumen lassen. Doch nun stand sie hier, am Bett eines fremden Mannes, der ihr so sehr ans Herz gewachsen war, dass sie bis in den Harax gegangen wäre, um ihn hervorzuholen. Oder bis nach Kata Mayan. Die Götter selbst griffen sogar in ihr Schicksal ein und führten sie zurück auf ihren Pfad, damit sie nicht an der Welt verzweifelte. Nur um festzustellen, dass es manchmal nicht nur göttliche Gnade bedurfte, damit etwas geschah. Nein, denn auch Avalinn, die Heilerin aus dem Eldoras kam einer göttlichen Sendbotin gleich, um Yedan zu retten. Ganz egal was das Dorf munkelte, er konnte wahrlich kein Schlechter sein. Das offenbarte sich nun auch als er endlich, endlich wieder die Augen öffnete und sie aus dem warmen Hellbraun heraus ansah. Seine Worte, nachdem Rhuna ihn aufgeklärt hatte, zeugten von seinem Gemüt. Er war gerade erst ins Leben zurückgekehrt und neckte sie als wäre nichts gewesen. Rhuna indes hörte zweierlei: das Neckende vermochte ihr ein kribbelndes Gefühl geben, doch das Ungesagte war es, was sie zweifeln ließ. Sie hatte es nicht allein geschafft. Das hätte sie nie. Er wäre tot, wenn sie wahrlich allein gewesen wäre. Doch stimmte das? War es nicht erst durch ihr zutun den anderen möglich gewesen überhaupt zu helfen? Hatte Rhuna es nicht durch ihr beherztes Eingreifen geschafft, dass man ihr und ihm half? Und war es nicht auch ihr Verdienst, dass man Yedan ins Dorf brachte, obwohl da etwas im Argen lag? Fähigkeiten ließen sich nicht immer nur in Kategorien einteilen und nicht immer waren es rein pragmatische Dinge, die einem weiterhalfen. Güte, Herz und Leidenschaft waren ebenso wertvolle Gaben, die, wenn man sie einzusetzen wusste, zum Erfolg führten. Schlussendlich halfen die Götter zwar Yedan, aber doch nur, weil Rhuna darum bat. Sie brauchte sich nun nicht klein zu fühlen. Der junge Mann vor mir hat mir keine große Wahl gelassen! Glücklicherweise blieb es mir erspart in den Harax zu klettern, in dem du zweifellos gelandet wärst!“, Yedan lachte leise und hielt sich daraufhin kurz den Bauch. „Auch das hättest du geschafft, Rhuna!“, bestätigte er ihr und richtete seine Aufmerksamkeit auf Avalinn. In seinem Gesicht spiegelte sich kurz das Wiedererkennen. Er kannte ihren Namen nicht, aber das Gesicht hatte sich ihm eingeprägt. Sein Blick verweilte länger auf der Elfe, bis sie zu sprechen begann. Yedan richtete sich etwas auf, sank aber wieder in die Kissen. Die Gesellschaft von Bären… vielleicht – doch nicht die des Tigers. Die beiden haben glücklicherweise eine innige Freundschaft zueinander aufgebaut.“ „Das stimmt! Vielleicht klappt das mit der Bärin auch?“, tat er überlegend und winkte dann ab. „Keine Sorge, Avalinn. Ihr habt mal wieder ganze Arbeit geleistet. Es geht mir wirklich… gut?“. Die Heilerin warf ihm einen prüfenden Blick zu und ließ das Bernsteingold über seine Statur wandern. „Die Magie wirkt noch nach. Schont euch dennoch etwas.“, meinte sie und verabschiedete sich daraufhin. Bevor sie gänzlich die Tür schließen konnte, folgte Rhuna ihr. Bitte wartet einen Moment Avalinn! Ich … stehe ewig in Eurer Schuld. Wenn es irgendetwas gibt, wie ich Euch meine Dankbarkeit beweisen oder Euch behilflich sein kann, bitte scheut euch nicht mich anzusprechen. Und… Dürfte ich Euch morgen, oder die nächsten Tage besuchen, sollten Yedan und ich vorerst hierbleiben dürfen?“ Die Heilerin warf Rhuna einen geduldigen Blick zu, beide Hände an ihrer Tasche, die sie vor ihrem Körper hielt. Sie lächelte milde auf die Shyáner nieder: „Rhuna, ihr steht in keiner Weise in meiner Schuld. Euer Freund brauchte Hilfe und ich war in der Lage, sie zu geben. Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist.“, versicherte sie ihr und nichts an der Schönen konnte daran zweifeln lassen, dass sie es auch von Herzen so meinte. „Kommt gerne vorbei, sobald ihr euch in der Lage dazu seht. Ich beziehe derzeit das kleine Haus in den Bäumen oberhalb der Taverne. Ihr könnt es nicht verfehlen, es hat einen gewissen Kräuterhexen Charme“, lachte sie leise und ließ dabei offen, ob das ihre eigene Einrichtung war oder sie nur zeitweise dort lebte. Farun deutete an, dass sie ebenfalls nur ein Gast sei. Die beiden Frauen waren sich einig, sodass Avalinn sich bei Rhuna verabschiedete. Unten konnte sie noch einige Momente Stimmen hören, aber das Eon lenkte sie ab.

Der kleine Begleiter pfiff und gurrte als er Rhuna sah und verschwand dann zügig im Zimmer von Yedan. Rhuna hörte bereits beim Eintreten das Lachen des Elfen, als das flauschige Tier sich an ihm schmiegte. Er kraulte das Eon gerade hinterm Ihr, als er Rhuna entdeckte. Er lächelte milde und streichelte das Eon weiter, bis sie ihren Platz neben ihm gefunden hatte. Er sprach ihr seinen Dank aus, gepaart mit einer sanften Geste, die ihr für einen kurzen Moment die Luft nahm, ehe sie weitersprach. Doch ihre Worte hatten nicht zur Folge, dass er sich wieder entzog. Im Gegenteil, Yedan verstärkte für einen Moment seinen Griff, um ihre Finger und hielt sie fest. „Du stehst nicht in meiner Schuld. Wenn jemand in jemandes Schuld steht, bin ich es in deiner. Du hast mir das Leben mehr als einmal gerettet und … bist nur durch meine Bitte, bei dir bleiben und von dir lernen zu dürfen, im Neldoreth gewesen und von dieser Bärin angegriffen worden. Das Schlimme ist, dass ich mir nicht wünschen kann, dir niemals begegnet zu sein. Ich wünschte mir nur, dass wir bereits am kleinen See Rast gemacht hätten…! Es tut mir leid…! Dass du alleine verletzt wurdest und ich… dich so spät erst gefunden habe. Es tut mir leid, dass du so große Schmerzen durchlitten hast und dass ich dir… nicht richtig helfen konnte. Aber ich … lerne weiter Yedan. Ich werde stärker und … werde irgendwann jemand, wie du es bist! Dass ich jemandem wie dir… wirklich helfen könnte…!“ Yedan schüttelte langsam den Kopf. Er betrachtete Rhuna eindringlich, während sie nach den richtigen Worten zu suchen schien. Das kleine Eon hatte sich auf seinem Schoß zusammengerollt und schnarchte leise vor sich hin. Für ihn war die Welt in Ordnung in diesem Moment. Yedan aber ließ ihre Hand los, stützte sich links und rechts auf, um sich etwas weiter ins Sitzen zu schieben. Er ließ seinen Blick über ihr Gesicht klettern und schüttelte dann langsam seinen Kopf. „Was redest du denn da?“, wollte er wissen, klang aber nicht scharf dabei. Er wirkte ehrlich überrascht. „Rhuna, wenn du denkst, dass irgendetwas davon deine Schuld ist, irrst du dich. Solche Dinge passieren und sie passieren den Besten – wie du siehst.“, grinste er leicht, um die Situation aufzulockern. Sein Gesicht zeigte noch die Spuren der vergangenen Strapazen, aber seine Augen hatten bereits wieder die Wärme inne, die sie gewohnt war. „Meinst du denn, ich hätte überleben können, wenn du nicht gewesen wärst?“, wollte er von ihr wissen und senkte etwas den Kopf, damit sie ihn wieder ansehen musste. „Glaubst du denn, dass wenn es andersherum – Phaun bewahre – gewesen wäre, ich nicht Hilfe gebraucht hätte?“, harkte er nach und lächelte sie nachsichtig an. „Rhuna, wir sind keine Einzelgänger. Jeder braucht mal Hilfe. Und es ist keine Schande, diese anzunehmen! Im Gegenteil, es ist wahre Stärke zu erkennen, wenn man Hilfe nötig hat und diese einzufordern. Was nützt die stolzeste Brust, wenn am Ende das Herz nicht mehr darin schlagen kann? Du hast mir das Leben gerettet. Und nichts, was du sagst, kann mich davon abbringen, das so zu sehen.“, versicherte er ihr bestimmt. Dieses Mal war seine Geste nicht so zaghaft, sondern er griff ganz offenkundig nach ihrer Hand, um sie in seine zu nehmen und zog sie ein wenig zu sich. Er legte ihre Hand auf seine Brust, über seinem Herzen und hielt sie dort mit seinen beiden. „Spürst du das?“, fragte er und wartete einen Moment. Sie konnte sein Herz schlagen spüren. „Das ist dein Werk!“, murmelte er und musterte sie, als sie unweigerlich etwas dichter vor seinem Gesicht war. Er tastete mit seinem Braun ihre Züge ab und lächelte sie abermals an. „Und es mag stimmen, dass du nicht allein beteiligt warst – aber du warst maßgeblich beteiligt. Das… ist mein Glück, Rhuna!“, versicherte er abermals und entließ die Elfe dann aus seinem Griff. Er wollte nicht aufdringlicher sein als sowieso schon. „Was nicht heißen soll, dass du dich demnächst mit einem Drachen, Troll oder sonstigem Raubtier anlegen sollst, verstanden?“ Er lachte bei ihren Worten brummend. „Ich werde es mir merken!“, schmunzelte er und öffnete wie selbstverständlich seine Arme, als sie sich vorlehnte, um ihn abermals zu umarmen. Er schloss sie ein in seine Körperwärme und strich ihr sanft über die Haare. „Danke, dass du zurückgekommen bist…!“, flüsterte sie und Yedan drehte seinen Kopf so, dass er seine Nase in ihre Haare versenken konnte. Der Griff um sie verstärkte sich noch etwas. „Danke, dass du nach mir gesucht hast.“, drang seine tiefe Stimme an ihre empfindlichen Ohren.

Für einen Moment versank er in der Berührung und den Worten, die sie teilten. Er hielt sie fest bei sich, schloss seine Arme, die nun endlich wieder die gewohnte Stärke hatten, um sie und rührte sich nicht. Bis der Moment verstrich und er die Umarmung lockerte. Er fasste Rhuna links und rechts an den Oberarmen und schaute zum Eon. „Hast du schon einen Namen für das kleine Kerlchen?“, fragte er sie und kraulte das Tier noch mal. Es gurrte, hob den Kopf und sah zu Rhuna. Dann pfiff es leise und schien zufrieden. „Eon bleiben für gewöhnlich nicht bei Zweibeinern. Offenbar mag es dich, also wirst du dich wohl kümmern müssen.“, grinste er und ließ daraufhin den Blick schweifen. Als hätte er erst jetzt verstanden, dass er sich in einem Zimmer im Waldmenschendorf befand, trat die Erkenntnis auch auf sein Gesicht. In dem Moment klopfte es leise an die Tür, ehe sie geöffnet wurde und Farun im Türrahmen erschien. Der Blick des Magiers traf, den im Bett liegenden und für einen Moment herrschte, eine eigenartige Atmosphäre. Nur schwer schien Farun sich von Yedan lösen zu können, ehe er Rhuna ansah. „Hier ist etwas Essbares, ein wenig Wasser und etwas zum Anziehen für ihn. Falls benötigt.“, bemerkte er recht steif und ungelenk, ehe er die Sachen auf dem kleinen Tisch abstellte, der sich unweit der Tür befand. „Falls noch etwas nötig ist. Sag es uns.“, bemerkte er, nickte ihr kurz zu und warf Yedan einen weiteren Blick zu. Der Jäger zog einen Mundwinkel hoch, bedankte sich irgendwie und irgendwie auch nicht. Es war eigenartig und furchtbar steif von beiden Seiten. Farun wandte sich dann aber doch ruckartig ab und verließ das Zimmer wieder. Die Tür schloss sich hinter ihm. Yedan sah einen Moment auf die Tür und entspannte sich dann ebenfalls wieder. Er ließ den Blick wandern und schaute auf die Speisen, ehe er zum Fenster zurücksah. „Ich weiß nicht, wie lange wir bleiben können, Rhuna.“, begann er dann und lenkte sich wieder mit dem Eon ab, indem er es streichelte. „Anders... ich weiß nicht, wie lange ich bleiben kann. Du bist willkommen, mach dir keine Sorgen. Du kannst bleiben, solange du willst.“, versicherte er ihr, schien aber nicht erklären zu wollen, wieso er das meinte. Die ganze Art und Weise war ohnehin seltsam steif und förmlich und trotzdem war es etwas, was der Sarier vor langer Zeit akzeptiert zu haben schien. Er war verbannt worden, soweit wusste sie Bescheid. Die genauen Umstände waren ungeklärt, doch ganz eindeutig schwelte etwas in der Luft. Allerdings waren es wirklich nervenaufreibende Stunden gewesen und die Frage blieb, ob diese Luft nicht besser morgen gereinigt werden würde. Offenbar wurde Yedan nicht gleich des Dorfes verwiesen, sodass vielleicht Zeit blieb, sich ein wenig zu erholen. Der Halbelf schien Rhuna anzusehen, dass sie müde war. Er lächelte milde und rutschte dann noch ein wenig schwerfällig zur Seite, damit sie Platz hätte, sich auszustrecken, wenn sie wollte. „Du kannst dich ausruhen, Rhuna.“, sprach er auf einmal an und sah ihr in gewohnter Manier entgegen. Die Sorgen waren beiseitegeschoben und er kümmerte sich bereits wieder, um ihr Wohlergehen. „Vorerst ist alles in Ordnung und morgen schauen wir, was kommt. Jetzt aber… solltest du auch mal an dich denken.“, er lächelte mit einem Mal breit und zeigte das Spitzbübische, welches ihm eigen sein konnte- „Du hast Augenringe, da wäre jeder Nekromant neidisch!“, ärgerte er sie liebevoll.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Samstag 17. September 2022, 19:34

„Das stimmt! Vielleicht klappt das mit der Bärin auch?“, erklang Yedans Stimme in einer Weise, als hätte Rhunas Aussage ihn auf eine fabelhafte Idee gebracht. Wahrscheinlich konnte keine der beiden Damen Yedans Ernsthaftigkeit der Überlegung, sich nun auch noch mit der Bärin anzufreunden, einschätzen so dass auf ihm kurz zwei besorgte und von leichter Skepsis durchzogenen Blicke ruhten. Den Versuch würde Rhuna ihm durchaus zutrauen, doch glücklicherweise verwarf der Sarier das Gedankenspiel schnell und unterhielt sich weiter mit Avalinn. Dass er behauptete, dass es ihm ‚gut‘ ginge, ließ einen weiteren Brocken Last und Sorge vom Herzen der jungen Elfe fallen. Sein Zustand hatte sich innerhalb ein paar Minuten quasi um 180 Grad gedreht und in einem Maß verbessert, das nicht erst nach 5 weiteren Minuten zu begreifen war. Yedan war tot gewesen – nun saß er hier und unterhielt sich mit ihnen. Genau aus diesem Grund konnte Rhuna Avalinn nicht einfach wortlos ziehen lassen. Sie folgte ihr auf den Flur hinaus, um sich zumindest ansatzweise bei ihr zu bedanken und zu erfragen, ob sie sie noch einmal aufsuchen dürfte.
„Rhuna, ihr steht in keiner Weise in meiner Schuld. Euer Freund brauchte Hilfe und ich war in der Lage, sie zu geben. Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist. Kommt gerne vorbei, sobald ihr euch in der Lage dazu seht. Ich beziehe derzeit das kleine Haus in den Bäumen oberhalb der Taverne. Ihr könnt es nicht verfehlen, es hat einen gewissen Kräuterhexen Charme“ Das warme Lächeln, das Rhuna entgegengebracht worden war, erwiderte sie von Herzen. Avalinn besaß wahrlich ein durch und durch reines und freundliches Wesen.
„Ich werde kommen!“, versprach die Shyáner nickend und so verabschiedeten sich die beiden Damen voneinander. Rhuna kehrte zu Yedan zurück, nachdem sie das kleine Eon aus ‚ihren‘ Zimmer gelassen hatte. Das Lachen des Sariers, das beim Auftauchen des Tierchens erklang, ließ ihr Herz höherschlagen und sie konnte nicht anders als an der Türe zu verweilen und ihm einfach einen Moment zuzusehen.
Es ist wirklich wie in einem Traum. Hätte Yedan die Verletzungen auch ohne Lichtmagie überlebt, läge er sicher noch Wochen im Bett, ohne sich anständig aufrichten zu können… Die Heilung war das Werk von Magie, die sie selbst als Geschenk der Natur und Götter betrachtete – und doch war es ein Wunder.
Rhuna wurde entdeckt und so kehrte sie lächelnd zu ihm zurück und ließ sich auf dem Bett nieder. Sie gesellte sich zu der kleinen Kuschelrunde und kraulte das Eon liebevoll unter dem kleinen Köpfchen, was ihm einen wohligen Schnurrton entlockte. Dann sprach Yedan ihr seinen Dank aus, den die junge Elfe nur mit gemischten Gefühlen entgegennehmen konnte. Ja, sie gab sich die Schuld an dem, was geschehen war. Doch sie würde diesen Weg immer wieder gehen, um Yedan kennenlernen zu können. Alleine den Weg im Neldoreth würde sie anders wählen.
Das zärtliche Spiel ihrer Finger wurde unterbrochen, als er seinen Griff verstärkte und sie festhielt, als wäre sie sonst aufgestanden und verschwunden. Yedan schien die Dinge gänzlich anders zu betrachten und nicht verstehen zu können, wieso die junge Elfe über sich und ihre Fähigkeiten nicht besonders stolzerfüllt denken konnte.
„Was redest du denn da?“, fragte er mit sanfter Kritik nach und zog ihren Blick so auf sich. „Rhuna, wenn du denkst, dass irgendetwas davon deine Schuld ist, irrst du dich. Solche Dinge passieren und sie passieren den Besten – wie du siehst.“ Seine selbstpreisende Seitenbemerkung entlockte ihr ein kleines Lachen, doch obwohl seine Worte, ihre Seele wie Balsam umschmeichelten, konnte sie die Schuldgefühle nicht so schnell und einfach abschütteln. Trotz der Wunderheilung sah man ihm noch an, was er durchgemacht hatte und die Wunde auf seinem Bauch würde zweifellos eine Narbe hinterlassen, die sie stets an diesen Vorfall erinnern würde.
„Meinst du denn, ich hätte überleben können, wenn du nicht gewesen wärst?“, fragte er nach, woraufhin Rhuna ein leises Eingeständnis machen musste und sachte mit dem Kopf schüttelte. Sie wusste ja, dass es überall hätte passieren können, auch ohne ihre Anwesenheit. Er lebte kein besonders sicheres Leben, indem er fast alleine durch die Wälder Celcias wanderte.
Sein Blick fing den Tränenumspielten von ihr ein und hielt ihn fest, während er fortfuhr zu sprechen. „Glaubst du denn, dass wenn es andersherum – Phaun bewahre – gewesen wäre, ich nicht Hilfe gebraucht hätte? Rhuna, wir sind keine Einzelgänger. Jeder braucht mal Hilfe. Und es ist keine Schande, diese anzunehmen! Im Gegenteil, es ist wahre Stärke zu erkennen, wenn man Hilfe nötig hat und diese einzufordern. Was nützt die stolzeste Brust, wenn am Ende das Herz nicht mehr darin schlagen kann? Du hast mir das Leben gerettet. Und nichts, was du sagst, kann mich davon abbringen, das so zu sehen.“ Für eine Weile herrschte Stille, doch in Rhunas Blick konnte der Halbelf lesen, dass sie über seine Worte nachdachte und mit sich rang. Er sprach nichts Falsches aus. Der Vorfall im Neldoreth hatte Rhuna nur erneut und dieses Mal auf sehr schlimme Weise gezeigt, dass sie noch nicht die Person war, die sie sein wollte. Sie hatte ihre Stärken, aber diese waren auf das Leben in Shyána Nelle zugeschnitten und nicht für den Weg, den sie für sich gewählt hatte. Sie bereute viel, doch ihre Entschlusskraft war auch gewachsen jemand zu sein, auf den sie selbst stolz sein konnte. Und das war doch eigentlich etwas Erstrebenswertes.
Lornas Worte kamen ihr wieder ins Gedächtnis und jetzt, wo sie dem Halbelfen wieder in seine warmen braunen Augen sehen konnte, verstand sie noch viel weniger die Entscheidung der Dorfbewohner. Der Mann vor ihr war von seinen Leuten verbannt worden. Ausgestoßen aus den eigenen Reihen, war er seinem Schicksal überlassen worden, ohne Schutz oder Zuflucht, für die er nicht zuvor hatte kämpfen müssen. Es war nicht fair…, erst recht nicht, wenn man sein damaliges Alter in Betracht zog. Sie kannte nicht die ganze Geschichte, doch Rhuna wusste eine Sache: Yedan war kein kaltblütiger Mörder, Schwindler oder eigennütziger Mistkerl. Er bewies ja schon wieder seine selbstlose Art, indem er sie wieder versuchte aufzubauen. Es war eine Art, die man bewundern konnte, doch gleichzeitig war es etwas, was die junge Elfe an ihm einerseits liebte, aber gleichzeitig nicht mochte.
„Du… tust es schon wieder!“, warf sie ein und ihre Hand umfasste nun die seine stärker. „Wieso kümmerst du dich mehr um mein Wohl, als um deines? Als ich dich im Neldoreth fand hast du nicht einen Moment daran gedacht, mich verweilen und dir helfen zu lassen. Du wolltest, dass ich das Dorf finde und dich am besten liegen lasse, weil du vielleicht schon mit dem Leben abgeschlossen hast. Alleine um dich dafür zu ohrfeigen hätte ich dich wieder zurückgeholt…!“ Entgegen der Worte klang ihre Stimme nicht scharf, doch die Erinnerung an die Hilflosigkeit, die sie dort gespürt hatte, wühlte ihre Gefühle erneut auf.
Bevor sie jedoch weiter ausholen konnte, griff er ihre Hand und zog sie näher an sich heran, so dass er diese auf seine Brust, über die Stelle seines Herzens legen konnte. Der Gesichtsausdruck der Elfe, der zuerst etwas erschrocken war, wandelte sich schnell. Eine verlegene Röte blühte auf ihren Wangen und ihre Augen huschten über die Stelle, auf der sie, unter ihrer Hand, das stetig kräftige Schlagen seines Herzens spüren konnte. Der Sarier hielt ihre Hand dort und ließ sie der Nähe nicht entfliehen.
„Spürst du das?“, fragte er leise und es war offensichtlich, dass er sie vollkommen überrumpelte. Wie sollte Rhuna bei solch einer Geste auch dieselbe Ruhe bewahren, die er scheinbar in sich trug? Ihr eigenes Herz schlug um ein vielfaches schneller, als seines. Er schien, darin nur eine Methode zu sehen, seinen vorher gesprochenen Worten stärke zu verleihen. Er wollte ihr die Schuldgefühle und Sorge nehmen – sie beruhigen und aufbauen. Allerdings hatte sein Tun auf die Elfe noch eine zweite Auswirkung. Entweder war er naiv es zu übersehen oder sie verlor ihren Kopf schneller, als es gut war.
„Das ist dein Werk!“, murmelte er, offensichtlich ohne zu bemerken, dass er ihre Gefühle in eine Ecke drängte. Die beiden waren sich in diesem Moment sehr nahe und Rhuna spürte seine Blicke auf ihrem Gesicht, was die Hitze in ihren Wangen nicht gerade schmälerte. „Und es mag stimmen, dass du nicht allein beteiligt warst – aber du warst maßgeblich beteiligt. Das… ist mein Glück, Rhuna!“, versicherte er abermals und entließ die Elfe dann aus seinem Griff, dem sie zuvor nicht hatte entfliehen können. Hätte Rhuna gestanden wäre sie zweifellos wegen zittriger Knie zu Boden gesunken. Was machte Yedan nur mit ihr?
Für einen Moment musste sie sich fangen. Sie setzte sich wieder normal hin und schüttelte so gut sie konnte die Verlegenheit ab. Noch immer kribbelte ihre Handfläche auf die ihr Blick gerichtet war.
„Wenn du es noch als Glück bezeichnen kannst mir begegnet zu sein… ist es wohl gut! Tu mir nur den Gefallen und leg dich in den nächsten Jahren nicht mit einem Troll, Drachen oder sonstigen Raubtier an.“, sagte sie mit einem Lächeln auf den Lippen und gab seinen Bemühungen nach, ihr die Schuldgefühle austreiben zu wollen.
Trotz der Verlegenheit von vorhin suchte die junge Frau noch einmal seine Nähe und umarmte ihn. Er öffnete wie selbstverständlich seine Arme und umschloss mit ihnen ihren schmalen Körper, schenkte ihr Wärme und Nähe.
„Danke, dass du zurückgekommen bist…!“, flüsterte sie ihm ins Ohr und schloss für einen Moment die Augen. Sanft strich seine Hand über ihr Haar, in das er seine Nase versenkt hatte. Sein Atem kitzelte ihre Haut auf eine angenehme Weise und ließ sie zufrieden lächeln.
„Danke, dass du nach mir gesucht hast.“, drang seine tiefe Stimme an ihre empfindlichen Ohren, woraufhin sie ein leises und vollkommen ernst gemeintes „Jederzeit…!“, erwiderte. Die Nähe zu vorhin unterschied sich ein wenig zu der, die sie gerade teilten und Rhuna konnte nicht recht beschreiben, woran das lag. Gerade empfand sie einfach nur eine wohltuende Ruhe. Seine Wärme und sein Geruch, den sie insgeheim sehr mochte, lullten die Elfe für einen Moment ein. Yedan lockerte die Umarmung allerdings und mit einer Verspätung von ungefähr 2 Sekunden, löste sich auch Rhuna wieder. Seine Hände umschlossen sanft ihre Oberarme und hielten sie so in der Nähe, während er ihre Aufmerksamkeit auf das Eon lenkte.
„Hast du schon einen Namen für das kleine Kerlchen? Eon bleiben für gewöhnlich nicht bei Zweibeinern. Offenbar mag es dich, also wirst du dich wohl kümmern müssen.“ Rhuna schüttelte auf die Frage hin mit dem Kopf. „Nein, bisher wusste ich nicht einmal, dass er ein Eon ist.“, erklärte sie und strich dem zufrieden wirkenden Tierchen über den Kopf. „Ich hatte noch keine Ruhe darüber nachzudenken. Aber wenn er wirklich bleiben will, sollte ich mir in Ruhe Gedanken machen. Oder hast du einen Namen für ihn?“, fragte sie, bemerkte jedoch, wie Yedan den Blick im Zimmer schweifen ließ. Gedanklich schien er für einen Moment wegzudriften und sie ahnte in welche Richtung ihn diese führten. Zögernd, und nicht sicher, ob er es richtig verstand hob Rhuna eine Hand und strich ihm seitlich durch die Haare. Sie strich eine Strähne hinter sein Ohr, als es plötzlich an der Türe klopfte. Es dauerte kaum einen Moment, als die Türe zur Seite langsam aufschwang und den Blick auf ihren Gastgeber freigab. Farun stand im Türrahmen und betrachtete die beiden Elfen, die gerade sehr nah beieinander im Bett saßen. Doch das war es nicht, was die Atmosphäre im Raum zu erobern schien. Yedan und der Magier sahen einander schweigend an und Rhuna spürte die gespannte Stimmung. Ihr Blick wechselte zwischen ihnen hin und her. Sie wartete darauf, dass einer etwas zu dem anderen sagte, doch nichts geschah. Farun wandte lediglich seinen Blick ab und richtete das Wort an sie – ein wenig so, als wäre der Halbelf noch immer nicht bei Bewusstsein.
„Hier ist etwas Essbares, ein wenig Wasser und etwas zum Anziehen für ihn. Falls benötigt.“, erklang seine Stimme so steif und ungelenk, wie sie es noch nicht von ihm kannte, während er die Sachen auf dem kleinen Tisch abstellte.
„Danke Farun! Verzeiht, dass ich noch nicht zu euch gekommen bin. Avalinn hat euch wohl über alles unterrichtet?!“, schloss sie und lächelte dem Magier dankbar für seine Mitbringsel entgegen, der den Raum offensichtlich schnell wieder verlassen wollte. „Falls noch etwas nötig ist. Sag es uns.“, sprach er wieder nur sie an, woraufhin sie nickte und erneut einen Blickaustausch der beiden Männer beobachtete. Sie hatte sich noch keine Gedanken über das erste Aufeinandertreffen gemacht, doch wenn, hätte sie es sich wohl nicht so vorgestellt. Die Stimmung war drückend und belastend gegen die Freundlichkeit und Herzlichkeit, die sie hatte erleben dürfen.
Nachdem Farun das Zimmer wieder verlassen hatte schien sich auch Yedan wieder etwas zu entspannen. Sie hatte eine Hand auf seinem Arm liegen gehabt und spüren können, wie sich seine Muskeln versteift hatten. Aufmerksam ruhten ihre violetten Augen auf seinem Gesicht, versuchte seine Mimik und Gedanken zu lesen. Fragen brannten ihr auf der Zunge, doch keine von ihnen sprach sie aus. Bewusst und beabsichtigt. Das Verhalten der beiden hatte gezeigt, dass der Graben, der sie trennte sehr tief war und Yedan, wie auch Rhuna selbst hatten viel durchgemacht. Das Thema war an einem anderen Tag besser aufgehoben.
„Ich weiß nicht, wie lange wir bleiben können, Rhuna.“, durchbrach seine Stimme die Stille. Sie registrierte seine Sorge und wie er diese zu kaschieren versuchte, indem er ihren kleinen Gefährten zu streicheln begann. „Anders... ich weiß nicht, wie lange ich bleiben kann. Du bist willkommen, mach dir keine Sorgen. Du kannst bleiben, solange du willst.“, versicherte er ihr und die Tatsache, dass er ihren Blick mied, verriet Rhuna, dass er nicht näher darauf eingehen wollte. Sie tat ihm noch den Gefallen.
„Ich bleibe solange du bleibst!“, antwortete sie entschieden und die Art und Weise, wie sie es sagte ließ erkennen, dass ihr Entschluss darüber gefallen war. Yedan wusste nicht, dass Rhuna den Grund für die Steifheit der beiden kannte, wenn auch nicht in allen Einzelheiten. Das würde er auch heute nicht erfahren, sollte es ihr möglich sein zu schweigen. Der Ausdruck seiner Augen, der eine schmerzhafte Akzeptanz über seine Verbannung in sich trug, tat ihr beim Zusehen weh und ein unangenehmer Knoten bildete sich in ihrem Hals. Am liebsten hätte die Elfe natürlich bereits alles gewusst und ihn so vielleicht trösten können. Doch ob er das überhaupt zugelassen hätte? Das letzte Mal hatte er sie vollständig abgewiesen und sich ihr gegenüber verschlossen. Hatte sich seither etwas geändert? Wahrscheinlich nicht… obwohl sie es inständig hoffte. Ihr blieb vorerst nichts Anderes übrig, als still mit ihrer Anwesenheit für ihn da zu sein. Das war vielleicht auch das Einzige, was er zulassen würde.
Yedan rutschte, aufgrund der Wunden, etwas mühsam zur Seite und bot ihr neben sich den Platz sich langzumachen.
„Du kannst dich ausruhen, Rhuna.“, sagte er ohne zu ahnen, wie selig das Gefühl war, das diese Worte in ihr auslösten. „Vorerst ist alles in Ordnung und morgen schauen wir, was kommt. Jetzt aber… solltest du auch mal an dich denken.“ Einen Moment lang sah sie auf die frei gewordene Stelle neben Yedan, dann zurück in sein Gesicht.
„Yedan, dir ist schon bewusst, dass du mir diesen Part immer abnimmst, nicht wahr?“, fragte sie ein wenig amüsiert. „Ich habe zumindest schon etwas gegessen und ein Bad genommen. Aber das scheinst du gar nicht bemerkt zu haben. Du solltest erkennen, dass ich dir zum ersten Mal anständig gekleidet gegenübersitze!“, sprach sie neckend, jedoch dankbar für seine Sorge.
„Du hast Augenringe, da wäre jeder Nekromant neidisch!“, ärgerte er sie liebevoll, was zur Folge hatte, dass ihn ein amüsiert-pikierter Blick traf.
„Was ein Kompliment – ich wette so lockst du jede Frau in dein Bett!“, vermutete sie mit einer noch nie gezeigten Koketterie, von der sie selbst nicht gewusst hatte, dass sie diese in sich trug. Ihr Blick ruhte für einen Moment in seinen braunen Augen, doch ehe die Stimmung ernsthaft werden konnte, löste sie ihn wieder und rückte sich in Position, um sich neben Yedan zu kuscheln.
Es mochte sich nicht geziemen - es mochte in den ein oder anderen Augen als skandalösen Akt gesehen werden – ihre Mutter wäre mit Sicherheit entsetzt gewesen, doch Rhuna hatte nicht vor seine Seite zu verlassen. Seine stille Aufforderung sich neben ihn zu legen hatte ihr aus dem Herzen gesprochen und sie war ihr nur zu gerne gefolgt. Doch kurz nachdem sie es sich gemütlich gemacht hatte fiel ihr Blick auf den Tisch und sie seufzte.
„Du solltest erst einmal etwas zu dir nehmen. Ich habe dir kaum etwas einflößen können…“, erklärte sie und richtete sich noch einmal auf. Durch ihren Kopf huschten ein paar Erinnerungen ihrer letzten gemeinsamen Nacht. Yedan hatte so vieles nicht mitbekommen, doch das war wohl gut so.
„Willst du dich auch umziehen? Ich glaube nicht, dass du mich noch mal dazu bekommen wirst aufzustehen, wenn ich erst einmal eingeschlafen bin.“, fügte Rhuna schmunzelnd hinzu.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Sonntag 18. September 2022, 14:21

Was auch immer die Gründe für das seltsame Verhalten von Halbelf und Magier sein mögen, sie wurden vorerst nicht mit wehenden Fahnen aus dem Dorf gejagt. Farun mochte zwar keine Freudentänze aufführen als er das Krankenlager betrat, doch ablehnend wurde er auch nicht. Einzig die Temperatur im Raum, schien sich um einige Grad abzukühlen. Auf Rhuna’s Vermutung, dass Avalinn die anderen in Kenntnis gesetzt hatte, nickte der Magier schlicht. Es lag nahe und war auch kein Geheimnis. Umso schöner eigentlich die Tatsache, dass man an Yedan trotz allem dachte und ihm Sachen, sowie Nahrung zukommen ließ. Ob das Farun’s Ideenkopf entsprang? Vermutlich steckte eher Lorna dahinter. Die Ehefrau des Elfen zeigte sich weitaus herzlicher und umgänglicher, auch wenn Farun Rhuna nie den Anlass gegeben hatte, ihn nicht zu mögen. Er war nur einfach eher ruhigerer Natur und direkt. Zudem schien er damit völlig in Frieden zu leben, sich nicht in Begebenheiten einzumischen. Oder lag das an etwas anderem? Sein Einschreiten ins Gespräch hatte etwas Absolutes gehabt. Wusste er doch mehr? Jetzt jedoch verließ er das Zimmer und die Atmosphäre hatte wieder Platz, sich in warme Gefilde zu entfalten. Yedan und Rhuna setzten da an, wo sie vor dem schrecklichen Bärenangriff aufgehört hatten. Sie plänkelten miteinander und teilten flüchtige so wie gezielte Berührungen miteinander. Es war verwirrend, insbesondere für die unerfahrene Elfe. Rhuna hatte in Shyána Nelle geglaubt, nicht in der Lage zu sein, überhaupt romantische Gefühle empfinden zu können. Nun zeigte sich, seit sie dem Jäger begegnet war, dass es einfach nur nicht die richtige Person war. Denn Yedan verstand es sehr wohl, ihr Herz zum Galopp zu bewegen. Auf eine ganz eigene und unbekümmerte Art und Weise. Noch waren sie am Anfang von etwas Namenlosen, doch würde Yedan so weiter machen, wäre seine Sorglosigkeit gewiss irgendwann ein Problem. Doch Probleme gab es seit geraumer Zeit wie Sand am Meer und Rhuna wollte vorerst nicht mehr lösen als unbedingt nötig. Deshalb entschied sie sich auch dagegen, Yedan direkt nach dem Grund seiner Verbannung zu fragen. Die Elfe verstand es, sich selbst und ihre Neugierde zurückzunehmen, um ihnen allen etwas Frieden zu schenken. Auch der Halbelf schien damit einverstanden zu sein. Dass sie derweil erfahren hatte, dass er offenbar einen Mord beging, dass ahnte er nicht. Wie er wohl reagierte, wenn er es erfuhr? Ihm lag etwas an ihr, das blieb unbestritten. Allerdings fiel es ihm deutlich leichter, sich um Rhuna zu kümmern, als es andersherum zu genießen. Also rutschte er beiseite, machte ihr Platz und lud sie ein, sich neben ihn zu legen. Auf eine äußert uncharmante Art und Weise, die sie dennoch zum Lächeln brachte. Und zum Antworten. „Was ein Kompliment – ich wette so lockst du jede Frau in dein Bett!“, Yedan hielt in seinem ungelenken Versuch inne, ihr etwas Platz zu schaffen und sah zu ihr auf. „Was?!“, hakte er nach und wirkte mit einem Mal für eine einzelne Sekunde sichtlich verlegen. „So habe ich das ni“-, setzte er an, doch dann wandelte sich sein Ausdruck und er bekam etwas Schalkhaftes. „Funktioniert es denn?“, forderte er sie heraus und musste nicht lange auf die Antwort warten, als sie sich tatsächlich neben ihn legte. Yedan lächelte zufrieden. Doch noch bevor er es sich ebenfalls gemütlich machen konnte, richtete sich Rhuna schon wieder auf. „Du solltest erst einmal etwas zu dir nehmen. Ich habe dir kaum etwas einflößen können…Willst du dich auch umziehen? Ich glaube nicht, dass du mich noch mal dazu bekommen wirst aufzustehen, wenn ich erst einmal eingeschlafen bin.“

Der Halbelf musterte das Tablett, welches auf dem Tisch stand. „Ich schätze, ich könnte etwas vertragen…“, murmelte er und wusste nichts darüber, wie Rhuna ihm überhaupt etwas eingeflößt haben könnte. Als fiele es ihm just in diesem Moment ein, wechselte sein Blick zu ihr: „Moment Mal… wie hast du eigentlich etwas einflößen können? Ich war doch… bewusstlos?“, hakte er nach und musterte ihr Gesicht. Doch ob Rhuna antwortete oder sich auf die Zunge biss, Yedan würde durchaus etwas von dem Eintopf essen. Danach allerdings konnte Rhuna feststellen, dass der Elf trotz allen Lebens, welches in ihn zurückgekehrt war, noch etwas geschwächt wirkte. Das Sprechen und Essen hatten ihm viel seiner Kraft geraubt, sodass ihm danach immer mal die Augen zufielen. Das Waschen und Umziehen, würde er wohl nicht mehr schaffen und auch Rhuna konnte deutlich die Müdigkeit spüren, die ihr nun mehr und mehr zusetzte. Es wurde Zeit, sich endlich die verdiente Ruhe zu gönnen. Sie brauchte nun, nach den Worten der Heilerin, keine Angst mehr davor zu haben, dass er nicht aufwachen würde. Yedan sah sehr viel besser aus, die Blässe wich mehr und mehr seiner natürlichen Bräune und auch die Wunden nahmen stetig eine gesündere Form an. Der Halbelf hatte sich etwas mit dem Oberkörper gegen das Kopfende des Bettes gelehnt, während er aß, nun aber sank er selig in einen scheinbaren Schlaf. Er hatte die Augen zufallen lassen und ruhte binnen Sekunden. Ein tiefer Atem folgte, sodass sie sicher sein durfte, dass er schlief und nicht einen Rückfall erlitt. So lange, bis sich Rhuna selbst ins Bett legte. Erst dann rutschte Yedan ein Stück tiefer und lag in ihrem Rücken. Er berührte sie nicht, doch er war zweifelsohne da. Sie konnte seine Wärme fühlen und seinen Atem, ganz zart an ihrer Haut fühlen. Bevor sie allerdings beide in eine gewisse Tiefe fielen, ertönte abermals die dunkle Stimme des Jägers: „Mir ist übrigens aufgefallen, wie hübsch du aussiehst… doch das kommt nicht durch die faltenfreie Kleidung…“, murmelte er schläfrig ein echtes Kompliment, bevor er dann endgültig in einen erholsamen Schlaf sank. Beide schliefen ungestört. Sie wurden nicht behelligt, weder von Geräuschen noch einem wütenden Mob, der Yedan aus dem Haus jagen wollte. Als Rhuna die Augen öffnete, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Die Luft drang kühler durch das geöffnete Fenster, die Kerzen waren gelöscht. Offenbar hatten sie den halben Tag und die Nacht verschlafen. Himmel, war das nötig gewesen! Als Rhuna sich mehr dem Raum bewusst wurde erkannte sie, dass Yedan bereits aufgestanden war. Er trat gerade in den Raum zurück und stand in einer neuen Hose, Oberkörperfrei vor ihr. Mit beiden Händen rubbelte er gerade mit Hilfe eines Handtuchs seine dunklen Haare trocken und schien sich gerade gewaschen zu haben. Er sah gut aus. Abgesehen von seinen Muskeln und seiner generellen Optik, wirkte er vital und gesund. Seine Wunde am Bauch war nur noch eine Ahnung, ein roter Streifen der sicher eine Narbe bleiben würde doch ansonsten abgeheilt aussah, dort wo Rhuna und dann Avalinn ihn genäht hatten. Die Wunde am Hals war kaum sichtbar. Das Eon hüpfte in Rhuna’s Blickfeld und pfiff leise in ihre Richtung. Es begrüßte sie und auch ihm schien es deutlich besser zu gehen. „Guten Morgen! Oder… Mittag?“, begrüßte der Elf sie und ließ das Handtuch über seine Schultern fallen, als er sich mit einer Hand die Zotteln aus dem Gesicht strich, wie er es öfter tat. „Wie fühlst du dich? Konntest du gut schlafen?“, wollte er wissen und lächelte entwaffnend, als wäre nie etwas gewesen.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 18. September 2022, 17:28

Endlich hatte sie es auch einmal geschafft Yedan in Verlegenheit zu bringen. Durchaus zufrieden betrachtete sie sein Mienenspiel und den Versuch das ‚Missverständnis‘ aufzuklären. Ihre Lippen kräuselten sich bei dem Versuch ihre ernsthafte Miene aufrechtzuhalten – vergeblich. Ihre Grübchen kamen zum Vorschein und ein amüsierter Laut war von ihr zu vernehmen.
„Funktioniert es denn?“, fragte der Halbelf herausfordernd, woraufhin Rhuna gespielt die Antwort abzuwägen schien. „Ich weiß nicht so recht…! Lórges hat sich ein wenig besser darauf verstanden sich blumig und in Versformen auszudrücken…und er war durchaus beliebt.“, erwähnte Rhuna, rutschte dann aber neben ihn und schob den Kopf etwas in den Nacken, um ihn lächelnd anzusehen. „Aber offensichtlich liegt mir deine Art viel mehr.“ Für einen Moment kehrte Gemütlichkeit ein, eine lang ersehnte Ruhe und die Elfe hätte zu gerne weiter dem Austausch kleiner Zärtlichkeiten gefrönt. Doch war dies überhaupt gut? Rhuna war erfüllt von Glücksgefühlen darüber, dass Yedan noch lebte. Sie genoss die Nähe und Berührungen des Sariers, doch drohten ihre Gefühle sie stets mitzureißen und eine Grenze zu verwischen, die Rhuna sich selbst zuliebe aufrechterhalten sollte.
Doch an diesem Abend erinnerte sie sich nicht mehr daran. Das Einzige, was das gemütliche Beieinanderliegen zu unterbrechen vermochte war, als Rhuna sich an die Verpflegung erinnerte, die Farun Yedan extra gebracht hatte. Und auch der Halbelf schien von der Idee nicht abgeneigt zu sein etwas zu sich zu nehmen.
„Ich schätze, ich könnte etwas vertragen…“, murmelte er, woraufhin sich Rhuna noch einmal erhob und das Tablett vorsichtig auf seinem Schoß abstellte. In einer Schale war etwas von Lornas leckerem Gemüseeintopfs, der zuvor auch ihren Magen erwärmt hatte.
„Faruns Frau Lorna … ich weiß nicht ob du sie kennst… hat den Eintopf gemacht. Sie ist wirklich eine liebevolle Seele.“, erklärte die junge Elfe und lächelte bei dem Gedanken an ihre Gastgeberin, die wie eine Mutter zu ihr gewesen war. Obwohl sie solch ein mütterliches Verhalten von Celest nie kennengelernt hatte.
Rhuna ließ Yedan essen, dem ihre vorhingesprochenen Worte wohl noch immer durch den Kopf gingen. Denn er ging noch einmal darauf ein: „Moment Mal… wie hast du eigentlich etwas einflößen können? Ich war doch… bewusstlos?“, hinterfragte er das in seinen Augen Unlogische. Ihre Blicke trafen sich kurz und sie hob lediglich kurz die Schultern.
„Es gibt mehrere Methoden, die in der Regel stets mit der Ausrüstung und den Ressourcen zusammenhängen. Ich kann dir gerne mal darüber etwas beibringen…“, sagte sie ausweichend. „Schmeckt dir der Eintopf?“, schob sie die Frage direkt hinterher und lächelte leicht. Warum Rhuna Yedan nicht alles erzählt hatte lag auf der Hand. Sie wollte nicht, dass darin zu viel hineininterpretiert wurde. Denn tatsächlich sah sie es selbst recht zweckmäßig und nicht als Kuss. Es war nicht so, dass ihr die Verwandtschaft der Berührungen entging und natürlich brachte es sie ein wenig in Verlegenheit – zumindest im Nachhinein. Vielleicht kam er selbst eines Tages darauf, oder es würde einfach in Vergessenheit geraten.
Langsam aber sicher, schien die Müdigkeit den Sarier in seinen Bann zu ziehen. Seine Bewegungen beim Essen wurden immer langsamer und Rhuna fühlte sich bei dem Anblick an den eines kleinen Kindes erinnert, das über dem Mittagstisch einzuschlafen drohte. Ein sanfter Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht, während sie ihn betrachtete. Als ihm die Augen feste zufielen, nahm sie vorsichtig das Tablett von seinem Schoß, stellte es auf den kleinen Tisch zurück und stieg vorsichtig zurück ins Bett. Achtsam hob sie die Decke, die Am Fußende gefaltet lag und breitete sie über ihren beiden Körpern aus. Von den Bewegungen wurde Yedan wohl noch einmal geweckt, denn er rutschte in eine gemütlichere Position und legte sich nahe ihres Rückens zugewendet.
Unter der Decke gefangen, verteilte sich schnell ihre Körperwärme und förderte noch zusätzlich die Schläfrigkeit, die beide Elfen schon lange Zeit in sich trugen und herauszögerten.
Langsam schlossen sich Rhunas Lider und sie war kurz davor ebenfalls einzuschlafen, als die Stimme des Jägers noch einmal erklang.
„Mir ist übrigens aufgefallen, wie hübsch du aussiehst… doch das kommt nicht durch die faltenfreie Kleidung…“, murmelte er schläfrig und bevor er in einen heilsamen Schlaf glitt. Von dem plötzlichen Kompliment überrascht, sah Rhuna noch einmal über ihre Schulter zu ihm. Es war nicht das erste Mal, dass sie ein solches Kompliment bekommen hatte, doch bislang waren es lediglich Worte gewesen, die sie dankend entgegengenommen hatte, ohne sich groß darüber Gedanken zu machen. Bei Yedan lag die Sache anders – welche junge Frau würde sich nicht darüber freuen, wenn der Mann, zu dem man sich hingezogen fühlte, ihr solch ein Kompliment machte.
Es war vielleicht gut, dass er eingeschlafen war. So kam keine Verlegenheit auf. Lächelnd drehte sie sich einmal, so dass sie ihm zugewandt auf dem Bett lag. Sie beugte sich sachte vor und berührte ganz leicht und zaghaft seine Wange mit ihren Lippen.
„Lórges hat gegen dich wirklich keine Chance…!“, flüsterte sie, ehe sie sich wieder umwandte und selbst in einen erholsamen und tiefen Schlaf glitt.
Das morgendliche Gezwitscher der Vögel vermochten es nicht die beiden Elfen zu wecken. Yedans Körper brauchte dringend Erholung für die Heilung und auch Rhunas erschöpfte Glieder waren dankbar sich einige Stunden nicht mehr groß rühren zu müssen. Doch nach ein paar weiteren Stunden tauchte sie auch ihrem Schlaf auf und öffnete langsam die Augen. Die Sonne schien hell ins Zimmer hinein und der Wind tanzte mit den Gardinen. Ein tiefes Luftholen war zu hören und sie streckte sich leicht aus, wobei ihre Hand neben sie fiel, wo Yedan hätte liegen müssen. Doch der Halbelf hatte das Bett bereits verlassen. Das etwas knittrige Laken war bereits ausgekühlt und aufmerkend sah sich die junge Frau nach ihm um.
„Yedan?“, fragte sie und richtete sich auf, während sich zeitgleich die Türe öffnete. Aufkeimende Sorge konnte sich gar nicht entwickeln. Der ‚Morgen‘ begann für die Brünette mit keinem allzu schlechten Anblick, als der Gerufene gewaschen, in eine neue Hose gekleidet und wie stets Oberkörperfrei den Raum betrat.
„Guten Morgen! Oder… Mittag? Wie fühlst du dich? Konntest du gut schlafen?“ fragte er, während er sich mit einem Handtuch die nassen Haare trockenrubbelte, so dass sie ihm zerzaust vom Kopf abstanden. Der Anblick alleine machte dem Sonnenschein ziemliche Konkurrenz. Als sie sein ganz eigenes Lächeln traf ließ sie sich mit einem resignierenden Seufzen zurückfallen und zog die Decke über ihren Kopf.
„Guten Morgen…!“, brummte Rhuna leise und durch die Decke gedämpft ihm entgegen. Offensichtlich erlebte die Elfe ihren ersten Frühling, denn obwohl sie sich längst an seinen Anblick gewöhnt hatte, besaß er doch eine gewisse Macht über sie, die dazu führte, dass sich in ihrem Körper ein Kribbeln ausbreitete. Und das nicht überall…
Sich sammelnd schob die Elfe die Decke von ihrem Kopf und richtete sich erneut auf. „Sollte dir nichts Gegenteiliges aufgefallen sein, habe ich geschlafen wie ein Stein.“, erklang ihre Stimme bemüht etwas munterer. Florencia sei Dank hatte sie tatsächlich keine Träume durchlebt, in denen sie die Erlebnisse der vergangenen Tage verarbeitete. Vielleicht würde das noch kommen…
Das kleine Eon war bereits putzmunter und hüpfte in ihr Blickfeld. Lächelnd hob es Rhuna hoch und streichelte das samtigweiche Köpfchen.
„Guten Morgen mein Kleiner! Dir scheint es auch wieder richtig gut zu gehen!“, bemerkte die Elfe etwas lachend, als das Tierchen auf ihre Schulter Hüpfte und sich nah an ihren Hals schmiegte. Der flauschige Schwanz wog hin und her und kitzelte ihre empfindliche Haut, was sich in Rhunas Miene abzeichnete.
Ihr Blick wanderte zurück zu dem hübschen Sarier. Sie schob sich vom Bett und kam leichtfüßig auf ihn zu. „Wie geht es dir?“, fragte sie gleich und begann jede seiner Wunden, die kaum mehr vorhanden waren, sorgsam zu betrachten. Ihre Finger berührten seine Haut, erforschten sachkundig den Heilungsprozess, der unglaublicher Weise schon fast abgeschlossen zu sein schien. Fasziniert strich sie sachte über die lange, sich bildende Narbe an seinem Bauch, die sich bis zu seinem Hosenbund erstreckte.
„Es ist wirklich… nicht zu glauben.“, murmelte sie mehr zu sich, als zu ihm, ehe sie sich löste und aufrichtete, da sie sich für das betrachten leicht vorgebeugt hatte. Das kleine Eon gab einen flötengleichen Ton von sich, als wäre auch er darüber erstaunt.
Rhuna hob den Blick und lächelte ihm glücklich entgegen. Es war ein so schönes Gefühl gerade keine schlimmen Sorgen haben zu müssen. Doch ein Laut, der durch die Türe kam, erinnerte sie daran wo sie waren. Im Waldmenschendorf – in der Heimat, in der Yedan eigentlich nicht länger willkommen war. Ihre glückliche Miene schwächte ab.
„Warst du schon unten, oder bist jemandem begegnet?“, fragte Rhuna und kehrte noch einmal zum Bett zurück, um das Kissen und die Decke ordentlich auszuschütteln und zum Lüften über das Bettende zu legen. Sollte sie Yedan wissen lassen, was sie herausgefunden hatte? Sie war sich unsicher, wie er reagieren würde.
„Was… denkst du wie es nun weitergehen wird? Meinst du wir können etwas bleiben?“, fragte sie und umging das Thema damit noch eine Weile. Sie drehte sich zu ihm um. Eine leichte Sorge konnte sie ihrem Blick nicht fernhalten.
Ob er sich ihr anvertrauen würde? Rhuna wusste ja, dass er alles mit sich selbst ausmachen wollte und es gewohnt war, sich nur auf sich zu verlassen.
„Farun und Lorna sind wirklich sehr nett. Ohne Farun wäre es mir nie gelungen dich hierherzubringen. Wenn du willst… erzähl ich dir alles…?“ Es war ein Versuch sich an sein Geheimnis heranzutasten. Ihm mitzuteilen, dass er trotz seiner Verbannung von diesen Leuten Hilfe erhalten hatte. Verbarg sich darin keine Hoffnung?
Ihn auf seine Familie anzusprechen traue ich mich erst gar nicht…, ging ihr der Gedanke durch den Kopf. Natürlich wunderte sich Rhuna darüber, dass noch niemand hier aufgetaucht war, um ihn zu sehen. War dies nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
Während die plapperte versuchte sie sein Mienenspiel zu lesen. Sorgte er sich? Litt er? Oder ließ er alles auf sich zukommen? Im Kapayu war er stets unbeschwert an alles herangegangen.

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Montag 19. September 2022, 20:48

„Lórges hat gegen dich wirklich keine Chance…!“, flüsterte Rhuna, während ihre Lippen einen sanften Kuss platzierten. Yedan aber war bereits ins Reich der Träume geglitten und spürte, wenn dann nur weit entfernt, die zärtliche Geste. Die Nacht verlief für beide Elfen eher ruhig und das war wirklich erholsam. Keiner von ihnen wurde von unliebsamen Erinnerungen geplagt oder von Plagegeistern heimgesucht. Sie durften Kraft tanken, sich erholen und ihre aufgewühlten oder verwundeten Seelen im Schutze der Göttin Manthala reinwaschen. Sie hatte ein Einsehen mit dem Erlebten der beiden, sodass der nächste Morgen – oder eher Mittag – ruhig und entspannt über sie hereinbrach. Lysanthor’s Licht hatte Mühe gegen die dichten Baumkronen anzukommen, schuf dadurch aber ein schönes Glitzern im Raum. Hier und dort brachen die Strahlen durch das Grün und drangen dann in das Zimmer, das inzwischen deutlich an Gemütlichkeit gewonnen hatte. Wer es nicht erlebt hatte, würde nicht davon ausgehen, dass es hier zuvor noch um Leben und Tod ging. Nichts deutete mehr darauf hin, denn als Rhuna ihre Augen öffnete, trat Yedan gerade in gewohnter Art und Weise durch die Tür. Und er sah gut aus, wie sie feststellen musste. Seine Wunden waren nur noch schwache Abbilder, sein Haar hing frisch gewaschen und ungebändigt in sein Gesicht, während seine Oberarme und Bauchmuskeln dem Handeln seiner Hände folgten. Himmel, war das unfair! Der Mann sah viel zu gut aus und verschaffte Rhuna gleich am Morgen den ersten schwachen Moment. Yedan sah sie lachend an, als sie sich unter der Decke verkroch. „Was ist das denn?“, grinste er und hing sich das Handtuch um den Nacken, um sie abwartend anzusehen. Sie schob sich unter der Decke hervor und ihre Antwort entlockte ihm ein weiteres Grinsen. Für einen Moment wurde die Elfe von dem Eon abgelenkt. Das kleine Tier gurrte in ihre Richtung, schmiegte sich in ihre Berührung und hob eine kleine Vorderpfote, als sie seine Genesung ansprach. Als würde es sie verstehen, blickte es fast schon mitleidig, als wolle es ihre volle Aufmerksamkeit bloß nicht wieder verlieren. Erst danach hüpfte es verräterisch munter auf ihre Schulter, um sich dort gleich niederzulassen. Offenbar hatte Rhuna nun ein Haustier! Ihre Aufmerksamkeit glitt jedoch wieder zu Yedan, der ihr den Moment mit dem Eon gönnte und sich inzwischen das Handtuch wieder vom Hals gezogen hatte. Er legte es gerade beiseite, als sie mit einem Mal vor ihm stand, um seine Wunden zu begutachten. Yedan hielt in seiner Bewegung inne und hatte die Arme erhoben, da sie so unvermittelt nach ihm griff. Er sah auf ihren braunen Schopf hinab und schürzte amüsiert die Lippen.
„Es ist wirklich… nicht zu glauben.“, er grinste lausbübisch auf „Glaub‘ es ruhig, Schätzchen, das ist alles echt!“, schnurrte er, auch wenn er sie lediglich ärgern wollte. Und natürlich auf seine Muskeln anspielte. Er lachte erfrischend auf, denn dass er es überhaupt konnte, war wahrlich ein Wunder. Zumindest für Rhuna. Als wäre nichts gewesen, gab er sich ihr gegenüber ebenso offen und zeitgleich neckend. Balsam für die erschrockene Seele. Der unbeschwerte Moment erhielt einen Dämpfer, als Rhuna ihn nach den weiteren Bewohnern des Hauses fragte. „Warst du schon unten, oder bist jemandem begegnet? Was… denkst du wie es nun weitergehen wird? Meinst du wir können etwas bleiben?“ Yedan ließ seine Arme sinken und sah ihr nach, als sie zum Bett zurückging, um es aufzuschütteln. Er dachte einen Moment nach und schüttelte den Kopf. „Nein, niemandem. Wie es weitergehen wird?“, er räusperte sich und Rhuna grätschte noch mal in seine Pause hinein: „Farun und Lorna sind wirklich sehr nett. Ohne Farun wäre es mir nie gelungen dich hierherzubringen. Wenn du willst… erzähl ich dir alles…?“ Yedan folgte Rhuna ein wenig zum Bett und stützte sich, während sie die Kissen aufschüttelte, auf das Fußende. „Ich kenne Farun und Lorna.“, fing er plötzlich an und seine Finger gruben sich in das Holz. „Sie… sind nett, du hast Recht.“, bestätigte er und wirkte dennoch etwas reserviert. Etwas arbeitete in ihm und er schien einen Moment in einer Erinnerung gefangen. „Ich weiß nicht recht, wie es weitergeht, Rhuna. Ich schätze, man wird mich wieder verweisen, sobald sie sehen, dass es mir besser geht.“, murmelte er und stieß sich vom Bett ab, um sich langsam auf das Fenster zuzubewegen. Er schaute nach draußen und wenn sie nachschaute, würde sie erkennen, dass sein Gesicht eine gewisse Sehnsucht spiegelte. Das war er sah, war seine Heimat. Das konnte man nicht abschütteln und leugnen. Auch wenn er bereits seit vielen Jahren nicht mehr unter den Menschen und Elfen lebte, waren es dennoch seine Wurzeln. „Sie werden nicht dulden, dass ich hierbleibe, Rhuna.“, begann er dann leise. „Ich schätze…dass wir uns dann außerhalb treffen müssen, um deinen Bogen zu besorgen…“, setzte er an, einen Plan auszumachen, doch in diesem Moment klopfte es zaghaft an der Tür. Yedan wandte sich um, während auch das Eon aufhorchte. „Rhuna?“, erklang die Stimme der Hausdame, Lorna. „Bist du wach?“, wollte sie wissen und wartete noch mal einen Moment. „Du… du warst nicht in deinem Zimmer, ist alles in Ordnung?“, fragte sie und Rhuna konnte durchaus erkennen, dass die gute Seele besorgt um sie war. Yedan sah von der Tür auf Rhuna und wieder zurück. Er lächelte ihr warm zu und nickte. Sie konnte die Tür öffnen, wenn sie wollte. Oder aber sie wartete noch etwas damit. Vielleicht gab es jetzt doch einen Moment, in dem sie endlich erfahren könnte, was es mit Yedan’s Vergangenheit auf sich hatte.
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Montag 19. September 2022, 23:15

Yedans Lachen erfüllte den Raum, der plötzlich voller Leben war. Nach dem gestrigen Tag hätte man eine solch heitere Stimmung wohl eher nicht vermutet, wenn man den Ausgang nicht mitbekommen hatte.
„Was ist das denn?“, hörte Rhuna die amüsierte Frage des Sariers, als sie sich zurück unter die Bettdecke verkroch, um an diesem frühen Morgen – ungeachtet der realen Zeit, seinem viel zu guten Anblick noch einen Moment länger zu entgehen. Die Elfe war dabei ihr Herz zu verlieren und schien sich doch ein klein wenig wappnen müssen, bevor sie ihrem halbentblößten Schwarm gegenübertreten konnte. War es eigentlich normal, dass der Klang seines Lachens sie so glücklich machte? Nun, vielleicht, wenn man bedachte, dass sie dieses beinahe nie wieder zu hören bekommen hätte.
Nach einem Augenblick zog sich Rhuna die Decke wieder vom Kopf und sah Yedan nur einen Moment an, bevor sie das kleine Eon, das scheinbar nicht so schnell von ihrer Seite weichen würde, begrüßte. Es hatte noch immer keinen Namen, doch nachdem sie es eine Weile betrachtete schien ihr ein erster Einfall zu kommen.
„Was hältst du von Jún (dʒún)?“, fragte sie mit einem neugierigen Funkeln in den Augen, als sie dem flauschigen Tierchen, das auf ihrer Schulter gesprungen war, einen seitlichen Blick zuwarf. Die kleinen Ohren stellten sich auf, doch Rhuna konnte nicht ernsthaft wissen, ob es sie tatsächlich verstanden hatte. Es zwitscherte fröhlich, doch ob es den Namen wirklich annehmen würde, würde sich wohl erst mit der Zeit zeigen.
Schnell erregte Yedan wieder ihre Aufmerksamkeit. Sie wollte einen genaueren Blick auf seine Wunden werfen, was man der Elfe wohl kaum verübeln konnte, nachdem sie diese erst Stunden zuvor, unter stetig fließendem Blut, versucht hatte, nur mittels eines Kettenglieds zu nähen.
Der Halbelf wurde quasi überrumpelt, so schnell war sie bei ihm und versicherte sich, dass keine Infektion aufgetreten, oder andere Komplikationen aufgetreten waren. Die frisch gewaschene Haut des Sariers wies keine Anzeichen mehr auf, die vom Angriff eines Bären zeugten, wenn man von dem rötlichen Strich über seinem Bauch absah, der einzig als Narbe zurückbleiben würde. Die rötliche Haut zeugte von einer frisch verheilten Wunde, wo sich die Haut neu gebildet hatte. Diesen Heilungsprozess hätten sie auf normalem Wege erst Wochen später erreicht.
Fasziniert strichen ihre Finger sanft über die Stelle. „Es ist wirklich…nicht zu glauben.“, machte die Elfe ihrem Erstaunen Luft, was Yedan in eine völlig andere Richtung zu interpretieren verstand. „Glaub‘ es ruhig, Schätzchen, das ist alles echt!“ Mit schnurrender Stimme gesprochen drangen seine Worte an ihr Ohr. Rhuna hielt in ihrer Bewegung einen Moment inne, ehe sie den Blick hob und den deutlich größeren Elfen mit einer überraschten Belustigung ansah. „Schätzchen?“, wiederholte sie und lüpfte eine Augenbraue. So hatte der Jäger sie noch nie genannt und die Art und Weise, wie er es gesagt hatte, heftete ihm eine völlig neue Aura an. Yedan wusste also, dass er gut aussah und dass er durchaus eine Wirkung auf Frauen besaß. Zumindest schien er sich dessen bewusst zu sein.
Rhuna musste lachen, als er sich ihr auf diese neue Art präsentierte. „Wie sollten sie auch unecht sein?“, fragte sie amüsiert und genoss einfach ihre unbelastete und ausgelassene Art, wie sie miteinander umgingen – ja eigentlich miteinander tändelten. Sie schnipste gegen seine Bauchmuskeln, ehe sie sich, leicht kopfschüttelnd von ihm entfernte, um das Bett aufzuschütteln.
Ein nicht ganz so heiteres Thema wurde von der Elfe angeschnitten: Ihr Aufenthalt im Dorf. Würden sie bleiben dürfen? Yedan schien der Überzeugung zu sein, dass sie seine Gegenwart nicht länger tolerieren würden, wo er nicht länger in Lebensgefahr schwebte.
„Ich kenne Farun und Lorna. Sie… sind nett, du hast Recht.“, bestätigte er und gab ihr einen neuen kleinen Einblick. Nachdem die Decke über dem Fußende platziert war hob die junge Frau ihren Blick und sah zu ihm hinüber. Yedan stand am Fenster und sah mit schmerzhafter Sehnsucht auf die vertraute Umgebung seiner Heimat. Diesen Blick hatte sie schon einmal gesehen und schon damals hatte er ihr einen tiefen Stich im Herzen verursacht. Wie musste er sich da erst fühlen?
„Ich weiß nicht recht, wie es weitergeht, Rhuna. Ich schätze, man wird mich wieder verweisen, sobald sie sehen, dass es mir besser geht.“, murmelte er und gab vielleicht mehr an Informationen heraus, als er eigentlich beabsichtigt hatte. Ohne den Blick von ihm zu nehmen nahm sie am Rand des Bettes Platz und beugte sich leicht vor, so dass sie sich mit den Armen auf den Beinen abstützen konnte. Ihre braunen Haare fielen ihr von einer Seite über die Schulter und wippten leicht, als die lockige Struktur in Bewegung geriet. Den Schmerz, den dieser Ort für ihn bedeutete, da er nicht bleiben durfte oder willkommen war, konnte Rhuna ihm leider nicht nehmen, so gerne sie es getan hätte. Und mildern…? Sie war sich nicht sicher, wie sie es könnte, ohne seine Schutzschilde wieder aufzurichten.
„Sie werden nicht dulden, dass ich hierbleibe, Rhuna.“, begann er dann leise und sie hielt für einen Moment die Luft an. Sollte sie ihm sagen, was sie wusste? Würde er ihr dann erzählen, was passiert war, oder würde er sich ihr erneut entziehen? Trotz allem, was sie miteinander erlebt und durchgemacht hatten, vertraute er ihr überhaupt? Sie konnte sich dessen keineswegs sicher sein, was ihr wiederum das Herz erschwerte.
Rhuna schwieg. Ihr Schweigen war lauter als ein Satz, denn dass sie keine Fragen stellte, schien bereits zu beweisen, dass diese Neuigkeit im Grunde nichts wirklich Neues mehr war.
„Ich schätze…dass wir uns dann außerhalb treffen müssen, um deinen Bogen zu besorgen…“ Bereits Pläne schmiedend seufzte sie leise und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
„Wieso denkst du, dass ich bleibe, wenn du hier nicht willkommen bist?“, fragte sie und ihr Tonfall bekam etwas rigoroses. Nein, sie kannte keine Umstände und Details. Sie wusste nicht, was passiert war, doch es konnte in ihren Augen nicht gerecht sein. Waren die vergangenen Jahre nicht Strafe genug gewesen? Selbst die Götter schienen seinen Wert erkannt zu haben und hatten ihn nicht sterben lassen.
„Yedan, ich weiß…“, begann sie, doch ein zaghaftes Klopfen an der Türe unterbrach ihren Satz. Die violetten Augen huschten zu der, von dezenten Schnitzereien verzierten Türe. Das kleine Eon gab einen flötengleichen Ton von sich und alle schienen von Thema abgelenkt zu sein.
„Rhuna? Bist du wach?“ Lornas Stimme drang zu ihnen hindurch. Angesprochene wandte ihren Blick von der Türe zu Yedan, um dessen Reaktion zu sehen. „Du… du warst nicht in deinem Zimmer, ist alles in Ordnung?“ Die besorgte Stimme und die lieben Worte lösten in Rhuna ein schlechtes Gewissen aus. Die Menschendame hatte sich rührend um sie gekümmert und hatte nicht nur dafür gesorgt, dass ihr Leib versorgt war, sondern hatte auch ihre Seele getröstet, als die Elfe noch um das Leben ihres Gefährten hatte bangen müssen.
„Es geht mir gut! Einen Moment…!“, antwortete Rhuna und ging, nachdem sie mit Yedan ein Lächeln ausgetauscht hatte zur Türe. Natürlich waren sie in ihrer Unterhaltung gestört worden, doch Antworten würde sie sicher bekommen. Vielleicht verzögerten sie sich auch nur um ein paar Minuten.
Als sie ihre Hand um den Türknauf legte stoppte die Elfe allerdings. Lorna hatte mit Sicherheit entdeckt, dass ihr Bett völlig unberührt war und sie die Nacht hier bei Yedan verbracht hatte. Eine leichte Röte kroch ihr nun doch in die Wangen und ihr Griff um den Knauf wurde etwas fester. Es war nicht die erste Nacht, die sie nahe bei dem Sarier verbracht hatte und bisher hatte sie sich keine Gedanken darübergemacht. In den Wäldern waren sie unter sich gewesen, doch nun waren sie … unter Leuten. Und sie mochte sich nicht wirklich mit den sarischen Sitten auskennen, doch sie glaubte nicht, dass sich diese großartig von anderen unterschieden. Noch einmal kehrte ihr Blick zu Yedan. Es lag Unsicherheit darin und noch etwas anderes, was man nur schwer deuten konnte.
Nun macht es auch keinen Unterschied mehr …, schloss sie in Gedanken und öffnete die Türe. Mit einem ehrlichen Lächeln blickte sie Lorna entgegen und gab ihr den Zutritt ins Zimmer, wie auch den Blick auf Yedan frei.
„Lorna, verzeiht! Wir haben den Tag wohl … halb verschlafen.“, sagte Rhuna mit einem entschuldigenden Unterton. Sie sah von ihrer Gastgeberin zu Yedan und deutete dann auf ihn.
„Ihr hattet recht mit Avalinn. Sie hat ihm nicht nur das Leben gerettet – ihre Magie hat geheilt!“ Die junge Elfe spürte eine gewisse Nervosität in sich aufsteigen. Was würde nun passieren? Wie würden die beiden aufeinander reagieren? Ähnlich unterkühlt wie zuvor Farun und Yedan? Eigentlich schätzte sie Lorna ganz anders ein, aber ihr Mann hatte kein Geheimnis darum gemacht, dass er die Vergangenheit des Jägers nicht vollends außer Acht ließ.
Rhuna trat an die Seite ihres Sariers. Jún schaute Lorna mit neugierigem Blick entgegen und schnupperte in ihre Richtung.
Niemand konnte leugnen, dass man der Elfe ansah, wie glücklich sie eigentlich war - doch in ihrem Blick lag auch wachsende Sorge, die das Wissen, das ihr Lorna gegeben hatte, verursachte. Sie würde zu gerne... bleiben, doch kannte sie nun den Grund wieso dies nicht ging.
Der gestrige Abend hatte ihr einen Einblick in das 'Familienleben' ihrer Gastgeber geschenkt, den sie unter anderen Umständen sehr genossen hätte. Sie würde sich etwas Ruhe und Sicherheit wünschen, doch wenn nur für sie beide. Denn so schnell würde man Rhuna nicht dazu bewegen können Yedan alleine zu lassen.
„Es tut mir leid, dass ich gestern nicht noch einmal zu euch gekommen bin…!“
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Samstag 24. September 2022, 17:24

Es war schon erstaunlich, dass sich Yedan und Rhuna soweit verstanden, dass eine gewisse Vertrautheit nicht mehr wegzudenken war. Sie kannten sich erst ein paar wenige Tage und dennoch harmonierten die beiden Elfen, als würden sie sich bereits ihr halbes Leben kennen. Vermutlich war das auch einer der Gründe, weshalb es Rhuna so schwerfiel, dem Sarier und seiner charmanten Art neutral gegenüberzutreten. Er hatte sie ganz selbstverständlich mit seinem Wesen eingenommen und das drohte sie in ein echtes Gefühlschaos zu stürzen. Jetzt jedoch war Rhuna nur froh, dass der Elf sein Lachen noch so präsentieren konnte. Der Raum wirkte längst nicht mehr kühl und leblos und man verstand vielleicht, dass der Eindruck viel mit dem eigenen Empfinden zu tun haben konnte. Ähnlich wie ihr eigenes Gästezimmer und das gesamte Haus, war auch dieses Zimmer gemütlich hergerichtet und bot einen gewissen Komfort, der aber nicht überkandidelt wirkte. Nachdem sich Rhuna aus dem Bett gequält hatte, zog es sie zu Yedan, um sich den Fortschritt seiner Genesung genauer ansehen zu können. Ihre Nähe lockerte seine Zunge erheblich, sodass er sich zu einem Ausspruch hinreißen ließ, der ihr so einige Dinge klarmachte. Yedan wusste, um seine Wirkung. Und er wirkte recht souverän in seinem Ausspruch, so als hätte er ein gewisses Selbstbewusstsein hinzugewonnen. Vielleicht lag das an dem Umstand, dass sie in seinem Heimatdorf waren – ganz gleich, ob er willkommen war oder nicht. In diesem kleinen Bereich war er es in jedem Fall. Auch das Eon, welches Rhuna nun Jún getauft hatte, gehörte offenbar dazu, denn es kuschelte sich in das noch warme Laken der Shyáner, während sie gerade als kleine Retourkutsche gegen seine Muskeln schnippte. Er zuckte und rieb sich anschließend die Stelle, während er ihr nachsah. „he!“, kam nur von ihm, dann grinste er aber. In Rhuna’s Rücken folgten ihr dunkle Augen, die vielleicht auch mal etwas zu tief rutschten, sich dann aber eines Besseren besannen. Während sie das Bett aufschüttelte, trat Yedan zum Fenster und schaute hinaus. Seine Worte, die folgten, bargen den schmerzliche Vergangenheit, die er erlebt hatte und als sie dazu schwieg, wandte er nur kurz den Blick zur Seite, sah sie aber nicht an. Er schien zu bemerken, dass sie offenbar nicht so überrascht war, wie er angenommen hatte. Allerdings ging er darauf nicht weiter ein, sondern unterbreitete ihr seinen Plan, den sie mit einem Seufzen kommentierte. „Wieso denkst du, dass ich bleibe, wenn du hier nicht willkommen bist? Yedan, ich weiß…“, versuchte sie sich zu erklären, als Lorna die Zweisamkeit störte. Auch Yedan wandte sich halb um, als Rhuna zur Tür ging, um sie zu öffnen. „Lorna, verzeiht! Wir haben den Tag wohl … halb verschlafen.“, entschuldigte sie sich und die Dame des Hauses lächelte sie mit liebevoller Wärme an. „Natürlich, nach den Strapazen!“, verstand die Menschenfrau und trat in das Zimmer ein.
Sie blieb höflicher Weise am Türrahmen stehen und warf dem Sarier einen Moment einen Blick zu. Sie verharrten einige Momente ineinander, ehe sich Yedan`s Mundwinkel leicht anhob und auch Lorna tatsächlich verhalten erwiderte. Ihre Aufmerksamkeit wurde zurück auf Rhuna gelenkt „Ihr hattet recht mit Avalinn. Sie hat ihm nicht nur das Leben gerettet – ihre Magie hat geheilt! Es tut mir leid, dass ich gestern nicht noch einmal zu euch gekommen bin…!“ Lorna schüttelte den Kopf und griff nach den Händen der anderen. „Nicht doch, ich bin froh, dass sie helfen konnte.“, meinte sie und blickte einmal verstohlen in den Flur, ehe sie die Tür des Zimmers schloss. Lorna wandte sich langsam dem Elfen zu und musterte ihn abermals. Yedan hatte sich derweil vollständig den Frauen zugewandt und es entstand eine Pause, die irgendwie zu lang wirkte. Als sich der Halbelf regte, zuckte Lorna, als wäre sie aus einer Art Starre aufgewacht. Yedan ging zum Tisch und griff nach dem weißen Hemd, das Farun ihm zusätzlich gebracht hatte. Er streifte es über seine Arme und zog es über seinen Kopf. Es war ein gewöhnliches aus Leinen, mit zwei Kordeln am V-Ausschnitt.

„Sei gegrüßt, Lorna.“, meinte er danach und die Menschenfrau nickte ihm zu. Bis sie tief durchatmete und auf den Mann zuging. Sie schloss ihn in ihre Arme und schmiegte ihren Kopf an seine nun angezogene Brust. Yedan erstarrte und wusste nicht so recht, was er nun tun sollte. Bis er seine Arme um die Frau legte und ihre Umarmung erwiderte. Einen Moment blieben die beiden so stehen, bis Lorna endlich aus ihrer Schweigsamkeit auftauchte, sich löste und ihn anblickte. In ihren Augen glitzerte eine verräterische Träne. „Yedan! Ich bin so froh, dass es dir gut geht… Es ist lange her!“, meinte sie und trat soweit zurück, dass auch Rhuna mit einbezogen wurde. „Das stimmt.“, erwiderte der Halbelf reserviert und betrachtete die Frauen vor sich. Dann ruhten seine Augen auf Rhuna. „Lorna war zu uns gestoßen, bevor ich… gegangen bin.“, erklärte er der Shyáner und sah zu Lorna zurück. „Wie ich sehe… hast du dich hervorragend eingelebt. Und sogar Farun überzeugen können..“, ein Lächeln huschte durch seine Züge, hinterließ dann aber wieder eine gewisse Distanz. Er zog sich von den Emotionen zurück, schloss seine Schilde, das konnte der aufmerksame Beobachter erkennen. Yedan verschränkte seine Hände auf dem Rücken und blieb distanziert. „Wie wird es nun weitergehen?“, wollte er wissen und Lorna seufzte. Ihre Herzlichkeit blieb, auch wenn sie etwas aufgewühlt wirkte. „Yedan, ich… ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Es ist so lange her und… viele wissen schon gar nicht mehr weshalb du..“, „Nicht.“, unterbrach er sie scharf und sie verstummte sofort. „Nicht.“, wiederholte er und unterband damit ihre Tendenz, über die Vergangenheit zu sprechen. „Geht es ihm… gut?“, fragte Yedan daraufhin und Lorna brauchte offenbar einen Moment, bevor sie verstand, was und wen er meinte. Dann leuchteten ihre Augen auf. „Er ist alt geworden. Vielleicht solltest du…“ „Ich glaube, die Zeit haben wir nicht.“, unterbrach Yedan sie erneut und sein Blick flatterte kurz zu Rhuna. War es ihm unangenehm vor ihr? Oder schützte er lediglich sich selbst? „Yedan…“, kam Lorna einen Schritt auf ihn zu und wirkte versöhnlich. „Sie werden dich zu ihm lassen. Nutz die Chance…“, mahnte sie den Elfen und ihr Blick ging zu Rhuna. Sie lächelte. „Nimm sie mit, zeig ihr das Dorf. Du wirst“
„Lorna?“, kam es dann von vor der Tür. Diese wurde nach einem kurzen Klopfen wieder geöffnet und Farun stand mit einem Mal im Raum. Sein Blick erfasste jeden von ihnen, ehe seine Mimik hart wurde. „Lorna! Was tust du da?!“, verlangte er zu wissen und die Frau ballte die Fäuste. „Ich spreche mit unseren Gästen!“, giftete sie plötzlich und trat an den Magier heran. „Du weißt genau, dass er…“ „WAS weiß ich, Farun?! Ich weiß gar nichts – hast du uns das nicht deutlich gemacht, gestern?! Also wieso sollte ich einem Gespenst nachjagen, von dem ich nicht mal weiß, warum es existiert?! Yedan war mal dein Freund und du behandelst ihn wie Luft!“, schnauzte sie mit einem Mal energisch und Farun’s Augen fingen Feuer. Sein Blick flackerte zu Yedan, der immer noch reichlich unbeweglich wirkte. „Er?! Er ist verstoßen! Und das aus gutem Grund! Mörder haben in unserer Mitte nichts zu suchen!“, knurrte er ungewohnt emotional. War das Schmerz in seiner Mimik? Yedan streckte sich durch und wirkte mit einem Mal hart in seinem Ausdruck. Seine Augen verloren die bekannte Wärme, die Rhuna so oft zuteilwurde. „Du warst nicht dort!“, begann Yedan und trat einen Schritt auf den Magier zu. Er stand nun neben Rhuna, sah sie allerdings nicht an. „Das brauche ich auch nicht! Der Sachverhalt ist klar und unumstößlich!“, giftete der Magier weiter und schürte eine brodelnde Atmosphäre im Raum. „Farun!“, gebot Lorna’s Stimme und trat dem Mann zur Seite, um ihn mit einem Griff an seine Hand daran zu erinnern, dass sie eigentlich gastfreundliche Zeitgenossen waren. „Nein, Lorna. Du warst damals noch neu und hast keine Ahnung davon!“, herrschte er sie an. „Das geht nur ihn und mich etwas an!“, scharrte er mit eisiger Stimme. „Du bist ebenso blind wie stur, Farun!“, kam es von Yedan und der Magier musste ordentlich an sich halten, um dem Sarier nicht über den Mund zu fahren. „Raus aus meinem Haus!“, knurrte er abermals und Yedan schnaufte. Seine Atmung erhöhte sich, denn die Wut beflügelte nicht nur Farun. „Wie du willst!“, knurrte er halblaut und griff sich seine Habe, den Bogen und das Messer, bevor sein Blick Rhuna traf. Erst war er noch wütend und funkelte, doch dann brach etwas darin und sie konnte für einen Moment den Schmerz erkennen. Es tat ihm leid. Leid für sie. „Bleib hier, Rhuna. Wir sehen uns bald wieder.“, sagte er leise und warm, dass es kaum unwahr sein konnte. Doch gab es wirklich keine andere Lösung?
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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Montag 26. September 2022, 18:46

Bereits am Vorabend hatte Rhuna den Eindruck gewinnen können, dass Lorna und Farun über Yedans Anwesenheit unterschiedliche Gefühle hegten. Der Magier schien eindeutig mehr Probleme damit zu haben, was auch sein konsequentes Schweigen und Unterbinden jeglicher Gespräche bewies, die auch nur in die Nähe des Themas von Yedans Verbannung kamen. Lorna hingegen hatte der Elfe nicht das Gefühl gegeben, dass sie ebenso stark an die Schuld des Sariers glaubte. Das zeigte sich erneut, als ihr Blick hinaus in den Flur huschte, bevor sie das Zimmer in Gänze betrat und die Türe hinter sich schloss. Offensichtlich wollte sie mit Yedan sprechen, ohne dass Farun dies mitbekam. Rhuna betrachtete das Gesicht der Menschenfrau und in ihren Augen konnte sie verhaltene Freude erkennen. Mittlerweile wusste sie, dass die beiden sich kannten, doch wie gut würden wohl die nächsten Minuten zeigen.
Es entstand eine merkwürdige Anspannung, die Rhuna nicht recht zu deuten wusste. Ihr Blick wanderte abwartend zwischen den beiden hin und her. Sie hegte durchaus die Hoffnung endlich ein paar Fragen beantwortet zu bekommen.
Yedan wirkte deutlich steifer als zuvor, wo sie noch in ihrer trauten Zweisamkeit miteinander geschäkert hatten. Er ging zum Beistelltischchen und zog sich das darauf platzierte Leinenhemd über. Es war das erste Mal, dass Rhuna ihn ‚vollständig‘ bekleidet sah und sie konnte nicht umhin erneut zu bemerken, wie gut er aussah.
Der Jäger war es schließlich, der das Schweigen brach und sich an ihre Gastgeberin wandte.
„Sei gegrüßt, Lorna.“, begrüßte er sie und schien mit diesen einfachen Worten eine Art Damm zu brechen. Die Schwarzhaarige ging zu ihm und schloss ihn in eine herzliche Umarmung, die Rhuna bereits am Tag zuvor erhalten hatte. Yedan wirkte einen Moment so, als wüsste er nicht so recht wohin mit sich, geschweige denn mit seinen Händen, ehe er diese in Erwiderung der Umarmung um den Körper Lornas legte. Auch Rhuna betrachtete etwas überrascht diese unerwartete Herzlichkeit, die ahnen ließ, dass die beiden sich doch besser kannten, als ehemals flüchtige Nachbarn.
„Yedan! Ich bin so froh, dass es dir gut geht… Es ist lange her!“, erklärte Lorna mit eindeutiger Erleichterung, nachdem sie voneinander abließen. Trotz der warmen Worte kehrte in den Halbelfen eine gewisse Distanz zurück, in der Rhuna seine Verletzlichkeit erkannte. Verstoßen worden zu sein– ob nun gerechtfertigt oder nicht – hatte den Sarier tief getroffen. Und derzeit sprach ihres Erachtens nach alles dafür, dass viel mehr hinter der, in Geheimnisse gehüllten Geschichte steckte. Irrte sie sich, wenn sie mittlerweile glaubte, dass es sich hier nur um ein Missverständnis handeln musste? Yedan wäre niemals so verletzt, wenn er sich dieselbe Schuld geben würde, wie es die Dorfbewohner taten.
„Das stimmt.“, erklang nun die Stimme ihres Gefährten und riss die Shyáner aus ihren Rätseleien. Ihre Blicke trafen sich und sie erhielt eine knappe Erklärung der unerwarteten Umarmung. „Lorna war zu uns gestoßen, bevor ich… gegangen bin.“ Rhuna nickte ihm mit einem verstehenden Lächeln zu – hielt seinen Blick für einen Moment in ihrem gefangen, als würde sie ihn stumm fragen, ob alles in Ordnung sei. Doch als würde er dies nicht erkennen – oder es nicht erkennen wollen, lagen schon kurz darauf seine braunen Augen wieder auf der Menschenfrau. Rhuna folgte stumm der Unterhaltung und hielt sich im Hintergrund. Vielleicht war es nur gut, dass sie gerade miteinander sprechen konnten, ohne dass Farun mit anwesend war.
„Wie ich sehe… hast du dich hervorragend eingelebt. Und sogar Farun überzeugen können… - Wie wird es nun weitergehen?“ Zwischen der Aussage und der Frage hatte eine kurze Pause gelegen und von einem zwischenmenschlichen Palaver, auf das eigentliche und ernstere Thema gelenkt.
Wie unterschiedlich er sich zu vorhin gibt. Wie schwer ist Yedan von ihnen nur verletzt worden? Ein bedrückendes Gefühl breitete sich in ihr aus. Es war … schmerzhaft ihn so zu sehen. Lornas Herzlichkeit und Wärme prallte an seinem selbstaufgebauten Wall ab, wie einst auch Rhunas Bemühungen für ihn da zu sein. Auch Lorna schien dies zu bemerken, doch es war erst der folgende Satz, der den beiden Frauen verdeutlichte, dass auch Yedans Schweigewille so stark war, wie der von Farun – wenn nicht sogar noch stärker.
„Yedan, ich… ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Es ist so lange her und… viele wissen schon gar nicht mehr weshalb du..“, „Nicht… nicht!“, mit scharfer Stimme unterbrach der Sarier den Satz seiner Gastgeberin und lenkte augenblicklich wieder vom Thema ab. „Geht es ihm… gut?“, fragte er Lorna und auch Rhuna konnte sich denken, nach wem er sich erkundigte: seinem Vater.
Rhuna beobachtete still weiter und machte sich ihre ganz eigenen Gedanken zu diesem Gespräch. Gerade was Yedans Familie betraf, verstand sie nicht, wieso sich bisher niemand hier gemeldet hatte. War die Nachricht, dass Yedan verletzt im Dorf eingetroffen war nicht bis zu seinem Vater hindurchgedrungen? Konnte dies wirklich sein, oder war es so, dass er ihn ebenfalls nicht sehen wollte? Bei dem Gedanken daran und wie verletzend dies für den Halbelfen sein musste, zog sich ihr Herz unangenehm zusammen.
„Er ist alt geworden. Vielleicht solltest du…“, begann Lorna hoffnungsfroh, das Eis nun brechen zu können, doch erneut wurde sie unterbrochen. „Ich glaube, die Zeit haben wir nicht.“, schnitt Yedan ihr das Wort ab, woraufhin sein Blick wieder zu Rhuna wanderte. Die Brünette sah ihn stumm an. Natürlich hatte sie gehofft, dass sie ein wenig verweilen und zu Kräften kommen könnten. Doch Yedan schien darin gar keine Option zu sehen. Etwas, worin Rhuna, wie auch Lorna ihm noch widersprachen.
„Wieso denn nicht?“, fragte nun auch die Shyáner und ging mit einem Lächeln, dass ihm Zuversicht geben wollte, auf ihn zu. War es vielleicht Lornas Zuversicht, die auch der Elfe Mut machte, dass sich diese Angelegenheit regeln konnten? Würde sie doch nur alle Details über seine Verbannung kennen…
„Yedan… Sie werden dich zu ihm lassen. Nutz die Chance…“, insistierte auch die Schwarzhaarige und blickte nun auch lächelnd zu Rhuna. Ihre Worte hörten sich in den Augen der Elfe so an, als würde die Abwesenheit von Yedans Vater nicht unbedingt seinem Wunsche entsprechen. „Nimm sie mit, zeig ihr das Dorf. Du wirst“
„Lorna?“
Faruns Stimme drang plötzlich durch die geschlossene Türe und unterbrach die herrschende Unterhaltung. Mit einem Mal schien die Spannung in der Luft noch an Intensität zu gewinnen und als, nach einem Klopfen, Farun das Zimmer betrat, schien die Luft zum Schneiden dick zu werden. Es war kaum zu übersehen, dass es dem Magier nicht gefiel seine Frau mit ihnen alleine anzutreffen.
„Lorna! Was tust du da?!“, fragte er mit deutlichem Vorwurf in der Stimme, auf den die sonst so sanftmütige Frau keineswegs positiv reagierte. Sie wurden Zeuge einer ehelichen Auseinandersetzung und Rhunas Herz schlug etwas schneller. Je mehr Worte zwischen ihnen fielen, je mehr wuchs der Drang sich an Lornas Seite zu stellen und für den Halbelfen einzustehen.
„Ich spreche mit unseren Gästen!“
„Du weißt genau, dass er…“
„WAS weiß ich, Farun?! Ich weiß gar nichts – hast du uns das nicht deutlich gemacht, gestern?! Also wieso sollte ich einem Gespenst nachjagen, von dem ich nicht mal weiß, warum es existiert?! Yedan war mal dein Freund und du behandelst ihn wie Luft!“
„Er?! Er ist verstoßen! Und das aus gutem Grund! Mörder haben in unserer Mitte nichts zu suchen!“

„Farun!!!“, entfuhr Rhuna der Name des Sariers. Sie erkannte ihren Gastgeber kaum wieder. Was war nur passiert, dass er so aufgewühlt war und so etwas sagte? Wie musste sich erst Yedan nach dieser Aussage fühlen? Seine Haltung wurde merklich steifer und vorsichtig lugte die Brünette zu ihrem Gefährten, in dessen Blick sie keinerlei Wärme mehr finden konnte.
„Du warst nicht dort!“, verteidigte sich der Halbelf endlich und trat einen Schritt auf Farun zu, so dass er neben Rhuna stand. Alleine dieser Einwurf bewies ihr, obwohl sie kaum etwas wusste, dass er nicht das getan hatte, was ihm vorgeworfen wurde. Sie griff stumm nach Yedans Hand und hielt sie fest, so dass er ihre Finger nicht sofort von seinen Trennen konnte, selbst wenn er dies versuchen würde. Ihr Blick verhärtete sich ebenfalls.
„Das brauche ich auch nicht! Der Sachverhalt ist klar und unumstößlich!“, giftete Farun, ehe er von seiner Gattin zur Ordnung gerufen wurde. Sein Blick löste bei Rhuna eine Gänsehaut aus. Gestern hatte er sich zu keinerlei gefühlvollen Äußerungen hinreißen lassen, die darauf hätten hinweisen können, dass die beiden einst befreundet gewesen waren. Der Drang zu erfahren, was damals passiert war, wuchs ins Unerträgliche. Alleine weil sie diese Situation entsetzlich fand und Yedan helfen wollte. Doch würde er dies überhaupt zulassen?
„Farun!“, „Nein, Lorna. Du warst damals noch neu und hast keine Ahnung davon! Das geht nur ihn und mich etwas an!“ Die Worte ließen Rhuna stutzen. Hatte Farun mehr mit dieser Verbannung zu tun, als es bisher den Anschein erweckt hatte? Oder sagte er diese Worte im Zorn, weil er der einzige gebürtige Sarier neben Yedan im Raum war? Sie sah zu Yedan auf und schien nach einer Bestätigung für einen ihrer Gedanken zu suchen. Doch der Halbelf war sichtlich erbost über das Verhalten, das sein ehemaliger Freund an den Tag legte.
„Du bist ebenso blind wie stur, Farun!“, äußerte Yedan verärgert. Und auch diese Aussage bestätigte der jungen Elfe erneut, dass die Verbannung nicht aufgrund wahrer Fakten ausgesprochen worden war.
„Schluss jetzt...“, sagte Rhuna, doch keiner der beiden Streitenden schien sie zu hören, geschweige denn wahrzunehmen. Hilfesuchend sah sie zu Lorna, ehe die Worte ausgesprochen wurden, von denen sie gehofft hatte, sie nicht hören zu müssen. „Raus aus meinem Haus!“, knurrte Farun woraufhin Yedan ebenfalls knurrend „Wie du willst!“, erwiderte. Er ließ Rhunas Hand, sollte er sich nicht vorher von ihrem Griff befreit haben los, um seine Besitztümer zusammenzusammeln.
Rhuna fühlte sich furchtbar. Das Gespräch war keineswegs gut gelaufen und schien ein Bleiben unmöglich zu machen. Konnte sie denn gar nichts tun? Es musste doch einen Weg geben die Angelegenheiten zu klären – oder es wenigstens zu versuchen. Selbst wenn es nur die Hälfte der Wahrheit war, hatte Yedan nicht genug gebüßt? In seinem Blick lag so viel Schmerz, dass Rhuna wusste, dass sie es sich nicht verzeihen würde, sich nicht eingemischt zu haben. Um wenigstens einen Versuch zu unternehmen, dass er seinen Vater wiedersehen und seine Heimat in Ruhe besuchen konnte.
„Bleib hier, Rhuna. Wir sehen uns bald wieder.“, sprach Yedan fällte damit eine Entscheidung, die ihr keineswegs gefiel. Ihr Blick verzog sich finster und ohne noch einen Moment zu zögern stellte sich die Elfe vor die Türe und versperrte somit Yedan, wie auch allen anderen den Weg.
„Nein!“, sagte sie stur und sah ihm feste in die Augen. „Das ist nicht richtig Yedan.“ Entschlossen sich einem Konflikt zu stellen erhöhte sich ihr Herzschlag.
„Ich bin keine Sarierin und ich mag mich in euren Augen in Angelegenheiten einmischen, die mich nichts angehen. Aber verzeiht, wenn ich das nicht einfach so akzeptieren kann.“ Rhuna straffte noch etwas weiter ihre Haltung und trat einen weiteren Schritt zurück, so dass sie als Hindernis vor dem Türknauf stand. War es falsch, was sie hier tat? Yedan stand nicht für sich ein – wieso sollte sie es dann tuen? Die Antwort war kein unerkennbares Geheimnis.
„Yedan wurde verstoßen, weil er jemanden umgebracht haben soll. Ich zweifle nicht daran, dass jemand damals zu Tode kam. Doch ich glaube nicht, dass dieser Mann getan hat, was ihm vorgeworfen wird.“, erklärte Rhuna mit fester Stimme und deutete auf den Halbelfen, während sie Farun ansah. Ob Lorna sich heraushalten oder einer Seite unterstützende Worte schenken würde, würde sich wohl noch zeigen.
„Ich würde mich nicht einmischen, wenn ich auch nur im Ansatz an Yedan zweifeln würde. Er ist kein Mörder, der kaltblütig jemanden umbringen würde. Natürlich ist er Jäger und wenn er muss, wird er sicher töten, um etwas oder sich zu schützen. Aber er nimmt nicht einfach ein Leben. Farun, ist der Sachverhalt wirklich geklärt und Fehler, wie auch Missinterpretationen sind völlig ausgeschlossen?“, fragte Rhuna durchaus etwas aus der Ruhe gekommen. Sie wollte niemanden verärgern, doch Ungerechtigkeiten ertrug sie noch viel weniger.
„Wie ich Ajak schon sagte – ich kenne niemanden, der das Leben so respektiert, wie er! War es nicht ein weißer Hirsch, der euch zu uns geführt hat? Hat Yedan nicht nur deshalb die Chance bekommen hier im Dorf Heilung zu finden? Phaun und Florencia haben meine Gebete erhört. Hätten sie dies getan, wenn Yedan der ist, für den man ihn hier hält?“ Das konnte und wollte Rhuna nicht glauben. Ihr Blick richtete sich nun auf den Halbelfen, für den sie hier wahrscheinlich unerwünschter Weise eintrat.
„Yedan, du hast vorhin gesagt Farun wäre nicht dabei gewesen. All deine Äußerungen deuten darauf hin, dass etwas Anderes passiert ist, als man es dir vorwürft. Ich… bitte dich! Bitte schweige nicht weiter. Du willst deinen Vater doch auch wiedersehen. Und ich… ich würde ihn wirklich gerne kennenlernen und das Dorf von dir gezeigt bekommen. Du hast so viele Jahre getrennt von deiner Heimat und Familie gelebt. Man sieht dir an, wie sehr du darunter leidest! Und es… es ist nicht gerecht, wenn die Anschuldigungen nur in einem Punkt nicht zutreffen.“ Rhuna sah ihn eindringlich bittend in die braunen Augen.
„Bitte Yedan…!“

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Re: Der Zauber, der uns innewohnt

Beitrag von Erzähler » Samstag 1. Oktober 2022, 23:19

Die Situation im Sarius spitzte sich langsam, aber sicher zu. Rhuna konnte anhand der spärlichen Informationen, die sie derzeit hatte, nicht wirklich erkennen, worin hier der wahre Konflikt gipfelte. Die Worte zwischen den Elfen waren hart und kalt gleichermaßen. Yedan zog sich mehr und mehr hinter Mauern zurück, nicht bereit, sich weiter die Seele spalten zu lassen. Farun hingegen, schien seinen eigenen Schmerz mit Zorn zu kaschieren. So neutral wie er noch bei der Rettung Yedan’s gewesen war, schien er längst nicht mehr. War er denn einfach nur ein blinder Mitläufer, solidarisch seines Volkes gegenüber? Trug er die Entscheidung von einst einfach mit? Oder gab es etwas tiefergehendes, das ihn zwang, sich so zu verhalten? Lorna schien selbst die Information nie erhalten zu haben, obwohl sie verheiratet war mit ihm. Doch die Menschin wohnte dem aufflammenden Zwist ebenso bei, wie Rhuna es als Außenstehende tat. Keine der beiden Frauen schien sich erklären zu können, woher diese scharfen Worte rührten. Bis Yedan offenbar zu weit ging und aus dem Haus geworfen wurde. Yedan hatte Rhuna’s Hand gehalten, als jene ihm zur Seite stand. Doch er ließ sie in dem Augenblick los, als er sein Hab und Gut einsammeln und verschwinden wollte. Er würde sie hier allein lassen und doch trotz allem, was ihm widerfuhr, im besten Wissen, dass sie hier Hilfe finden würde. Allerdings hatte der Halbelf nicht mit ihrer Sturheit gerechnet. „Nein! „Das ist nicht richtig Yedan.“, begehrte sie gegen seine Entscheidung auf und erntete einen überraschten Blick aus braunen Augen. Er stand vor ihr, nicht erreichbar für Berührungen, aber nahe genug, dass sie seinen angeheizten Atem erkennen konnte. Er war wütend. Doch nicht auf sie, was sein Blick verriet. Er blickte sie fragend an, groß wie er war, und hätte sicherlich keine Mühe gehabt, Rhuna einfach beiseite zu heben, wenn er es darauf angelegt hätte. Auch Farun sah an Yedan etwas fragend drein und Lorna? Lorna grinste und verschränkte anerkennend die Arme. „Ich bin keine Sarierin und ich mag mich in euren Augen in Angelegenheiten einmischen, die mich nichts angehen. Aber verzeiht, wenn ich das nicht einfach so akzeptieren kann. Yedan wurde verstoßen, weil er jemanden umgebracht haben soll. Ich zweifle nicht daran, dass jemand damals zu Tode kam. Doch ich glaube nicht, dass dieser Mann getan hat, was ihm vorgeworfen wird.“ Etwas flackerte in den Augen der beiden Männer auf. In Yedan’s Augen ein gewisser Schmerz. In Farun’s eher Wut. „Jemand?!“, zischte er, doch Rhuna war längst noch nicht fertig mit ihrer Ansage: „Ich würde mich nicht einmischen, wenn ich auch nur im Ansatz an Yedan zweifeln würde. Er ist kein Mörder, der kaltblütig jemanden umbringen würde. Natürlich ist er Jäger und wenn er muss, wird er sicher töten, um etwas oder sich zu schützen. Aber er nimmt nicht einfach ein Leben. Farun, ist der Sachverhalt wirklich geklärt und Fehler, wie auch Missinterpretationen sind völlig ausgeschlossen? Wie ich Ajak schon sagte – ich kenne niemanden, der das Leben so respektiert, wie er! War es nicht ein weißer Hirsch, der euch zu uns geführt hat? Hat Yedan nicht nur deshalb die Chance bekommen hier im Dorf Heilung zu finden? Phaun und Florencia haben meine Gebete erhört. Hätten sie dies getan, wenn Yedan der ist, für den man ihn hier hält? Die Augenbrauen des Halbelfen wanderten in die Höhe: „Florencia und Phaun?!“, hakte er unpassender Weise in ihrer Ansprache nach und erntete ein Schnauben seitens des Magiers. „Von wegen!“, knurrte dieser und seine Augen wanderten wieder zur Shyáner. „Yedan, du hast vorhin gesagt Farun wäre nicht dabei gewesen. All deine Äußerungen deuten darauf hin, dass etwas Anderes passiert ist, als man es dir vorwürft. Ich… bitte dich! Bitte schweige nicht weiter. Du willst deinen Vater doch auch wiedersehen. Und ich… ich würde ihn wirklich gerne kennenlernen und das Dorf von dir gezeigt bekommen. Du hast so viele Jahre getrennt von deiner Heimat und Familie gelebt. Man sieht dir an, wie sehr du darunter leidest! Und es… es ist nicht gerecht, wenn die Anschuldigungen nur in einem Punkt nicht zutreffen. Bitte Yedan…!“

Schweigen. Stille. Keiner der drei Umstehenden, brachte auch nur ein Wort heraus. Farun schien vor Zorn beinahe zu platzen, jedenfalls glänzte es verräterisch in seinem Blick. Lorna feixte noch immer und sah die Elfe mit Anerkennung und Genugtuung an. Sie war voll auf ihrer Seite. Und Yedan? Yedan hatte seine Mauer bröckeln lassen und ließ Rhuna teilhaben an einer erschreckenden Wahrheit. Sein Blick war gezeichnet von Schmerz und Mitleid. Ihr gegenüber, weil sie so für ihn in die Bresche sprang und ein Vertrauen an seine Reputation an den Tag legte, das er als unverdient erachtete. „Deine Worte sind gut gewählt, Rhuna aber du irrst dich!“, kam es plötzlich von Farun. Der Elf trat vor und lenkte die Aufmerksamkeit auf sich. „Er hat getan, was man ihm vorwarf. Und er hat es gestanden. Nur mit dem Unterschied, dass er seine Tat zu rechtfertigen versuchte als ihm klar wurde, welche Strafe ihm blühte!“, schnitt seine Stimme voller Emotionen durch den Raum. War das Schmerz? Yedan seufzte plötzlich und öffnete seine Hände. Er hatte sie zu Fäusten geballt und versucht, seine Gefühle im Zaum zu halten. Dann sackten seine Schultern resignierend etwas vor und seine Stimme kroch mit einer bitterkalten Wahrheit zu ihr herüber. „Er hat Recht, Rhuna. Sie haben alle Recht.“, pflichtete er bei und sah sie nur kurz an. Er konnte ihr nicht in die Augen sehen. Er wusste, dass er ihren Glauben an sich erschüttern würde. „Ich habe getötet und ich habe die Verbannung dafür verdient.“, gestand er ihr abermals und hob den Blick. Lorna’s Gesicht wurde bleich. „Yedan?! Das ist doch nicht… aber…“, stammelte sie und trat entsetzt einen Schritt vor. Farun aber straffte sich, wo Yedan zusammenfiel. „Es war meine Tochter. Meine Tochter, die er tötete!“, offenbarte der Elf mit wahrem Schmerz, ob der Erinnerung daran. Und Yedan? Der wagte Rhuna nicht mal anzusehen. Konnte sie sich so sehr in ihm getäuscht haben? Konnte es tatsächlich falsch gewesen sein, dass sie sich so sehr einsetzte? „Farun ic-“, begann die Stimme des Halbelfen, doch der Magier schnitt ihm scharf die Worte ab. „Erzähl mir deine Lügen nicht noch einmal, Yedan! Du bist in meinem Haus, bei meiner Familie, die durch dich ein immenses Stück geschrumpft ist. Du wurdest mit dem Leben belohnt, dafür, dass du mir meine Tochter genommen hast! Ich habe dich aufgenommen, weil die Götter es wollten. Aber ich schulde dir rein gar nichts!“, fauchte der Sarier und es hätte wohl niemanden verwundert, wenn just in diesem Moment die Winterkälte Einzug gehalten hätte. Plötzlich waren von draußen Schritte zu hören. Dann sprang die Tür auf, sodass Rhuna in den Armen von Ajak landete. Er sah auf sie herab, überrascht und lächelte dann charmant. „Hoppla, was lehnst du auch gegen die Tür?!“, grinste er unbeschwert und schob sie wieder auf die Füße. „Leute? Ich glaube, wir sollten mal alle…“ er stockte etwas, als auch die Kälte auf ihn überging, die im Raum herrschte, „…alle mal nach … unten gehen – was ist denn hier los?“, hakte er nach und blickte in die bleichen Gesichter von Lorna, Farun und Yedan.
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